Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.II. Die Zeit der Staufer. sich weitgehendes Angebot, als Ersatz je ein Zehntel der gesamtenitalienischen Reichseinkünfte für Papst und Kardinäle sicherzustellen, mußte doch abgelehnt werden, weil es die Kurie zum Pensionär des Kaisers gemacht hätte. So kam es zu keiner Verständigung. Neue Streitpunkte tauchten auf. Sollte der Papst die Herrschaft Friedrichs über die deutsche Kirche auf die Dauer unangetastet lassen? Eben war es zu einer Doppelwahl im Erzbistum Trier gekommen (1183). Der Kaiser hatte, im wesentlichen nach den Normen des Wormser Konkordats dem Erwählten der einen Partei die Investitur erteilt, aber der unterlegene Kandidat appellierte an die Kurie. Andrerseits wünschte Friedrich nach dem Vorbilde Karls des Großen und Ottos des Großen seinen Sohn Heinrich schon zu seinen Lebzeiten zum Kaiser gekrönt zu sehen, um für den Fall seines Todes jede Störung der Herrschaft zu vermeiden, und erbat die Einwilligung des Papstes. Aber bedeutete das nicht fast schon Erblichkeit der Kaiserwürde und für die Kurie noch eine Steigerung des immer lästiger empfundenen Druckes der imperialen Macht? Die beiden Häupter der Christenheit hofften diese und andre Es war ein Ereignis von grundlegender Bedeutung für die II. Die Zeit der Staufer. sich weitgehendes Angebot, als Ersatz je ein Zehntel der gesamtenitalienischen Reichseinkünfte für Papst und Kardinäle sicherzustellen, mußte doch abgelehnt werden, weil es die Kurie zum Pensionär des Kaisers gemacht hätte. So kam es zu keiner Verständigung. Neue Streitpunkte tauchten auf. Sollte der Papst die Herrschaft Friedrichs über die deutsche Kirche auf die Dauer unangetastet lassen? Eben war es zu einer Doppelwahl im Erzbistum Trier gekommen (1183). Der Kaiser hatte, im wesentlichen nach den Normen des Wormser Konkordats dem Erwählten der einen Partei die Investitur erteilt, aber der unterlegene Kandidat appellierte an die Kurie. Andrerseits wünschte Friedrich nach dem Vorbilde Karls des Großen und Ottos des Großen seinen Sohn Heinrich schon zu seinen Lebzeiten zum Kaiser gekrönt zu sehen, um für den Fall seines Todes jede Störung der Herrschaft zu vermeiden, und erbat die Einwilligung des Papstes. Aber bedeutete das nicht fast schon Erblichkeit der Kaiserwürde und für die Kurie noch eine Steigerung des immer lästiger empfundenen Druckes der imperialen Macht? Die beiden Häupter der Christenheit hofften diese und andre Es war ein Ereignis von grundlegender Bedeutung für die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0172" n="164"/><fw place="top" type="header">II. Die Zeit der Staufer.</fw><lb/> sich weitgehendes Angebot, als Ersatz je ein Zehntel der gesamten<lb/> italienischen Reichseinkünfte für Papst und Kardinäle sicherzustellen,<lb/> mußte doch abgelehnt werden, weil es die Kurie zum Pensionär<lb/> des Kaisers gemacht hätte. So kam es zu keiner Verständigung.<lb/> Neue Streitpunkte tauchten auf. Sollte der Papst die Herrschaft<lb/> Friedrichs über die deutsche Kirche auf die Dauer unangetastet<lb/> lassen? Eben war es zu einer Doppelwahl im Erzbistum Trier<lb/> gekommen (1183). Der Kaiser hatte, im wesentlichen nach den<lb/> Normen des Wormser Konkordats dem Erwählten der einen Partei<lb/> die Investitur erteilt, aber der unterlegene Kandidat appellierte an<lb/> die Kurie. Andrerseits wünschte Friedrich nach dem Vorbilde<lb/> Karls des Großen und Ottos des Großen seinen Sohn Heinrich<lb/> schon zu seinen Lebzeiten zum Kaiser gekrönt zu sehen, um für<lb/> den Fall seines Todes jede Störung der Herrschaft zu vermeiden,<lb/> und erbat die Einwilligung des Papstes. Aber bedeutete das nicht<lb/> fast schon Erblichkeit der Kaiserwürde und für die Kurie noch eine<lb/> Steigerung des immer lästiger empfundenen Druckes der imperialen<lb/> Macht?</p><lb/> <p>Die beiden Häupter der Christenheit hofften diese und andre<lb/> Meinungsverschiedenheiten am leichtesten durch eine persönliche<lb/> Aussprache beseitigen zu können, die im Herbst 1184 in Verona<lb/> stattfand. Lucius III., als Kardinal gelegentlich Vertrauensmann<lb/> des Kaisers, blieb ihm auch als Papst (1181‒85) versöhnlich und<lb/> wohlwollend gesinnt. Aber solche persönlichen Beziehungen konnten<lb/> höchstens den Zwist vertagen. Nur auf dem unpolitischen Gebiete<lb/> der Ketzerbekämpfung kam es zu einem Zusammenwirken der<lb/> kaiserlichen Acht mit dem päpstlichen Banne. Die Gefahr des<lb/> heil. Landes regte zu dem Plane eines neuen Kreuzzuges an, und<lb/> der auf englische Vermittlung zurückgehenden Verwendung des<lb/> Papstes gestand der Kaiser die Rückkehr Heinrichs des Löwen<lb/> nach Deutschland zu. Im übrigen standen die freundlichen Ver-<lb/> kehrsformen im Mißverhältnis zu den Ergebnissen der Verhand-<lb/> lungen. Beklemmung und Mißtrauen, vereinigt mit Kampfesscheu,<lb/> ergaben zunächst noch eine hinhaltende Politik der Kurie. Und<lb/> vielleicht erreichte sie noch in Verona die niederschmetternde<lb/> Kunde von der am 29. Oktober in Augsburg vollzogenen Verlobung<lb/> des deutschen Thronfolgers mit der Erbin des sizilischen Reiches.<lb/> Von da ab gab es für das politische Papsttum nur noch die Losung<lb/> heimlicher oder offener Feindschaft gegen das Kaisertum.</p><lb/> <p>Es war ein Ereignis von grundlegender Bedeutung für die<lb/> weitere Geschichte Europas, aber in seiner Entstehung ist es noch in<lb/> fast völliges Dunkel gehüllt. Parteiintriguen am Hofe des kinderlosen,<lb/> schwächlichen Wilhelm II. und ein gemeinsamer Gegensatz Deutsch-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [164/0172]
II. Die Zeit der Staufer.
sich weitgehendes Angebot, als Ersatz je ein Zehntel der gesamten
italienischen Reichseinkünfte für Papst und Kardinäle sicherzustellen,
mußte doch abgelehnt werden, weil es die Kurie zum Pensionär
des Kaisers gemacht hätte. So kam es zu keiner Verständigung.
Neue Streitpunkte tauchten auf. Sollte der Papst die Herrschaft
Friedrichs über die deutsche Kirche auf die Dauer unangetastet
lassen? Eben war es zu einer Doppelwahl im Erzbistum Trier
gekommen (1183). Der Kaiser hatte, im wesentlichen nach den
Normen des Wormser Konkordats dem Erwählten der einen Partei
die Investitur erteilt, aber der unterlegene Kandidat appellierte an
die Kurie. Andrerseits wünschte Friedrich nach dem Vorbilde
Karls des Großen und Ottos des Großen seinen Sohn Heinrich
schon zu seinen Lebzeiten zum Kaiser gekrönt zu sehen, um für
den Fall seines Todes jede Störung der Herrschaft zu vermeiden,
und erbat die Einwilligung des Papstes. Aber bedeutete das nicht
fast schon Erblichkeit der Kaiserwürde und für die Kurie noch eine
Steigerung des immer lästiger empfundenen Druckes der imperialen
Macht?
Die beiden Häupter der Christenheit hofften diese und andre
Meinungsverschiedenheiten am leichtesten durch eine persönliche
Aussprache beseitigen zu können, die im Herbst 1184 in Verona
stattfand. Lucius III., als Kardinal gelegentlich Vertrauensmann
des Kaisers, blieb ihm auch als Papst (1181‒85) versöhnlich und
wohlwollend gesinnt. Aber solche persönlichen Beziehungen konnten
höchstens den Zwist vertagen. Nur auf dem unpolitischen Gebiete
der Ketzerbekämpfung kam es zu einem Zusammenwirken der
kaiserlichen Acht mit dem päpstlichen Banne. Die Gefahr des
heil. Landes regte zu dem Plane eines neuen Kreuzzuges an, und
der auf englische Vermittlung zurückgehenden Verwendung des
Papstes gestand der Kaiser die Rückkehr Heinrichs des Löwen
nach Deutschland zu. Im übrigen standen die freundlichen Ver-
kehrsformen im Mißverhältnis zu den Ergebnissen der Verhand-
lungen. Beklemmung und Mißtrauen, vereinigt mit Kampfesscheu,
ergaben zunächst noch eine hinhaltende Politik der Kurie. Und
vielleicht erreichte sie noch in Verona die niederschmetternde
Kunde von der am 29. Oktober in Augsburg vollzogenen Verlobung
des deutschen Thronfolgers mit der Erbin des sizilischen Reiches.
Von da ab gab es für das politische Papsttum nur noch die Losung
heimlicher oder offener Feindschaft gegen das Kaisertum.
Es war ein Ereignis von grundlegender Bedeutung für die
weitere Geschichte Europas, aber in seiner Entstehung ist es noch in
fast völliges Dunkel gehüllt. Parteiintriguen am Hofe des kinderlosen,
schwächlichen Wilhelm II. und ein gemeinsamer Gegensatz Deutsch-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |