Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.§ 14. Heinrich VI. (1190-1197). einen maßgebenden Einfluß auf Richards auswärtige Politik und übtedadurch einen Druck auch auf die französische Krone. Das König- reich Burgund im Süden Frankreichs konnte für das Reich durch Barbarossa als neugefestigt gelten. Gewisse Ansprüche reichten von dort selbst nach Aragonien, das vorübergehend schon in den Kreis der Heiratspolitik Friedrichs I. getreten war. Im Norden und Osten Deutschlands hielt man an den alten Rechten der Lehnshoheit natürlich fest, wenn auch, der allgemeinen südlichen Tendenz ent- sprechend, ohne besonderen Nachdruck und Dänemark gegenüber auch ohne Glück. Und mit diesem gewaltigen Umkreis imperialistischer Ansprüche Denn der Eroberungsplan gegen Konstantinopel war doch nur § 14. Heinrich VI. (1190‒1197). einen maßgebenden Einfluß auf Richards auswärtige Politik und übtedadurch einen Druck auch auf die französische Krone. Das König- reich Burgund im Süden Frankreichs konnte für das Reich durch Barbarossa als neugefestigt gelten. Gewisse Ansprüche reichten von dort selbst nach Aragonien, das vorübergehend schon in den Kreis der Heiratspolitik Friedrichs I. getreten war. Im Norden und Osten Deutschlands hielt man an den alten Rechten der Lehnshoheit natürlich fest, wenn auch, der allgemeinen südlichen Tendenz ent- sprechend, ohne besonderen Nachdruck und Dänemark gegenüber auch ohne Glück. Und mit diesem gewaltigen Umkreis imperialistischer Ansprüche Denn der Eroberungsplan gegen Konstantinopel war doch nur <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0189" n="181"/><fw place="top" type="header">§ 14. Heinrich VI. (1190‒1197).</fw><lb/> einen maßgebenden Einfluß auf Richards auswärtige Politik und übte<lb/> dadurch einen Druck auch auf die französische Krone. Das König-<lb/> reich Burgund im Süden Frankreichs konnte für das Reich durch<lb/> Barbarossa als neugefestigt gelten. Gewisse Ansprüche reichten von<lb/> dort selbst nach Aragonien, das vorübergehend schon in den Kreis<lb/> der Heiratspolitik Friedrichs I. getreten war. Im Norden und Osten<lb/> Deutschlands hielt man an den alten Rechten der Lehnshoheit<lb/> natürlich fest, wenn auch, der allgemeinen südlichen Tendenz ent-<lb/> sprechend, ohne besonderen Nachdruck und Dänemark gegenüber<lb/> auch ohne Glück.</p><lb/> <p>Und mit diesem gewaltigen Umkreis imperialistischer Ansprüche<lb/> verbanden sich nun die großen Überlieferungen der normannischen<lb/> Politik Süditaliens. Sizilien war das Zentrum des Mittelmeers, die<lb/> Schwelle des Orients. Heinrich erbte hier von Süden her die jähr-<lb/> liche Tributzahlung des Almohadenherrschers von Nordafrika, nach<lb/> dem Osten hin bedeutsame Ansprüche und Eroberungstendenzen<lb/> gegen das griechische Kaiserreich, die von Robert Guiscard bis auf<lb/> Wilhelm II. nie ganz geruht und noch zuletzt zu einer erfolgreichen<lb/> Heerfahrt gegen die Balkanhalbinsel (1183) geführt hatten. Dazu<lb/> traten für Heinrich die Erinnerungen an so manche Feindseligkeit<lb/> der griechischen Kaiser gegen seinen Vater und neuerdings Erb-<lb/> ansprüche seiner eignen Familie. Im Palaste von Palermo hatte<lb/> er die einem Sohne Tancreds zur Gattin bestimmte byzantinische<lb/> Prinzessin Irene vorgefunden und sie mit seinem Bruder Philipp<lb/> vermählt. Ihr Vater Isaak Angelos aber ward durch seinen Bruder<lb/> Alexios III. vom Thron gestoßen. Eine Zeitlang trug sich Heinrich<lb/> in der Tat mit dem Gedanken einer Eroberung Konstantinopels und<lb/> stand nur davon ab, als Alexios sich zu einer demütigenden Tribut-<lb/> zahlung herbeiließ. Aber die Tage des griechischen Reiches schienen<lb/> trotzdem gezählt zu sein. Schon suchten ehemalige oströmische<lb/> Gebiete Anlehnung an das abendländische Imperium; die Könige<lb/> von Armenien und Cypern nahmen von Heinrich ihre Krone zu<lb/> Lehen. Schon eröffnete sich die Aussicht auf weitere Erwerbungen<lb/> in Syrien.</p><lb/> <p>Denn der Eroberungsplan gegen Konstantinopel war doch nur<lb/> zurückgestellt zugunsten eines andern großen Unternehmens, das<lb/> nun mit aller Energie betrieben wurde, eines neuen Kreuzzuges,<lb/> aber eines Kreuzzuges, der nicht sowohl eine allgemeineuropäische<lb/> Schwarmbewegung sein sollte, als vielmehr ein festgefügtes Glied in<lb/> der Kette von Heinrichs weltumspannenden Entwürfen. Er sollte<lb/> einmal den Frieden im Reiche sichern helfen. Heinrich wußte nur<lb/> zu gut, wie ingrimmig die Kurie den Zustand politischer Ohn-<lb/> macht ertrug, der in jenen Tagen sogar einmal den Gedanken einer<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [181/0189]
§ 14. Heinrich VI. (1190‒1197).
einen maßgebenden Einfluß auf Richards auswärtige Politik und übte
dadurch einen Druck auch auf die französische Krone. Das König-
reich Burgund im Süden Frankreichs konnte für das Reich durch
Barbarossa als neugefestigt gelten. Gewisse Ansprüche reichten von
dort selbst nach Aragonien, das vorübergehend schon in den Kreis
der Heiratspolitik Friedrichs I. getreten war. Im Norden und Osten
Deutschlands hielt man an den alten Rechten der Lehnshoheit
natürlich fest, wenn auch, der allgemeinen südlichen Tendenz ent-
sprechend, ohne besonderen Nachdruck und Dänemark gegenüber
auch ohne Glück.
Und mit diesem gewaltigen Umkreis imperialistischer Ansprüche
verbanden sich nun die großen Überlieferungen der normannischen
Politik Süditaliens. Sizilien war das Zentrum des Mittelmeers, die
Schwelle des Orients. Heinrich erbte hier von Süden her die jähr-
liche Tributzahlung des Almohadenherrschers von Nordafrika, nach
dem Osten hin bedeutsame Ansprüche und Eroberungstendenzen
gegen das griechische Kaiserreich, die von Robert Guiscard bis auf
Wilhelm II. nie ganz geruht und noch zuletzt zu einer erfolgreichen
Heerfahrt gegen die Balkanhalbinsel (1183) geführt hatten. Dazu
traten für Heinrich die Erinnerungen an so manche Feindseligkeit
der griechischen Kaiser gegen seinen Vater und neuerdings Erb-
ansprüche seiner eignen Familie. Im Palaste von Palermo hatte
er die einem Sohne Tancreds zur Gattin bestimmte byzantinische
Prinzessin Irene vorgefunden und sie mit seinem Bruder Philipp
vermählt. Ihr Vater Isaak Angelos aber ward durch seinen Bruder
Alexios III. vom Thron gestoßen. Eine Zeitlang trug sich Heinrich
in der Tat mit dem Gedanken einer Eroberung Konstantinopels und
stand nur davon ab, als Alexios sich zu einer demütigenden Tribut-
zahlung herbeiließ. Aber die Tage des griechischen Reiches schienen
trotzdem gezählt zu sein. Schon suchten ehemalige oströmische
Gebiete Anlehnung an das abendländische Imperium; die Könige
von Armenien und Cypern nahmen von Heinrich ihre Krone zu
Lehen. Schon eröffnete sich die Aussicht auf weitere Erwerbungen
in Syrien.
Denn der Eroberungsplan gegen Konstantinopel war doch nur
zurückgestellt zugunsten eines andern großen Unternehmens, das
nun mit aller Energie betrieben wurde, eines neuen Kreuzzuges,
aber eines Kreuzzuges, der nicht sowohl eine allgemeineuropäische
Schwarmbewegung sein sollte, als vielmehr ein festgefügtes Glied in
der Kette von Heinrichs weltumspannenden Entwürfen. Er sollte
einmal den Frieden im Reiche sichern helfen. Heinrich wußte nur
zu gut, wie ingrimmig die Kurie den Zustand politischer Ohn-
macht ertrug, der in jenen Tagen sogar einmal den Gedanken einer
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