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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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II. Die Zeit der Staufer.
harmonisch vereinigten, die staufische und die normannisch-sizilische.
Die Ereignisse hatten ihm fast gewaltsam den Umfang der väter-
lichen Herrschaft zurückgegeben, aber in dem gleichen äußeren
Rahmen welcher Abstand an Machtinhalt! Die furchtbaren Ein-
bußen der beiden letzten Jahrzehnte waren schlechterdings nicht
mehr rückgängig zu machen, die Aufgabe, die ihm hier zufiel, war
unlösbar. Sein Genie mochte sich da ein Menschenalter lang be-
haupten, aber die Ergebnisse dieses Ringens mußten im wesent-
lichen negativ bleiben, -- auch so freilich durch den zähen Wider-
stand der Staatsgewalt gegen die Papstallmacht nicht ohne starken
Einfluß auf die weltgeschichtliche Entwicklung.

Die positiven Wirkungen seines Schaffens lagen in der Fortführung
der Überlieferung von mütterlicher Seite. Friedrich war durch Er-
ziehung und Neigung ganz und gar Sizilianer. "Der Gott der
Juden", so soll er einmal in Palästina gesagt haben, "würde das
Land, das er seinem Volke gab, unmöglich so haben preisen können,
wenn er sein sizilianisches Reich gekannt hätte." Man kann Fried-
richs Wesen nicht verstehen, ohne die eigentümlich reiche, bunte
und vorgeschrittene Mischkultur des Bodens zu kennen, aus dem
es erwuchs. Manche Züge, die man als besonders modern oder
eigenartig gepriesen hat, sind von seinen normannischen Vorfahren
übernommen, aber auch was man an ihm zu tadeln fand, ent-
sprach zum Teil einfach der Landessitte. Nur eine Wiederher-
stellung und Weiterführung der Leistungen seines großen Ahnherrn
Roger II. war der Ausbau des sizilischen Staates, aber zugleich
die greifbarste und dauerhafteste Schöpfung Friedrichs. Er faßte
nur die Ausstrahlungen jener sizilisch-normannisch-arabischen
Mischkultur in seiner universalen Persönlichkeit wie in einem Brenn-
punkte zusammen -- auch darin hatte er in Roger ein Vorbild --,
aber indem er zugleich Träger des Imperiums war und ein Kaiser,
der die Welt zwang, jahrzehntelang die Blicke auf ihn zu richten,
machte er für jene Kultur die denkbar erfolgreichste Propaganda und
wirkte tief ein auf das Geistesleben des Abendlandes, insbesondere
Italiens. So manche Strömung der beginnenden Renaissancebe-
wegung nahm von seiner Person ihren Ausgangspunkt. Das sind
Wirkungen von einer Tragweite, die derjenige in der Regel nicht
voll ermißt, der sich nur mit Friedrichs deutschem Kaisertum be-
schäftigt.1)

1) Die von Scheffer-Boichorst nachgewiesene zeitgenössische Biographie
Fs. von dem Bischof Mainardino v. Imola hat sich leider noch nicht auf-
finden lassen; alle zu ermittelnden Bruchstücke von ihr sind zusammengetragen
von Güterbock, Neues Arch. 30. Von den Neueren hat den ersten bedeutenden
Versuch einer auf die gesamte Überlieferung gegründeten Beurteilung Fs. Böhmer

II. Die Zeit der Staufer.
harmonisch vereinigten, die staufische und die normannisch-sizilische.
Die Ereignisse hatten ihm fast gewaltsam den Umfang der väter-
lichen Herrschaft zurückgegeben, aber in dem gleichen äußeren
Rahmen welcher Abstand an Machtinhalt! Die furchtbaren Ein-
bußen der beiden letzten Jahrzehnte waren schlechterdings nicht
mehr rückgängig zu machen, die Aufgabe, die ihm hier zufiel, war
unlösbar. Sein Genie mochte sich da ein Menschenalter lang be-
haupten, aber die Ergebnisse dieses Ringens mußten im wesent-
lichen negativ bleiben, — auch so freilich durch den zähen Wider-
stand der Staatsgewalt gegen die Papstallmacht nicht ohne starken
Einfluß auf die weltgeschichtliche Entwicklung.

Die positiven Wirkungen seines Schaffens lagen in der Fortführung
der Überlieferung von mütterlicher Seite. Friedrich war durch Er-
ziehung und Neigung ganz und gar Sizilianer. „Der Gott der
Juden“, so soll er einmal in Palästina gesagt haben, „würde das
Land, das er seinem Volke gab, unmöglich so haben preisen können,
wenn er sein sizilianisches Reich gekannt hätte.“ Man kann Fried-
richs Wesen nicht verstehen, ohne die eigentümlich reiche, bunte
und vorgeschrittene Mischkultur des Bodens zu kennen, aus dem
es erwuchs. Manche Züge, die man als besonders modern oder
eigenartig gepriesen hat, sind von seinen normannischen Vorfahren
übernommen, aber auch was man an ihm zu tadeln fand, ent-
sprach zum Teil einfach der Landessitte. Nur eine Wiederher-
stellung und Weiterführung der Leistungen seines großen Ahnherrn
Roger II. war der Ausbau des sizilischen Staates, aber zugleich
die greifbarste und dauerhafteste Schöpfung Friedrichs. Er faßte
nur die Ausstrahlungen jener sizilisch-normannisch-arabischen
Mischkultur in seiner universalen Persönlichkeit wie in einem Brenn-
punkte zusammen — auch darin hatte er in Roger ein Vorbild —,
aber indem er zugleich Träger des Imperiums war und ein Kaiser,
der die Welt zwang, jahrzehntelang die Blicke auf ihn zu richten,
machte er für jene Kultur die denkbar erfolgreichste Propaganda und
wirkte tief ein auf das Geistesleben des Abendlandes, insbesondere
Italiens. So manche Strömung der beginnenden Renaissancebe-
wegung nahm von seiner Person ihren Ausgangspunkt. Das sind
Wirkungen von einer Tragweite, die derjenige in der Regel nicht
voll ermißt, der sich nur mit Friedrichs deutschem Kaisertum be-
schäftigt.1)

1) Die von Scheffer-Boichorst nachgewiesene zeitgenössische Biographie
Fs. von dem Bischof Mainardino v. Imola hat sich leider noch nicht auf-
finden lassen; alle zu ermittelnden Bruchstücke von ihr sind zusammengetragen
von Güterbock, Neues Arch. 30. Von den Neueren hat den ersten bedeutenden
Versuch einer auf die gesamte Überlieferung gegründeten Beurteilung Fs. Böhmer
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[202/0210] II. Die Zeit der Staufer. harmonisch vereinigten, die staufische und die normannisch-sizilische. Die Ereignisse hatten ihm fast gewaltsam den Umfang der väter- lichen Herrschaft zurückgegeben, aber in dem gleichen äußeren Rahmen welcher Abstand an Machtinhalt! Die furchtbaren Ein- bußen der beiden letzten Jahrzehnte waren schlechterdings nicht mehr rückgängig zu machen, die Aufgabe, die ihm hier zufiel, war unlösbar. Sein Genie mochte sich da ein Menschenalter lang be- haupten, aber die Ergebnisse dieses Ringens mußten im wesent- lichen negativ bleiben, — auch so freilich durch den zähen Wider- stand der Staatsgewalt gegen die Papstallmacht nicht ohne starken Einfluß auf die weltgeschichtliche Entwicklung. Die positiven Wirkungen seines Schaffens lagen in der Fortführung der Überlieferung von mütterlicher Seite. Friedrich war durch Er- ziehung und Neigung ganz und gar Sizilianer. „Der Gott der Juden“, so soll er einmal in Palästina gesagt haben, „würde das Land, das er seinem Volke gab, unmöglich so haben preisen können, wenn er sein sizilianisches Reich gekannt hätte.“ Man kann Fried- richs Wesen nicht verstehen, ohne die eigentümlich reiche, bunte und vorgeschrittene Mischkultur des Bodens zu kennen, aus dem es erwuchs. Manche Züge, die man als besonders modern oder eigenartig gepriesen hat, sind von seinen normannischen Vorfahren übernommen, aber auch was man an ihm zu tadeln fand, ent- sprach zum Teil einfach der Landessitte. Nur eine Wiederher- stellung und Weiterführung der Leistungen seines großen Ahnherrn Roger II. war der Ausbau des sizilischen Staates, aber zugleich die greifbarste und dauerhafteste Schöpfung Friedrichs. Er faßte nur die Ausstrahlungen jener sizilisch-normannisch-arabischen Mischkultur in seiner universalen Persönlichkeit wie in einem Brenn- punkte zusammen — auch darin hatte er in Roger ein Vorbild —, aber indem er zugleich Träger des Imperiums war und ein Kaiser, der die Welt zwang, jahrzehntelang die Blicke auf ihn zu richten, machte er für jene Kultur die denkbar erfolgreichste Propaganda und wirkte tief ein auf das Geistesleben des Abendlandes, insbesondere Italiens. So manche Strömung der beginnenden Renaissancebe- wegung nahm von seiner Person ihren Ausgangspunkt. Das sind Wirkungen von einer Tragweite, die derjenige in der Regel nicht voll ermißt, der sich nur mit Friedrichs deutschem Kaisertum be- schäftigt. 1) 1) Die von Scheffer-Boichorst nachgewiesene zeitgenössische Biographie Fs. von dem Bischof Mainardino v. Imola hat sich leider noch nicht auf- finden lassen; alle zu ermittelnden Bruchstücke von ihr sind zusammengetragen von Güterbock, Neues Arch. 30. Von den Neueren hat den ersten bedeutenden Versuch einer auf die gesamte Überlieferung gegründeten Beurteilung Fs. Böhmer

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/210>, abgerufen am 24.11.2024.