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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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§ 16. Das Emporsteigen Friedr. II., bis zum Frieden v. Ceperano (1230).
Königswahl geneigt zeigen würden, die vor der Kaiserkrönung des
Vaters, wenn auch nicht unerhört, so doch einigermaßen ungewöhn-
lich war. Bedenkt man indes, daß sie die Voraussetzung für die
Errichtung einer Nebenregierung in Deutschland war, die den Fürsten
bei der Minderjährigkeit Heinrichs auf lange hinaus den Hauptein-
fluß sicherte, so begreift man trotz der Förderung der Erblichkeit,
die das bedeutete, ihre Bereitwilligkeit. Nur die geistlichen Fürsten,
die zwischen königlichen Lockungen und päpstlichen Abmahnungen
hin und her schwankten, mußten erst durch neue, große Zugeständ-
nisse gewonnen werden, die in der deutschen Verfassungsgeschichte
eine bedeutende Stelle einnehmen.1)

Nachdem die Krone auf die Besetzung der geistlichen Fürstentümer
jeden entscheidenden Einfluß eingebüßt hatte, gab sie dort jetzt auch ihre An-
sprüche auf die Nutzung des Reichskirchengutes und ihre allgemeinen Hoheits-
rechte in weitgehendem Maße preis. Die Zentralgewalt begann sich aus
diesen geistlichen Territorien zurückzuziehen und verlor immer mehr die Ein-
wirkung auf deren innere Verhältnisse. Jede Neuerrichtung von Zoll- und
Münzstellen ward dort an die Zustimmung des betreffenden Fürsten geknüpft,
der Heimfall der Regaliennutzung bei persönlicher Anwesenheit des Königs
auf die förmlich angesagten Hoftage beschränkt, die höchste Äußerung der
königlichen Gerichtsbarkeit, die Achterklärung, eingeengt durch die Bestim-
mung, daß sie dem kirchlichen Banne ohne weiteres zu folgen habe, der
Lehenshof des geistlichen Fürsten gegen Entfremdungen durch das lehen-
tragende Königtum gesichert. Zugleich aber verpflichtete sich das Reich
auch zum Schutze dieser geistlichen Territorien gegen die Anmaßungen der
Laiengewalten: Usurpation des von der Krone aufgegebenen Spolienrechtes,
Übergriffe der Vögte, Anlage von Befestigungen im Gebiete der geistlichen
Fürsten gegen deren Willen, endlich gegen die Anziehungskraft, die auf ihre
Unfreien die benachbarten Städte ausübten. Das war eine Summe wertvoller
Zugeständnisse, denen die geistlichen Wähler erlagen.

Und die Kurie, vor die vollzogene Tatsache von Heinrichs
Wahl gestellt, hielt es nun doch für geraten, einzulenken und mit
der Personalunion des Sohnes auch die des Vaters stillschweigend
weiter zu dulden. Wie seine staufischen Vorfahren: Konrad III.,
Friedrich I. und Heinrich VI., so hat auch Friedrich II. die be-
vorstehende Kreuzfahrt als wirksamen Hebel für die Einsetzung
eines Vertreters benutzt und mit solcher Begründung gerade auf
einen Honorius III. Eindruck gemacht. Noch in demselben Jahre
wurde zu Rom die Kaiserkrönung vollzogen (Nov. 1220). Friedrich
hatte über die Kurie einen vollständigen diplomatischen Sieg
errungen.

Doch war er von feindseligen Gedanken gegen sie weit ent-
fernt. Was er durchgesetzt hatte, war für ihn ein Gebot der
politischen Notwendigkeit gewesen. Im übrigen war ihm an dem

1) Privilegium in favorem principum ecclesiasticorum v. 26. Apr. 1220,
M. G. Const. II, 86 ff.

§ 16. Das Emporsteigen Friedr. II., bis zum Frieden v. Ceperano (1230).
Königswahl geneigt zeigen würden, die vor der Kaiserkrönung des
Vaters, wenn auch nicht unerhört, so doch einigermaßen ungewöhn-
lich war. Bedenkt man indes, daß sie die Voraussetzung für die
Errichtung einer Nebenregierung in Deutschland war, die den Fürsten
bei der Minderjährigkeit Heinrichs auf lange hinaus den Hauptein-
fluß sicherte, so begreift man trotz der Förderung der Erblichkeit,
die das bedeutete, ihre Bereitwilligkeit. Nur die geistlichen Fürsten,
die zwischen königlichen Lockungen und päpstlichen Abmahnungen
hin und her schwankten, mußten erst durch neue, große Zugeständ-
nisse gewonnen werden, die in der deutschen Verfassungsgeschichte
eine bedeutende Stelle einnehmen.1)

Nachdem die Krone auf die Besetzung der geistlichen Fürstentümer
jeden entscheidenden Einfluß eingebüßt hatte, gab sie dort jetzt auch ihre An-
sprüche auf die Nutzung des Reichskirchengutes und ihre allgemeinen Hoheits-
rechte in weitgehendem Maße preis. Die Zentralgewalt begann sich aus
diesen geistlichen Territorien zurückzuziehen und verlor immer mehr die Ein-
wirkung auf deren innere Verhältnisse. Jede Neuerrichtung von Zoll- und
Münzstellen ward dort an die Zustimmung des betreffenden Fürsten geknüpft,
der Heimfall der Regaliennutzung bei persönlicher Anwesenheit des Königs
auf die förmlich angesagten Hoftage beschränkt, die höchste Äußerung der
königlichen Gerichtsbarkeit, die Achterklärung, eingeengt durch die Bestim-
mung, daß sie dem kirchlichen Banne ohne weiteres zu folgen habe, der
Lehenshof des geistlichen Fürsten gegen Entfremdungen durch das lehen-
tragende Königtum gesichert. Zugleich aber verpflichtete sich das Reich
auch zum Schutze dieser geistlichen Territorien gegen die Anmaßungen der
Laiengewalten: Usurpation des von der Krone aufgegebenen Spolienrechtes,
Übergriffe der Vögte, Anlage von Befestigungen im Gebiete der geistlichen
Fürsten gegen deren Willen, endlich gegen die Anziehungskraft, die auf ihre
Unfreien die benachbarten Städte ausübten. Das war eine Summe wertvoller
Zugeständnisse, denen die geistlichen Wähler erlagen.

Und die Kurie, vor die vollzogene Tatsache von Heinrichs
Wahl gestellt, hielt es nun doch für geraten, einzulenken und mit
der Personalunion des Sohnes auch die des Vaters stillschweigend
weiter zu dulden. Wie seine staufischen Vorfahren: Konrad III.,
Friedrich I. und Heinrich VI., so hat auch Friedrich II. die be-
vorstehende Kreuzfahrt als wirksamen Hebel für die Einsetzung
eines Vertreters benutzt und mit solcher Begründung gerade auf
einen Honorius III. Eindruck gemacht. Noch in demselben Jahre
wurde zu Rom die Kaiserkrönung vollzogen (Nov. 1220). Friedrich
hatte über die Kurie einen vollständigen diplomatischen Sieg
errungen.

Doch war er von feindseligen Gedanken gegen sie weit ent-
fernt. Was er durchgesetzt hatte, war für ihn ein Gebot der
politischen Notwendigkeit gewesen. Im übrigen war ihm an dem

1) Privilegium in favorem principum ecclesiasticorum v. 26. Apr. 1220,
M. G. Const. II, 86 ff.
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[207/0215] § 16. Das Emporsteigen Friedr. II., bis zum Frieden v. Ceperano (1230). Königswahl geneigt zeigen würden, die vor der Kaiserkrönung des Vaters, wenn auch nicht unerhört, so doch einigermaßen ungewöhn- lich war. Bedenkt man indes, daß sie die Voraussetzung für die Errichtung einer Nebenregierung in Deutschland war, die den Fürsten bei der Minderjährigkeit Heinrichs auf lange hinaus den Hauptein- fluß sicherte, so begreift man trotz der Förderung der Erblichkeit, die das bedeutete, ihre Bereitwilligkeit. Nur die geistlichen Fürsten, die zwischen königlichen Lockungen und päpstlichen Abmahnungen hin und her schwankten, mußten erst durch neue, große Zugeständ- nisse gewonnen werden, die in der deutschen Verfassungsgeschichte eine bedeutende Stelle einnehmen. 1) Nachdem die Krone auf die Besetzung der geistlichen Fürstentümer jeden entscheidenden Einfluß eingebüßt hatte, gab sie dort jetzt auch ihre An- sprüche auf die Nutzung des Reichskirchengutes und ihre allgemeinen Hoheits- rechte in weitgehendem Maße preis. Die Zentralgewalt begann sich aus diesen geistlichen Territorien zurückzuziehen und verlor immer mehr die Ein- wirkung auf deren innere Verhältnisse. Jede Neuerrichtung von Zoll- und Münzstellen ward dort an die Zustimmung des betreffenden Fürsten geknüpft, der Heimfall der Regaliennutzung bei persönlicher Anwesenheit des Königs auf die förmlich angesagten Hoftage beschränkt, die höchste Äußerung der königlichen Gerichtsbarkeit, die Achterklärung, eingeengt durch die Bestim- mung, daß sie dem kirchlichen Banne ohne weiteres zu folgen habe, der Lehenshof des geistlichen Fürsten gegen Entfremdungen durch das lehen- tragende Königtum gesichert. Zugleich aber verpflichtete sich das Reich auch zum Schutze dieser geistlichen Territorien gegen die Anmaßungen der Laiengewalten: Usurpation des von der Krone aufgegebenen Spolienrechtes, Übergriffe der Vögte, Anlage von Befestigungen im Gebiete der geistlichen Fürsten gegen deren Willen, endlich gegen die Anziehungskraft, die auf ihre Unfreien die benachbarten Städte ausübten. Das war eine Summe wertvoller Zugeständnisse, denen die geistlichen Wähler erlagen. Und die Kurie, vor die vollzogene Tatsache von Heinrichs Wahl gestellt, hielt es nun doch für geraten, einzulenken und mit der Personalunion des Sohnes auch die des Vaters stillschweigend weiter zu dulden. Wie seine staufischen Vorfahren: Konrad III., Friedrich I. und Heinrich VI., so hat auch Friedrich II. die be- vorstehende Kreuzfahrt als wirksamen Hebel für die Einsetzung eines Vertreters benutzt und mit solcher Begründung gerade auf einen Honorius III. Eindruck gemacht. Noch in demselben Jahre wurde zu Rom die Kaiserkrönung vollzogen (Nov. 1220). Friedrich hatte über die Kurie einen vollständigen diplomatischen Sieg errungen. Doch war er von feindseligen Gedanken gegen sie weit ent- fernt. Was er durchgesetzt hatte, war für ihn ein Gebot der politischen Notwendigkeit gewesen. Im übrigen war ihm an dem 1) Privilegium in favorem principum ecclesiasticorum v. 26. Apr. 1220, M. G. Const. II, 86 ff.

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/215>, abgerufen am 21.11.2024.