Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.§ 17. Friedrich II. auf der Höhe seiner Macht (1230-1239). dem deutschen Kaisertum wie dem staufischen Hause den Unter-gang bringen sollten. Aber es scheint auch sonst, daß der blendende Erfolg den Noch wagte man unter dem Eindruck des kaiserlichen Sieges Alles das aber hätte natürlich nicht genügt, um einen neuen § 17. Friedrich II. auf der Höhe seiner Macht (1230‒1239). dem deutschen Kaisertum wie dem staufischen Hause den Unter-gang bringen sollten. Aber es scheint auch sonst, daß der blendende Erfolg den Noch wagte man unter dem Eindruck des kaiserlichen Sieges Alles das aber hätte natürlich nicht genügt, um einen neuen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0245" n="237"/><fw place="top" type="header">§ 17. Friedrich II. auf der Höhe seiner Macht (1230‒1239).</fw><lb/> dem deutschen Kaisertum wie dem staufischen Hause den Unter-<lb/> gang bringen sollten.</p><lb/> <p>Aber es scheint auch sonst, daß der blendende Erfolg den<lb/> Kaiser über die bisher innegehaltenen Linien seiner Politik hinaus-<lb/> führte und Stimmungen auslöste, die an Reinald von Dassel ge-<lb/> mahnen. Wie immer deutlicher Tendenzen hervortraten, durch<lb/> Übertragung des sizilischen Beamtenregiments die Selbstverwaltung<lb/> der reichsitalischen Städte zu verdrängen, so ließ Friedrich jetzt im<lb/> Vollgefühl seiner Machtstellung auch der römischen Kurie gegen-<lb/> über alle gebotene Rücksicht fahren, reizte sie durch die höhnische<lb/> Übersendung des erbeuteten Mailänder Fahnenwagens an die Römer<lb/> und schreckte sie durch die Ankündigung, Rom zur Hauptstadt<lb/> seines Reiches machen zu wollen und so erst in Wahrheit Kaiser<lb/> der Römer zu werden. Er wird durch solche unpolitischen, im-<lb/> pulsiven Äußerungen nichts anderes erreicht haben, als daß er in<lb/> dem Ringen der Parteien, das in den letzten Jahren das Kardinals-<lb/> kollegium zerrissen hatte, der reichsfeindlichen Kampfpartei end-<lb/> gültig die Herrschaft sicherte.</p><lb/> <p>Noch wagte man unter dem Eindruck des kaiserlichen Sieges<lb/> nicht offen hervorzutreten, aber der erste Mißerfolg Friedrichs, der<lb/> sich nun an die schwierige Unterwerfung der einzelnen Städte her-<lb/> angemacht hatte, die vergebliche Belagerung von Brescia im Som-<lb/> mer 1238 gab Gregor IX. das ersehnte Signal zum offnen Bruche.<lb/> Noch nahmen die gereizten Auseinandersetzungen zwischen Papst<lb/> und Kaiser kurze Zeit ihren Fortgang, galt es doch für die Kurie<lb/> den rein politischen Charakter des Konflikts zu verschleiern und<lb/> ihn vor den Augen der Welt mit kirchlichen Beschwerden, insbe-<lb/> sondere Bedrückungen des sizilischen Klerus zu begründen. Eben<lb/> im Herbst 1238 gab Friedrich dem Papste überdies durch eine<lb/> unnötige Rücksichtslosigkeit neuen Stoff zur Anklage, indem er<lb/> seinen natürlichen Sohn Enzio mit der Erbin eines Teils von Sar-<lb/> dinien vermählte und ihn künftig als König der Insel bezeichnete,<lb/> obwohl die Kurie, welche die Oberhoheit über Sardinien bean-<lb/> spruchte, gegen die Eheschließung protestierte.</p><lb/> <p>Alles das aber hätte natürlich nicht genügt, um einen neuen<lb/> Weltbrand zu entzünden. Die zahlreichen Beschwerdepunkte, deren<lb/> Beantwortung durch den Kaiser der Papst gar keiner Beachtung<lb/> würdigte, waren durchaus nur Vorwände. Die große Lebensfrage<lb/> für das politische Papsttum war, ob es dem Kaiser gelingen würde,<lb/> den letzten namhaften Widerstand, der sich in Italien seinem<lb/> Herrscherwillen entgegenstemmte, niederzuwerfen und so den lasten-<lb/> den Druck der väterlichen Machtstellung auch der Kirche gegen-<lb/> über zu erneuern. Daß der greise Gregor mit der klaren Erkennt-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [237/0245]
§ 17. Friedrich II. auf der Höhe seiner Macht (1230‒1239).
dem deutschen Kaisertum wie dem staufischen Hause den Unter-
gang bringen sollten.
Aber es scheint auch sonst, daß der blendende Erfolg den
Kaiser über die bisher innegehaltenen Linien seiner Politik hinaus-
führte und Stimmungen auslöste, die an Reinald von Dassel ge-
mahnen. Wie immer deutlicher Tendenzen hervortraten, durch
Übertragung des sizilischen Beamtenregiments die Selbstverwaltung
der reichsitalischen Städte zu verdrängen, so ließ Friedrich jetzt im
Vollgefühl seiner Machtstellung auch der römischen Kurie gegen-
über alle gebotene Rücksicht fahren, reizte sie durch die höhnische
Übersendung des erbeuteten Mailänder Fahnenwagens an die Römer
und schreckte sie durch die Ankündigung, Rom zur Hauptstadt
seines Reiches machen zu wollen und so erst in Wahrheit Kaiser
der Römer zu werden. Er wird durch solche unpolitischen, im-
pulsiven Äußerungen nichts anderes erreicht haben, als daß er in
dem Ringen der Parteien, das in den letzten Jahren das Kardinals-
kollegium zerrissen hatte, der reichsfeindlichen Kampfpartei end-
gültig die Herrschaft sicherte.
Noch wagte man unter dem Eindruck des kaiserlichen Sieges
nicht offen hervorzutreten, aber der erste Mißerfolg Friedrichs, der
sich nun an die schwierige Unterwerfung der einzelnen Städte her-
angemacht hatte, die vergebliche Belagerung von Brescia im Som-
mer 1238 gab Gregor IX. das ersehnte Signal zum offnen Bruche.
Noch nahmen die gereizten Auseinandersetzungen zwischen Papst
und Kaiser kurze Zeit ihren Fortgang, galt es doch für die Kurie
den rein politischen Charakter des Konflikts zu verschleiern und
ihn vor den Augen der Welt mit kirchlichen Beschwerden, insbe-
sondere Bedrückungen des sizilischen Klerus zu begründen. Eben
im Herbst 1238 gab Friedrich dem Papste überdies durch eine
unnötige Rücksichtslosigkeit neuen Stoff zur Anklage, indem er
seinen natürlichen Sohn Enzio mit der Erbin eines Teils von Sar-
dinien vermählte und ihn künftig als König der Insel bezeichnete,
obwohl die Kurie, welche die Oberhoheit über Sardinien bean-
spruchte, gegen die Eheschließung protestierte.
Alles das aber hätte natürlich nicht genügt, um einen neuen
Weltbrand zu entzünden. Die zahlreichen Beschwerdepunkte, deren
Beantwortung durch den Kaiser der Papst gar keiner Beachtung
würdigte, waren durchaus nur Vorwände. Die große Lebensfrage
für das politische Papsttum war, ob es dem Kaiser gelingen würde,
den letzten namhaften Widerstand, der sich in Italien seinem
Herrscherwillen entgegenstemmte, niederzuwerfen und so den lasten-
den Druck der väterlichen Machtstellung auch der Kirche gegen-
über zu erneuern. Daß der greise Gregor mit der klaren Erkennt-
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