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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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§ 3. Das Reich während der Minderjährigkeit Heinrichs IV. (1056-1065).
die Unzufriedenheit der geistlichen und weltlichen Großen und
führten zu dem Staatsstreich von Kaiserswerth (1062), der mit der
Person des königlichen Knaben zugleich das Reichsregiment in die
Hand der Fürsten gab und die Kaiserin veranlaßte, sich in das
langersehnte Kloster zurückzuziehen.

Ein Jahr lang war nun Erzbischof Anno von Köln tatsächlich
alleiniger Regent, der Hauptrivale Adalberts von Bremen, stolz und
herrisch wie dieser, ebenso auf die Erhöhung seiner Kirche und
seines persönlichen Einflusses bedacht, zwischen Reichsregierung und
Kurie eine selbständige Mittelstellung erstrebend, die unhaltbar war,
im ganzen doch enger, kurzsichtiger, phantasieloser, als Adalbert,
der schon durch seine weltfrohere glanzvollere Lebenshaltung den
jungen König mehr für sich einzunehmen wußte, und daher bald
(1063) mit dem Kölner um die Macht rang. Als dann Anno
durch den kirchenpolitischen Streit nach Italien geführt wurde (1064),
und der mündig gewordene König (1065) sich noch enger an den
Bremer Erzbischof anschloß, begann für Adalbert die kurze Glanzzeit
seines ausschließlichen Einflusses auf die deutsche Regierung. Daß
er sich nun, wie die sächsische Parteilegende will, Heinrichs Gunst
gesichert habe, indem er dessen schlechten Neigungen frönte, ist
ebenso unrichtig, wie die auf Nitzsch zurückgehende Meinung
neuerer Forscher, Adalbert habe wieder einen großen nationalen
Zug in die Reichspolitik gebracht und planvoll an einer wirtschaft-
lichen Stärkung der Krone gearbeitet.1) Wohl trug er den Ruhm
eines glücklichen Feldzuges gegen Ungarn davon, der den deutschen
Einfluß auf das Nachbarreich vorübergehend herstellte (1063), wohl
lief sein persönlicher Nutzen mit dem der Krone, die ihm in Sachsen
umfangreiche Rechte und Besitzungen zugestand, eine weite Strecke
zusammen, wohl förderten seine eben damals großartig betriebenen
Patriarchatspläne die Beziehungen des Reiches zu den nordischen
Ländern. Aber als das Interesse des Königtums einen Romzug
zur Erwerbung der Kaiserkrone erheischte (1065), widerriet Adalbert,
im wesentlichen doch wohl aus Eifersucht gegen Anno, den Erz-
kanzler für Italien, und der Versuch einer Aufteilung der wohl-
habenden Reichsabteien unter die Bischöfe, unter denen er sich
selbst ganz besonders bedachte, hätte bei völliger Durchführung gerade-
zu den Hauptlebensnerv der Reichsgewalt unterbunden. Ebendiesen
Plan nutzte die über die Bevorzugung eines Einzelnen mißvergnügte
Fürstenaristokratie zum Sturze Adalberts; auf dem Tage von Tribur
(1066) ward Heinrich gezwungen, seinen Ratgeber schimpflich zu
entlassen, und nun erhoben sich dessen Gegner in Sachsen und

1) Vgl. Meyer v. Knonau Jahrb. I, 695 ff.

§ 3. Das Reich während der Minderjährigkeit Heinrichs IV. (1056‒1065).
die Unzufriedenheit der geistlichen und weltlichen Großen und
führten zu dem Staatsstreich von Kaiserswerth (1062), der mit der
Person des königlichen Knaben zugleich das Reichsregiment in die
Hand der Fürsten gab und die Kaiserin veranlaßte, sich in das
langersehnte Kloster zurückzuziehen.

Ein Jahr lang war nun Erzbischof Anno von Köln tatsächlich
alleiniger Regent, der Hauptrivale Adalberts von Bremen, stolz und
herrisch wie dieser, ebenso auf die Erhöhung seiner Kirche und
seines persönlichen Einflusses bedacht, zwischen Reichsregierung und
Kurie eine selbständige Mittelstellung erstrebend, die unhaltbar war,
im ganzen doch enger, kurzsichtiger, phantasieloser, als Adalbert,
der schon durch seine weltfrohere glanzvollere Lebenshaltung den
jungen König mehr für sich einzunehmen wußte, und daher bald
(1063) mit dem Kölner um die Macht rang. Als dann Anno
durch den kirchenpolitischen Streit nach Italien geführt wurde (1064),
und der mündig gewordene König (1065) sich noch enger an den
Bremer Erzbischof anschloß, begann für Adalbert die kurze Glanzzeit
seines ausschließlichen Einflusses auf die deutsche Regierung. Daß
er sich nun, wie die sächsische Parteilegende will, Heinrichs Gunst
gesichert habe, indem er dessen schlechten Neigungen frönte, ist
ebenso unrichtig, wie die auf Nitzsch zurückgehende Meinung
neuerer Forscher, Adalbert habe wieder einen großen nationalen
Zug in die Reichspolitik gebracht und planvoll an einer wirtschaft-
lichen Stärkung der Krone gearbeitet.1) Wohl trug er den Ruhm
eines glücklichen Feldzuges gegen Ungarn davon, der den deutschen
Einfluß auf das Nachbarreich vorübergehend herstellte (1063), wohl
lief sein persönlicher Nutzen mit dem der Krone, die ihm in Sachsen
umfangreiche Rechte und Besitzungen zugestand, eine weite Strecke
zusammen, wohl förderten seine eben damals großartig betriebenen
Patriarchatspläne die Beziehungen des Reiches zu den nordischen
Ländern. Aber als das Interesse des Königtums einen Romzug
zur Erwerbung der Kaiserkrone erheischte (1065), widerriet Adalbert,
im wesentlichen doch wohl aus Eifersucht gegen Anno, den Erz-
kanzler für Italien, und der Versuch einer Aufteilung der wohl-
habenden Reichsabteien unter die Bischöfe, unter denen er sich
selbst ganz besonders bedachte, hätte bei völliger Durchführung gerade-
zu den Hauptlebensnerv der Reichsgewalt unterbunden. Ebendiesen
Plan nutzte die über die Bevorzugung eines Einzelnen mißvergnügte
Fürstenaristokratie zum Sturze Adalberts; auf dem Tage von Tribur
(1066) ward Heinrich gezwungen, seinen Ratgeber schimpflich zu
entlassen, und nun erhoben sich dessen Gegner in Sachsen und

1) Vgl. Meyer v. Knonau Jahrb. I, 695 ff.
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[31/0039] § 3. Das Reich während der Minderjährigkeit Heinrichs IV. (1056‒1065). die Unzufriedenheit der geistlichen und weltlichen Großen und führten zu dem Staatsstreich von Kaiserswerth (1062), der mit der Person des königlichen Knaben zugleich das Reichsregiment in die Hand der Fürsten gab und die Kaiserin veranlaßte, sich in das langersehnte Kloster zurückzuziehen. Ein Jahr lang war nun Erzbischof Anno von Köln tatsächlich alleiniger Regent, der Hauptrivale Adalberts von Bremen, stolz und herrisch wie dieser, ebenso auf die Erhöhung seiner Kirche und seines persönlichen Einflusses bedacht, zwischen Reichsregierung und Kurie eine selbständige Mittelstellung erstrebend, die unhaltbar war, im ganzen doch enger, kurzsichtiger, phantasieloser, als Adalbert, der schon durch seine weltfrohere glanzvollere Lebenshaltung den jungen König mehr für sich einzunehmen wußte, und daher bald (1063) mit dem Kölner um die Macht rang. Als dann Anno durch den kirchenpolitischen Streit nach Italien geführt wurde (1064), und der mündig gewordene König (1065) sich noch enger an den Bremer Erzbischof anschloß, begann für Adalbert die kurze Glanzzeit seines ausschließlichen Einflusses auf die deutsche Regierung. Daß er sich nun, wie die sächsische Parteilegende will, Heinrichs Gunst gesichert habe, indem er dessen schlechten Neigungen frönte, ist ebenso unrichtig, wie die auf Nitzsch zurückgehende Meinung neuerer Forscher, Adalbert habe wieder einen großen nationalen Zug in die Reichspolitik gebracht und planvoll an einer wirtschaft- lichen Stärkung der Krone gearbeitet. 1) Wohl trug er den Ruhm eines glücklichen Feldzuges gegen Ungarn davon, der den deutschen Einfluß auf das Nachbarreich vorübergehend herstellte (1063), wohl lief sein persönlicher Nutzen mit dem der Krone, die ihm in Sachsen umfangreiche Rechte und Besitzungen zugestand, eine weite Strecke zusammen, wohl förderten seine eben damals großartig betriebenen Patriarchatspläne die Beziehungen des Reiches zu den nordischen Ländern. Aber als das Interesse des Königtums einen Romzug zur Erwerbung der Kaiserkrone erheischte (1065), widerriet Adalbert, im wesentlichen doch wohl aus Eifersucht gegen Anno, den Erz- kanzler für Italien, und der Versuch einer Aufteilung der wohl- habenden Reichsabteien unter die Bischöfe, unter denen er sich selbst ganz besonders bedachte, hätte bei völliger Durchführung gerade- zu den Hauptlebensnerv der Reichsgewalt unterbunden. Ebendiesen Plan nutzte die über die Bevorzugung eines Einzelnen mißvergnügte Fürstenaristokratie zum Sturze Adalberts; auf dem Tage von Tribur (1066) ward Heinrich gezwungen, seinen Ratgeber schimpflich zu entlassen, und nun erhoben sich dessen Gegner in Sachsen und 1) Vgl. Meyer v. Knonau Jahrb. I, 695 ff.

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/39>, abgerufen am 21.11.2024.