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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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I. Die Zeit der Salier.
geiz des Markgrafen Ekbert von Meißen (+ 1090) hielt er durch
den Böhmenherzog in Schach und belohnte dessen Treue mit der
Königskrone. Die gregorianischen Bischöfe zur Anerkennung seines
Gegenpapstes zu bewegen, gelang zwar nicht; mit der politischen
Anerkennung seines Kaisertums mußte er sich begnügen. Aber
im Wesentlichen konnte die Erhebung der Sachsen als beendet
gelten, als Heinrich 1088 friedlich unter ihnen erschien. Hermann
von Salm hatte sich schon vorher, an seinem Königtum verzweifelnd,
in seine lothringische Heimat zurückgezogen und kam in dem
gleichen Jahre bei der Erstürmung einer Burg ums Leben.

Inzwischen war der Kampf auch mit geistigen Waffen in steigender
Lebhaftigkeit geführt worden, und obwohl wir es mit einer einzigen Ausnahme
ausschließlich mit geistlichen Publizisten zu tun haben, kann man auch auf
diesem Gebiete nicht sagen, daß die kaiserliche Sache irgendwie zurückgestanden
hätte, im Gegenteil, in Deutschland wenigstens sind ihre Vertreter doch eher
als die vornehmeren und überlegenen zu bezeichnen. Denn dem schroffen
gregorianischen Sachsen Bernhard, dem geschäftigen Schwaben Bernold
v. St. Blasien,
dessen publizistische Tätigkeit an seine historiographische
Leistung nicht heranreichte, dem grobklötzigen, fanatischen Manegold v.
Lautenbach,
der die staatsumwälzenden Theorien Gregors sich ganz zu eigen
machte und unter dem Einfluß naturrechtlicher Vorstellungen ausführte, das
Volk könne einen pflichtvergessenen Herrscher mit dem gleichen Rechte ab-
setzen, wie man einen Schweinehirten davonjage, der die anvertrauten Schweine
nicht behüte, -- diesen päpstlichen Publizisten stehen auf der Gegenseite
mit überlegener Gedankenarbeit und Sachlichkeit gegenüber: der formell
maßvolle, aber inhaltlich durchaus entschiedene Scholastikus Wenrich v.
Trier,
der gründliche und tüchtige Kleriker Wido, später Bischof v. Osna-
brück
, der insbesondere das päpstliche Bannrecht über den König bestritt,
und allen andern voran der uns unbekannte Hersfelder Mönch1), der in
seinem schon 1084 begonnenen, 1090 im Wesentlichen abgeschlossenen "Buche
über die Erhaltung der Kircheneinheit" das Königtum unmittelbar von Gott
herleitete, der Kirche aber, der Gesamtheit aller Gläubigen, jede irdische Gewalt
absprach. Das waren der Zeit vorauseilende Gedanken, die noch von Ulrich
von Hutten, der das Büchlein wieder entdeckte, wirksam in den großen Re-
formationsstreit geworfen werden konnten.

Anders war das Verhältnis in Italien, wo das geistige Übergewicht bei
den Gregorianern lag. Dort leisteten Bischof Anselm von Lucca und Kardinal
Deusdedit, die nebenher auch als Publizisten hervortraten, die für das Fort-
wirken der gregorianischen Ideen unvergleichlich wichtige Arbeit der Kodi-
fikation des fortentwickelten und umgestalteten Kirchenrechts, während Bischof
Bonizo v. Sutri die kirchengeschichtliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte
in die von der Partei gewünschte Beleuchtung rückte. Mit ihnen konnten
sich auf der andern Seite der lügenhafte, wenn auch als energischer Ver-
teidiger der kaiserlichen Herrschaft über das Papsttum immerhin beachtens-
werte Bischof Benzo v. Alba und der widerliche Pamphletist Beno, ein von
Gregor abtrünniger Kardinal, an geistiger Bedeutung freilich nicht messen;
doch fehlte es auch hier im Lager des Gegenpapstes nicht an gediegenen,
maßvolleren Streitschriften, wie etwa der des Bischofs Wido v. Ferrara,

1) Wohl nicht der spätere Bischof Walram von Naumburg, wie man
lange vermutet hat, vgl. Meyer v. Knonau in Festgaben f. Büdinger 1898.

I. Die Zeit der Salier.
geiz des Markgrafen Ekbert von Meißen († 1090) hielt er durch
den Böhmenherzog in Schach und belohnte dessen Treue mit der
Königskrone. Die gregorianischen Bischöfe zur Anerkennung seines
Gegenpapstes zu bewegen, gelang zwar nicht; mit der politischen
Anerkennung seines Kaisertums mußte er sich begnügen. Aber
im Wesentlichen konnte die Erhebung der Sachsen als beendet
gelten, als Heinrich 1088 friedlich unter ihnen erschien. Hermann
von Salm hatte sich schon vorher, an seinem Königtum verzweifelnd,
in seine lothringische Heimat zurückgezogen und kam in dem
gleichen Jahre bei der Erstürmung einer Burg ums Leben.

Inzwischen war der Kampf auch mit geistigen Waffen in steigender
Lebhaftigkeit geführt worden, und obwohl wir es mit einer einzigen Ausnahme
ausschließlich mit geistlichen Publizisten zu tun haben, kann man auch auf
diesem Gebiete nicht sagen, daß die kaiserliche Sache irgendwie zurückgestanden
hätte, im Gegenteil, in Deutschland wenigstens sind ihre Vertreter doch eher
als die vornehmeren und überlegenen zu bezeichnen. Denn dem schroffen
gregorianischen Sachsen Bernhard, dem geschäftigen Schwaben Bernold
v. St. Blasien,
dessen publizistische Tätigkeit an seine historiographische
Leistung nicht heranreichte, dem grobklötzigen, fanatischen Manegold v.
Lautenbach,
der die staatsumwälzenden Theorien Gregors sich ganz zu eigen
machte und unter dem Einfluß naturrechtlicher Vorstellungen ausführte, das
Volk könne einen pflichtvergessenen Herrscher mit dem gleichen Rechte ab-
setzen, wie man einen Schweinehirten davonjage, der die anvertrauten Schweine
nicht behüte, — diesen päpstlichen Publizisten stehen auf der Gegenseite
mit überlegener Gedankenarbeit und Sachlichkeit gegenüber: der formell
maßvolle, aber inhaltlich durchaus entschiedene Scholastikus Wenrich v.
Trier,
der gründliche und tüchtige Kleriker Wido, später Bischof v. Osna-
brück
, der insbesondere das päpstliche Bannrecht über den König bestritt,
und allen andern voran der uns unbekannte Hersfelder Mönch1), der in
seinem schon 1084 begonnenen, 1090 im Wesentlichen abgeschlossenen „Buche
über die Erhaltung der Kircheneinheit“ das Königtum unmittelbar von Gott
herleitete, der Kirche aber, der Gesamtheit aller Gläubigen, jede irdische Gewalt
absprach. Das waren der Zeit vorauseilende Gedanken, die noch von Ulrich
von Hutten, der das Büchlein wieder entdeckte, wirksam in den großen Re-
formationsstreit geworfen werden konnten.

Anders war das Verhältnis in Italien, wo das geistige Übergewicht bei
den Gregorianern lag. Dort leisteten Bischof Anselm von Lucca und Kardinal
Deusdedit, die nebenher auch als Publizisten hervortraten, die für das Fort-
wirken der gregorianischen Ideen unvergleichlich wichtige Arbeit der Kodi-
fikation des fortentwickelten und umgestalteten Kirchenrechts, während Bischof
Bonizo v. Sutri die kirchengeschichtliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte
in die von der Partei gewünschte Beleuchtung rückte. Mit ihnen konnten
sich auf der andern Seite der lügenhafte, wenn auch als energischer Ver-
teidiger der kaiserlichen Herrschaft über das Papsttum immerhin beachtens-
werte Bischof Benzo v. Alba und der widerliche Pamphletist Beno, ein von
Gregor abtrünniger Kardinal, an geistiger Bedeutung freilich nicht messen;
doch fehlte es auch hier im Lager des Gegenpapstes nicht an gediegenen,
maßvolleren Streitschriften, wie etwa der des Bischofs Wido v. Ferrara,

1) Wohl nicht der spätere Bischof Walram von Naumburg, wie man
lange vermutet hat, vgl. Meyer v. Knonau in Festgaben f. Büdinger 1898.
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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/70>, abgerufen am 24.11.2024.