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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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II. Die Zeit der Staufer.

Die Geschichtschreibung bewegt sich bis in die Zeiten Barbarossas hin-
ein entschieden in aufsteigender Linie. Der Investiturstreit hat wohl das reiche,
ruhige Bildungsleben mancher altberühmten Klöster gelähmt, aber dafür in
neuen Kreisen historisches Interesse geweckt, und die geistige Aufrüttelung,
die er brachte, macht sich für den Quellenwert der Geschichtswerke vorteil-
haft erst jetzt geltend, nachdem die Kampfesleidenschaft verflogen ist. Im
Absterben ist freilich der Zweig der geistlichen Biographie, der nur noch
bis etwas über die Mitte des 12. Jahrh. reicher entwickelt ist, später ganz
vereinzelte Blüten treibt; die besseren Werke sind unten an ihrem Orte ver-
merkt. Im übrigen aber schwillt der Umfang der Geschichtschreibung noch
erheblich an, und sie bewahrt sich fast während der ganzen Epoche durch
den welfisch-staufischen Gegensatz den Vorzug des doppelten Zentrums, der
uns vor einseitiger Auffassung schützt. Das eine dieser Zentren, Sachsen,
tritt mit Lothar vorübergehend an die Spitze des Reiches; hier und in den
angrenzenden Gebieten entfaltet sich namentlich eine reiche Annalistik.
Wieder wie in der Salierzeit sind einige wertvolle Originalwerke verloren und
nur aus jüngeren Ableitungen bekannt, so Annalen aus Nienburg a./S.
(bis 1139 nachweisbar) und aus Rosenfeld (Harsefeld b. Stade), in Ilsenburg
(a. Harz) fortgeführt, bis 1164. Die in diese Epoche hineinreichenden Pader-
borner Annalen
sind schon S. 1 genannt. Eben in der Benutzung solcher
verlorenen Quellen liegt die Bedeutung des sog. sächsischen Annalisten
bis 1139. Tritt hier überall ein warmer Anteil an Kaiser Lothar zutage, so
berichten Erfurter Annalen bis 1137 über ihn so eingehend, daß sie ge-
radezu als die Lotharischen bezeichnet werden (SS. r. G. Mon. Erphesf.).
-- Durch die von Lothar geknüpften Familienbande vereinigt sich das säch-
sische mit dem welfischen Interesse. Über das Emporkommen des Welfen-
hauses kann uns natürlich nur eine schwäbische Quelle Auskunft geben, die
Weingartener Welfengeschichte bis 1167, fortgesetzt bis 1208. Dann
aber sichert die eigenartig machtvolle Stellung Heinrichs d. L. der sächsischen
Historiographie ihre Sonderentwicklung. Zwei Werke sind es, in denen das
Augenmerk vor allem auf die Christianisierung und Kolonisation in den angrenzen-
den Slawenlanden gerichtet wird: die bis 1171 reichende Slawenchronik
Helmolds
, des biedern Pfarrers in dem holsteinischen Bosau, und die um-
fassendere, außer der nordalbingischen auch die gesamte Reichsgeschichte bis
1209 in den Kreis ihrer Betrachtung ziehende und auch dafür höchst wertvolle
Slawenchronik Arnolds von Lübeck, Abtes vom dortigen Johannisstift.
Über Heinrich d. L. berichten eingehend und warm auch diejenigen Annalisten, die
nach seinem Sturze die Schwenkung ins kaiserliche Lager vollzogen haben,
so die kompilatorischen Annalen v. Magdeburg bis 1188, die mit ihnen
in naher Beziehung stehenden Annalen v. Kloster Pegau (b. Merseburg),
die von 1176-1190 selbständig und wertvoll sind (mit Forts. im 13. Jahrh.),
und die Annalen v. Kloster Pöhlde (a. Harz) bis 1182. Bis zu Heinrichs

II. Die Zeit der Staufer.

Die Geschichtschreibung bewegt sich bis in die Zeiten Barbarossas hin-
ein entschieden in aufsteigender Linie. Der Investiturstreit hat wohl das reiche,
ruhige Bildungsleben mancher altberühmten Klöster gelähmt, aber dafür in
neuen Kreisen historisches Interesse geweckt, und die geistige Aufrüttelung,
die er brachte, macht sich für den Quellenwert der Geschichtswerke vorteil-
haft erst jetzt geltend, nachdem die Kampfesleidenschaft verflogen ist. Im
Absterben ist freilich der Zweig der geistlichen Biographie, der nur noch
bis etwas über die Mitte des 12. Jahrh. reicher entwickelt ist, später ganz
vereinzelte Blüten treibt; die besseren Werke sind unten an ihrem Orte ver-
merkt. Im übrigen aber schwillt der Umfang der Geschichtschreibung noch
erheblich an, und sie bewahrt sich fast während der ganzen Epoche durch
den welfisch-staufischen Gegensatz den Vorzug des doppelten Zentrums, der
uns vor einseitiger Auffassung schützt. Das eine dieser Zentren, Sachsen,
tritt mit Lothar vorübergehend an die Spitze des Reiches; hier und in den
angrenzenden Gebieten entfaltet sich namentlich eine reiche Annalistik.
Wieder wie in der Salierzeit sind einige wertvolle Originalwerke verloren und
nur aus jüngeren Ableitungen bekannt, so Annalen aus Nienburg a./S.
(bis 1139 nachweisbar) und aus Rosenfeld (Harsefeld b. Stade), in Ilsenburg
(a. Harz) fortgeführt, bis 1164. Die in diese Epoche hineinreichenden Pader-
borner Annalen
sind schon S. 1 genannt. Eben in der Benutzung solcher
verlorenen Quellen liegt die Bedeutung des sog. sächsischen Annalisten
bis 1139. Tritt hier überall ein warmer Anteil an Kaiser Lothar zutage, so
berichten Erfurter Annalen bis 1137 über ihn so eingehend, daß sie ge-
radezu als die Lotharischen bezeichnet werden (SS. r. G. Mon. Erphesf.).
— Durch die von Lothar geknüpften Familienbande vereinigt sich das säch-
sische mit dem welfischen Interesse. Über das Emporkommen des Welfen-
hauses kann uns natürlich nur eine schwäbische Quelle Auskunft geben, die
Weingartener Welfengeschichte bis 1167, fortgesetzt bis 1208. Dann
aber sichert die eigenartig machtvolle Stellung Heinrichs d. L. der sächsischen
Historiographie ihre Sonderentwicklung. Zwei Werke sind es, in denen das
Augenmerk vor allem auf die Christianisierung und Kolonisation in den angrenzen-
den Slawenlanden gerichtet wird: die bis 1171 reichende Slawenchronik
Helmolds
, des biedern Pfarrers in dem holsteinischen Bosau, und die um-
fassendere, außer der nordalbingischen auch die gesamte Reichsgeschichte bis
1209 in den Kreis ihrer Betrachtung ziehende und auch dafür höchst wertvolle
Slawenchronik Arnolds von Lübeck, Abtes vom dortigen Johannisstift.
Über Heinrich d. L. berichten eingehend und warm auch diejenigen Annalisten, die
nach seinem Sturze die Schwenkung ins kaiserliche Lager vollzogen haben,
so die kompilatorischen Annalen v. Magdeburg bis 1188, die mit ihnen
in naher Beziehung stehenden Annalen v. Kloster Pegau (b. Merseburg),
die von 1176‒1190 selbständig und wertvoll sind (mit Forts. im 13. Jahrh.),
und die Annalen v. Kloster Pöhlde (a. Harz) bis 1182. Bis zu Heinrichs

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[[84]/0092] II. Die Zeit der Staufer. Die Geschichtschreibung bewegt sich bis in die Zeiten Barbarossas hin- ein entschieden in aufsteigender Linie. Der Investiturstreit hat wohl das reiche, ruhige Bildungsleben mancher altberühmten Klöster gelähmt, aber dafür in neuen Kreisen historisches Interesse geweckt, und die geistige Aufrüttelung, die er brachte, macht sich für den Quellenwert der Geschichtswerke vorteil- haft erst jetzt geltend, nachdem die Kampfesleidenschaft verflogen ist. Im Absterben ist freilich der Zweig der geistlichen Biographie, der nur noch bis etwas über die Mitte des 12. Jahrh. reicher entwickelt ist, später ganz vereinzelte Blüten treibt; die besseren Werke sind unten an ihrem Orte ver- merkt. Im übrigen aber schwillt der Umfang der Geschichtschreibung noch erheblich an, und sie bewahrt sich fast während der ganzen Epoche durch den welfisch-staufischen Gegensatz den Vorzug des doppelten Zentrums, der uns vor einseitiger Auffassung schützt. Das eine dieser Zentren, Sachsen, tritt mit Lothar vorübergehend an die Spitze des Reiches; hier und in den angrenzenden Gebieten entfaltet sich namentlich eine reiche Annalistik. Wieder wie in der Salierzeit sind einige wertvolle Originalwerke verloren und nur aus jüngeren Ableitungen bekannt, so Annalen aus Nienburg a./S. (bis 1139 nachweisbar) und aus Rosenfeld (Harsefeld b. Stade), in Ilsenburg (a. Harz) fortgeführt, bis 1164. Die in diese Epoche hineinreichenden Pader- borner Annalen sind schon S. 1 genannt. Eben in der Benutzung solcher verlorenen Quellen liegt die Bedeutung des sog. sächsischen Annalisten bis 1139. Tritt hier überall ein warmer Anteil an Kaiser Lothar zutage, so berichten Erfurter Annalen bis 1137 über ihn so eingehend, daß sie ge- radezu als die Lotharischen bezeichnet werden (SS. r. G. Mon. Erphesf.). — Durch die von Lothar geknüpften Familienbande vereinigt sich das säch- sische mit dem welfischen Interesse. Über das Emporkommen des Welfen- hauses kann uns natürlich nur eine schwäbische Quelle Auskunft geben, die Weingartener Welfengeschichte bis 1167, fortgesetzt bis 1208. Dann aber sichert die eigenartig machtvolle Stellung Heinrichs d. L. der sächsischen Historiographie ihre Sonderentwicklung. Zwei Werke sind es, in denen das Augenmerk vor allem auf die Christianisierung und Kolonisation in den angrenzen- den Slawenlanden gerichtet wird: die bis 1171 reichende Slawenchronik Helmolds, des biedern Pfarrers in dem holsteinischen Bosau, und die um- fassendere, außer der nordalbingischen auch die gesamte Reichsgeschichte bis 1209 in den Kreis ihrer Betrachtung ziehende und auch dafür höchst wertvolle Slawenchronik Arnolds von Lübeck, Abtes vom dortigen Johannisstift. Über Heinrich d. L. berichten eingehend und warm auch diejenigen Annalisten, die nach seinem Sturze die Schwenkung ins kaiserliche Lager vollzogen haben, so die kompilatorischen Annalen v. Magdeburg bis 1188, die mit ihnen in naher Beziehung stehenden Annalen v. Kloster Pegau (b. Merseburg), die von 1176‒1190 selbständig und wertvoll sind (mit Forts. im 13. Jahrh.), und die Annalen v. Kloster Pöhlde (a. Harz) bis 1182. Bis zu Heinrichs

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. [84]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/92>, abgerufen am 21.11.2024.