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Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731.

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wie auch

Pura cum veste venite
& manibus puris sumite fontis aquam.

Tibull. L. II. eleg. I.

Wiewohl nun dieses wesentliche Stücke des heyd-
nischen Gottesdienstes waren/ so konte doch der
Aberglaube die Sinnen der Verständigen nicht
solchergestalt benebeln/ daß sie nicht die Unzuläng-
lichkeit derselben in Absicht dessen/ so dadurch solte
gewircket werden/ hätten erkennen sollen. Zwar
macht sich Jamblichus in seinem Buch de mysteriis
AEgyptiorum
viele Mühe/ die Ursachen zu erfinden
woher die Opffer können ihre Kraft haben/ und
wozu sie nützen: sie sind aber so beschaffen/ daß sie
denjenigen/ der nach der Warheit forscht/ völlig
überführen/ daß solche thöricht und unnütz gewe-
sen. Porphyrius hält es vor eine Gottlosigkeit/
die Thiere zu schlachten und denen Göttern zu opf-
fern. Er meynet die Opffer der Thiere wären
nur eine Nahrung vor die Daemones, oder schäd-
liche Geister/ welche man dadurch zu seinem Scha-
den an sich zöge. L. II. de abstinentia animalium.
Das Urtheil/ so Dionysius Cato von denen Opf-
fern fällt/ ist bekannt genug:

Cum sis ipse nocens, moritur cur victima pro te?
Stultitia est morte alterius sperare salutem
L. IV. dist. 15.

Ovidius lehret/ daß Treu und Redlichkeit denen
Göttern mehr als Opffer gefalle:

Non bove mactato coelestia Numina gaudent,
sed quae praestanda est & sine teste, fides.
Epist. 18.



wie auch

Purâ cum veſte venite
& manibus puris ſumite fontis aquam.

Tibull. L. II. eleg. I.

Wiewohl nun dieſes weſentliche Stuͤcke des heyd-
niſchen Gottesdienſtes waren/ ſo konte doch der
Aberglaube die Sinnen der Verſtaͤndigen nicht
ſolchergeſtalt benebeln/ daß ſie nicht die Unzulaͤng-
lichkeit derſelben in Abſicht deſſen/ ſo dadurch ſolte
gewircket werden/ haͤtten erkennen ſollen. Zwar
macht ſich Jamblichus in ſeinem Buch de myſteriis
Ægyptiorum
viele Muͤhe/ die Urſachen zu erfinden
woher die Opffer koͤnnen ihre Kraft haben/ und
wozu ſie nuͤtzen: ſie ſind aber ſo beſchaffen/ daß ſie
denjenigen/ der nach der Warheit forſcht/ voͤllig
uͤberfuͤhren/ daß ſolche thoͤricht und unnuͤtz gewe-
ſen. Porphyrius haͤlt es vor eine Gottloſigkeit/
die Thiere zu ſchlachten und denen Goͤttern zu opf-
fern. Er meynet die Opffer der Thiere waͤren
nur eine Nahrung vor die Dæmones, oder ſchaͤd-
liche Geiſter/ welche man dadurch zu ſeinem Scha-
den an ſich zoͤge. L. II. de abſtinentia animalium.
Das Urtheil/ ſo Dionyſius Cato von denen Opf-
fern faͤllt/ iſt bekannt genug:

Cum ſis ipſe nocens, moritur cur victima pro te?
Stultitia eſt morte alterius ſperare ſalutem
L. IV. diſt. 15.

Ovidius lehret/ daß Treu und Redlichkeit denen
Goͤttern mehr als Opffer gefalle:

Non bove mactato cœleſtia Numina gaudent,
ſed quæ præſtanda eſt & ſine teſte, fides.
Epiſt. 18.

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[96/0148] wie auch Purâ cum veſte venite & manibus puris ſumite fontis aquam. Tibull. L. II. eleg. I. Wiewohl nun dieſes weſentliche Stuͤcke des heyd- niſchen Gottesdienſtes waren/ ſo konte doch der Aberglaube die Sinnen der Verſtaͤndigen nicht ſolchergeſtalt benebeln/ daß ſie nicht die Unzulaͤng- lichkeit derſelben in Abſicht deſſen/ ſo dadurch ſolte gewircket werden/ haͤtten erkennen ſollen. Zwar macht ſich Jamblichus in ſeinem Buch de myſteriis Ægyptiorum viele Muͤhe/ die Urſachen zu erfinden woher die Opffer koͤnnen ihre Kraft haben/ und wozu ſie nuͤtzen: ſie ſind aber ſo beſchaffen/ daß ſie denjenigen/ der nach der Warheit forſcht/ voͤllig uͤberfuͤhren/ daß ſolche thoͤricht und unnuͤtz gewe- ſen. Porphyrius haͤlt es vor eine Gottloſigkeit/ die Thiere zu ſchlachten und denen Goͤttern zu opf- fern. Er meynet die Opffer der Thiere waͤren nur eine Nahrung vor die Dæmones, oder ſchaͤd- liche Geiſter/ welche man dadurch zu ſeinem Scha- den an ſich zoͤge. L. II. de abſtinentia animalium. Das Urtheil/ ſo Dionyſius Cato von denen Opf- fern faͤllt/ iſt bekannt genug: Cum ſis ipſe nocens, moritur cur victima pro te? Stultitia eſt morte alterius ſperare ſalutem L. IV. diſt. 15. Ovidius lehret/ daß Treu und Redlichkeit denen Goͤttern mehr als Opffer gefalle: Non bove mactato cœleſtia Numina gaudent, ſed quæ præſtanda eſt & ſine teſte, fides. Epiſt. 18.

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Zitationshilfe: Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/148>, abgerufen am 21.11.2024.