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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
nehmen lie ssen/ daß sie den Corsaren Hauptmann
vom Brodt haben wolten/ es koste auch/ was es im-
mer wolle. Aber der Bassa/ der die grosse Inconve-
nien
tzen/ so hierauß entstehen wurden/ schon vorher
sahe/ legte sich mit seiner Autorität darzwischen/ und
besänfftigte die Janitscharen in so weit/ daß sie zu
diesem mahl nichts anfiengen/ dannenhero der Cor-
sar wol sehend/ daß seinethalben sich grosses Unheyl
entspinnen würde/ bey Zeiten nach seinem Schiff
gieng/ und daselbst über Nacht ruhete/ weil er besor-
gete/ in der Nacht von den ergrimmeten Türcken über-
fallen und ermordet zu werden.

Jnmittelst begegnete unserm armen Klingenfeld
diesen Abend etwas sonderliches. Es war ein Schiff
auß Venedig in dem Hafen eingelauffen/ auf welchem
viel Passagierer an Land stiegen. Und wie Klingenfeld
eben vor deß Jubiliers Thür stund/ da erblickete er zu
seiner höchsten Freude den Hagemann/ einen Kauff-
mann/ den er/ wie zuvor beschrieben/ in Jtalien ge-
kannt/ und ihm einen grossen Dienst erwiesen hatte.
Diesem lieff er in vollem Sprüngen entgegen/ ergriff
seine Hand/ und drückete sie hertzlich: Ach seyd mir
von gantzem Hertzen willkommen/ sprach er zu ihm/
ein solcher Freund/ wie ihr seyd/ kommet mir jetzo eben
recht. Hagemann bestürtzte sehr/ und wuste nicht/
mit wem er es zu thun hatte. Klingenfeld merckete
solches/ und sagte: Jst es möglich/ daß ihr mich nicht
mehr kennet? Jener antwortete: Das Gesicht und
Sprache ist mir zwar etwas bekandt/ aber ein gewis-
ser Zufall muß euch ziemlich verändert haben/ daß ich
euch nicht recht kenne. Jch bin Klingenfeld/ sprach
Jener/ ein Teutscher Edelmann/ und haben wir ein-
ander in Jtalien vor nicht gar langer Zeit sehr wol
gekannt. Hierdurch wurden dem Teutschen Kauff-

mann
R r r 4

Romans II. Buch.
nehmen lie ſſen/ daß ſie den Corſaren Hauptmann
vom Brodt haben wolten/ es koſte auch/ was es im-
mer wolle. Aber der Baſſa/ der die groſſe Inconve-
nien
tzen/ ſo hierauß entſtehen wurden/ ſchon vorher
ſahe/ legte ſich mit ſeiner Autoritaͤt darzwiſchen/ und
beſaͤnfftigte die Janitſcharen in ſo weit/ daß ſie zu
dieſem mahl nichts anfiengen/ dannenhero der Cor-
ſar wol ſehend/ daß ſeinethalben ſich groſſes Unheyl
entſpinnen wuͤrde/ bey Zeiten nach ſeinem Schiff
gieng/ und daſelbſt uͤber Nacht ruhete/ weil er beſor-
gete/ in der Nacht von den ergrim̃eten Tuͤrcken uͤber-
fallen und ermordet zu werden.

Jnmittelſt begegnete unſerm armen Klingenfeld
dieſen Abend etwas ſonderliches. Es war ein Schiff
auß Venedig in dem Hafen eingelauffen/ auf welchem
viel Paſſagierer an Land ſtiegen. Und wie Klingenfeld
eben vor deß Jubiliers Thuͤr ſtund/ da erblickete er zu
ſeiner hoͤchſten Freude den Hagemann/ einen Kauff-
mann/ den er/ wie zuvor beſchrieben/ in Jtalien ge-
kannt/ und ihm einen groſſen Dienſt erwieſen hatte.
Dieſem lieff er in vollem Spruͤngen entgegen/ ergriff
ſeine Hand/ und druͤckete ſie hertzlich: Ach ſeyd mir
von gantzem Hertzen willkommen/ ſprach er zu ihm/
ein ſolcher Freund/ wie ihr ſeyd/ kommet mir jetzo eben
recht. Hagemann beſtuͤrtzte ſehr/ und wuſte nicht/
mit wem er es zu thun hatte. Klingenfeld merckete
ſolches/ und ſagte: Jſt es moͤglich/ daß ihr mich nicht
mehr kennet? Jener antwortete: Das Geſicht und
Sprache iſt mir zwar etwas bekandt/ aber ein gewiſ-
ſer Zufall muß euch ziemlich veraͤndert haben/ daß ich
euch nicht recht kenne. Jch bin Klingenfeld/ ſprach
Jener/ ein Teutſcher Edelmann/ und haben wir ein-
ander in Jtalien vor nicht gar langer Zeit ſehr wol
gekannt. Hierdurch wurden dem Teutſchen Kauff-

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[999/1021] Romans II. Buch. nehmen lie ſſen/ daß ſie den Corſaren Hauptmann vom Brodt haben wolten/ es koſte auch/ was es im- mer wolle. Aber der Baſſa/ der die groſſe Inconve- nientzen/ ſo hierauß entſtehen wurden/ ſchon vorher ſahe/ legte ſich mit ſeiner Autoritaͤt darzwiſchen/ und beſaͤnfftigte die Janitſcharen in ſo weit/ daß ſie zu dieſem mahl nichts anfiengen/ dannenhero der Cor- ſar wol ſehend/ daß ſeinethalben ſich groſſes Unheyl entſpinnen wuͤrde/ bey Zeiten nach ſeinem Schiff gieng/ und daſelbſt uͤber Nacht ruhete/ weil er beſor- gete/ in der Nacht von den ergrim̃eten Tuͤrcken uͤber- fallen und ermordet zu werden. Jnmittelſt begegnete unſerm armen Klingenfeld dieſen Abend etwas ſonderliches. Es war ein Schiff auß Venedig in dem Hafen eingelauffen/ auf welchem viel Paſſagierer an Land ſtiegen. Und wie Klingenfeld eben vor deß Jubiliers Thuͤr ſtund/ da erblickete er zu ſeiner hoͤchſten Freude den Hagemann/ einen Kauff- mann/ den er/ wie zuvor beſchrieben/ in Jtalien ge- kannt/ und ihm einen groſſen Dienſt erwieſen hatte. Dieſem lieff er in vollem Spruͤngen entgegen/ ergriff ſeine Hand/ und druͤckete ſie hertzlich: Ach ſeyd mir von gantzem Hertzen willkommen/ ſprach er zu ihm/ ein ſolcher Freund/ wie ihr ſeyd/ kommet mir jetzo eben recht. Hagemann beſtuͤrtzte ſehr/ und wuſte nicht/ mit wem er es zu thun hatte. Klingenfeld merckete ſolches/ und ſagte: Jſt es moͤglich/ daß ihr mich nicht mehr kennet? Jener antwortete: Das Geſicht und Sprache iſt mir zwar etwas bekandt/ aber ein gewiſ- ſer Zufall muß euch ziemlich veraͤndert haben/ daß ich euch nicht recht kenne. Jch bin Klingenfeld/ ſprach Jener/ ein Teutſcher Edelmann/ und haben wir ein- ander in Jtalien vor nicht gar langer Zeit ſehr wol gekannt. Hierdurch wurden dem Teutſchen Kauff- mann R r r 4

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 999. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/1021>, abgerufen am 22.11.2024.