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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen

Jn den Schiffahrts-Beschreibungen der Frantzosen wer-
den die Spanier gleichfalls grosser Unbarmhertzigkeit gegen die
Frantzosen beschuldiget. Worunter diese insonderheit Tyran-
nisch gewesen/ welche dem Schiff-Hauptmann Ribald, und sei-
nen bey sich habenden Völckern/ wiederfahren/ und unter den
Relationen der Verrichtungen deß Obersten Laudonniers, wie
auch in dem neu-beschriebenen America, mit diesen Umständen
erzehlet wird: Der Frantzösische Admiral, Caspar Koligni,
(mit welchem hernach die Paristsche schändliche/ und den An-
stifftern zu unaußlöschlicher Schmach gereichende Mord-Hoch-
zeit/ den ersten Meuchel-tückischen Vor-Reigen gespielet/) wür-
ckete/ durch seine hoch-geltende Authorität bey seinem König/
Carl dem IX. so viel auß/ daß man aufs neue 2. Schiffe nach
Florida schickte/ ohnangesehen die Treulosigkeit deß Durandes die
vorhin schon angestellete Americanische Fahrten gantz un-
fruchtbar hatte gemacht. Mit solchen neu-außgerüsteten bey-
den Schiffen ward Johann Ribald durch Königl. Ordre von
Diepen auß abgefertiget/ und erlangete unter dem 30. Grad
Mitternächtigster Seiten deß Mittags-Strichs das America-
nische Vor-Gebürge S. Francisci, woselbst er einem breiten Fluß
in den Mund lieff/ und denselben Delfin benamste/ weil man all-
da überauß viel Delfinen/ oder Meer-Schweine/ fand. Auf dem
Land stunden dicke Püsche voll Maul-Beer-Bäumen/ und diese
Bäume voll spinnender Seyden-Würme.

Von hier lieff er über das Wolffs-Haupt/ welches Vor-
Gebürge darum also heisset/ weil die Jndianer allda einen
Wolff gebraten. Darnach vor der Cedren-Jnsel über/ und
dann räysete er auf Florida zu Land. Allda bauete er eine drey-
eckigte Schantze/ versahe sie mit Soldaten und Geschütz/ auch
anderm Kriegs- und Lebens-Vorrath/ und begab sich darnach
wieder nach Franckreich/ um mehr Völcker zu holen. Aber in
diesem Reich hatte der einheimische Krieg alles in Aufruhr ge-
setzet. Die Frantzosen in der neuen Schantze/ welche man nach
dem König Carl genennet/ warteten vergebens auf frische
Schiffe. Die Lebens-Mittel nahmen immer mehr und mehr
ab. Also schiene der beste Rath/ ein Fahrzeug zu bauen/ und
sich wieder darvon zu machen. Kaum hatten sie den dritten
Theil der Räyse hinter sich geleget/ da es 20. Tage lang so stille
ward/ daß sie im Geringsten nicht fortkommen kunten. Dle
Speise war auf/ ein Jeder trunck sein eigen Wasser/ und aß die
Schuhe. Ja sie nahmen auch endlich/ da auch solche Speise

man-
Deß Academiſchen

Jn den Schiffahrts-Beſchreibungen der Frantzoſen wer-
den die Spanier gleichfalls groſſer Unbarmhertzigkeit gegen die
Frantzoſen beſchuldiget. Worunter dieſe inſonderheit Tyran-
niſch geweſen/ welche dem Schiff-Hauptmann Ribald, und ſei-
nen bey ſich habenden Voͤlckern/ wiederfahren/ und unter den
Relationen der Verrichtungen deß Oberſten Laudonniers, wie
auch in dem neu-beſchriebenen America, mit dieſen Umſtaͤnden
erzehlet wird: Der Frantzoͤſiſche Admiral, Caſpar Koligni,
(mit welchem hernach die Pariſtſche ſchaͤndliche/ und den An-
ſtifftern zu unaußloͤſchlicher Schmach gereichende Mord-Hoch-
zeit/ den erſten Meuchel-tuͤckiſchen Vor-Reigen geſpielet/) wuͤr-
ckete/ durch ſeine hoch-geltende Authoritaͤt bey ſeinem Koͤnig/
Carl dem IX. ſo viel auß/ daß man aufs neue 2. Schiffe nach
Florida ſchickte/ ohnangeſehen die Treuloſigkeit deß Durandes die
vorhin ſchon angeſtellete Americaniſche Fahrten gantz un-
fruchtbar hatte gemacht. Mit ſolchen neu-außgeruͤſteten bey-
den Schiffen ward Johann Ribald durch Koͤnigl. Ordre von
Diepen auß abgefertiget/ und erlangete unter dem 30. Grad
Mitternaͤchtigſter Seiten deß Mittags-Strichs das America-
niſche Vor-Gebuͤrge S. Franciſci, woſelbſt er einem breiten Fluß
in den Mund lieff/ und denſelben Delfin benamſte/ weil man all-
da uͤberauß viel Delfinen/ oder Meer-Schweine/ fand. Auf dem
Land ſtunden dicke Puͤſche voll Maul-Beer-Baͤumen/ und dieſe
Baͤume voll ſpinnender Seyden-Wuͤrme.

Von hier lieff er uͤber das Wolffs-Haupt/ welches Vor-
Gebuͤrge darum alſo heiſſet/ weil die Jndianer allda einen
Wolff gebraten. Darnach vor der Cedren-Jnſel uͤber/ und
dann raͤyſete er auf Florida zu Land. Allda bauete er eine drey-
eckigte Schantze/ verſahe ſie mit Soldaten und Geſchuͤtz/ auch
anderm Kriegs- und Lebens-Vorrath/ und begab ſich darnach
wieder nach Franckreich/ um mehr Voͤlcker zu holen. Aber in
dieſem Reich hatte der einheimiſche Krieg alles in Aufruhr ge-
ſetzet. Die Frantzoſen in der neuen Schantze/ welche man nach
dem Koͤnig Carl genennet/ warteten vergebens auf friſche
Schiffe. Die Lebens-Mittel nahmen immer mehr und mehr
ab. Alſo ſchiene der beſte Rath/ ein Fahrzeug zu bauen/ und
ſich wieder darvon zu machen. Kaum hatten ſie den dritten
Theil der Raͤyſe hinter ſich geleget/ da es 20. Tage lang ſo ſtille
ward/ daß ſie im Geringſten nicht fortkommen kunten. Dle
Speiſe war auf/ ein Jeder trunck ſein eigen Waſſer/ und aß die
Schuhe. Ja ſie nahmen auch endlich/ da auch ſolche Speiſe

man-
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[1014/1036] Deß Academiſchen Jn den Schiffahrts-Beſchreibungen der Frantzoſen wer- den die Spanier gleichfalls groſſer Unbarmhertzigkeit gegen die Frantzoſen beſchuldiget. Worunter dieſe inſonderheit Tyran- niſch geweſen/ welche dem Schiff-Hauptmann Ribald, und ſei- nen bey ſich habenden Voͤlckern/ wiederfahren/ und unter den Relationen der Verrichtungen deß Oberſten Laudonniers, wie auch in dem neu-beſchriebenen America, mit dieſen Umſtaͤnden erzehlet wird: Der Frantzoͤſiſche Admiral, Caſpar Koligni, (mit welchem hernach die Pariſtſche ſchaͤndliche/ und den An- ſtifftern zu unaußloͤſchlicher Schmach gereichende Mord-Hoch- zeit/ den erſten Meuchel-tuͤckiſchen Vor-Reigen geſpielet/) wuͤr- ckete/ durch ſeine hoch-geltende Authoritaͤt bey ſeinem Koͤnig/ Carl dem IX. ſo viel auß/ daß man aufs neue 2. Schiffe nach Florida ſchickte/ ohnangeſehen die Treuloſigkeit deß Durandes die vorhin ſchon angeſtellete Americaniſche Fahrten gantz un- fruchtbar hatte gemacht. Mit ſolchen neu-außgeruͤſteten bey- den Schiffen ward Johann Ribald durch Koͤnigl. Ordre von Diepen auß abgefertiget/ und erlangete unter dem 30. Grad Mitternaͤchtigſter Seiten deß Mittags-Strichs das America- niſche Vor-Gebuͤrge S. Franciſci, woſelbſt er einem breiten Fluß in den Mund lieff/ und denſelben Delfin benamſte/ weil man all- da uͤberauß viel Delfinen/ oder Meer-Schweine/ fand. Auf dem Land ſtunden dicke Puͤſche voll Maul-Beer-Baͤumen/ und dieſe Baͤume voll ſpinnender Seyden-Wuͤrme. Von hier lieff er uͤber das Wolffs-Haupt/ welches Vor- Gebuͤrge darum alſo heiſſet/ weil die Jndianer allda einen Wolff gebraten. Darnach vor der Cedren-Jnſel uͤber/ und dann raͤyſete er auf Florida zu Land. Allda bauete er eine drey- eckigte Schantze/ verſahe ſie mit Soldaten und Geſchuͤtz/ auch anderm Kriegs- und Lebens-Vorrath/ und begab ſich darnach wieder nach Franckreich/ um mehr Voͤlcker zu holen. Aber in dieſem Reich hatte der einheimiſche Krieg alles in Aufruhr ge- ſetzet. Die Frantzoſen in der neuen Schantze/ welche man nach dem Koͤnig Carl genennet/ warteten vergebens auf friſche Schiffe. Die Lebens-Mittel nahmen immer mehr und mehr ab. Alſo ſchiene der beſte Rath/ ein Fahrzeug zu bauen/ und ſich wieder darvon zu machen. Kaum hatten ſie den dritten Theil der Raͤyſe hinter ſich geleget/ da es 20. Tage lang ſo ſtille ward/ daß ſie im Geringſten nicht fortkommen kunten. Dle Speiſe war auf/ ein Jeder trunck ſein eigen Waſſer/ und aß die Schuhe. Ja ſie nahmen auch endlich/ da auch ſolche Speiſe man-

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 1014. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/1036>, abgerufen am 22.11.2024.