Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Deß Academischen ses Belieben an ihnen hatten/ manche Flasche mitWein bekamen/ welche sie in aller Freude verzehreten. Einsmals/ als der Wirth/ welcher nun mit seinen Leu- ten wol stunde/ samt der Frauen auf den Garten vor die Stadt hinauß gangen war/ sahe Troll durchs Mauer-Loch 2. kleine Kahnen mit Bauern daher ru- dern/ und hatten sie ihre Schifflein mit Gersten für die Maul-Esel beladen. Er lieff hinunter/ entlehnete von der Magd/ die es mit ihm hielte/ weil er ihr biß- weilen ein Schlürffgen Brandtewein mittheilete/ ei- ne blaue Schürtze/ gieng wie ein Haußknecht zu den Bauren/ nächst bey dem Gefangen-Hauß am Was- ser/ und nachdem er seine Kette hoch aufgezogen/ daß man nicht das Geringste darvon sehen kunte/ accor- dirte er mit ihnen/ und kauffte ihnen alle Gersten ab/ die Bauern waren froh/ daß sie so bald ihrer Waare loß worden/ luden die Waare in Säcke/ und trugen sie auf den höchsten Boden/ daß ihnen der Schweiß darbey rechtschaffen außbrach. Einer halff dem an- dern/ und als sie ihre Gersten unter einander auf ei- nen Hauffen außgeschüttet/ fragten sie im Hauß/ wer ihnen das Geld für ihre Gersten bezahlen solte? Der Wirth war zu allem Glück heimkommen/ zu welchem sie von der Magd gewiesen wurden. Dieser verwun- derte sich/ und ob er gleich bald merckete/ daß seine lustige Gäste diesen Handel angestifftet/ sprach er doch zu den Bauren: Jhr gute Freunde sehet wol/ daß ich gleich jetzo ins Hauß trette/ suchet aber/ wer euch die Gersten abgekauffet/ der mag euch solche be- zahlen/ dann ich brauche dieses Geträyde nicht/ weil die Gefangenen sich nicht mit Gersten-Brodt abspei- sen lassen/ so habe ich auch keine Maul-Esel/ denen ich solche vorsetzen könte. Die Bauren kratzeten die Köpffe/ und bathen den Wirth/ er möchte mit ihnen zu den
Deß Academiſchen ſes Belieben an ihnen hatten/ manche Flaſche mitWein bekamen/ welche ſie in aller Freude verzehreten. Einsmals/ als der Wirth/ welcher nun mit ſeinen Leu- ten wol ſtunde/ ſamt der Frauen auf den Garten vor die Stadt hinauß gangen war/ ſahe Troll durchs Mauer-Loch 2. kleine Kahnen mit Bauern daher ru- dern/ und hatten ſie ihre Schifflein mit Gerſten fuͤr die Maul-Eſel beladen. Er lieff hinunter/ entlehnete von der Magd/ die es mit ihm hielte/ weil er ihr biß- weilen ein Schluͤrffgen Brandtewein mittheilete/ ei- ne blaue Schuͤrtze/ gieng wie ein Haußknecht zu den Bauren/ naͤchſt bey dem Gefangen-Hauß am Waſ- ſer/ und nachdem er ſeine Kette hoch aufgezogen/ daß man nicht das Geringſte darvon ſehen kunte/ accor- dirte er mit ihnen/ und kauffte ihnen alle Gerſten ab/ die Bauern waren froh/ daß ſie ſo bald ihrer Waare loß worden/ luden die Waare in Saͤcke/ und trugen ſie auf den hoͤchſten Boden/ daß ihnen der Schweiß darbey rechtſchaffen außbrach. Einer halff dem an- dern/ und als ſie ihre Gerſten unter einander auf ei- nen Hauffen außgeſchuͤttet/ fragten ſie im Hauß/ wer ihnen das Geld fuͤr ihre Gerſten bezahlen ſolte? Der Wirth war zu allem Gluͤck heimkom̃en/ zu welchem ſie von der Magd gewieſen wurden. Dieſer verwun- derte ſich/ und ob er gleich bald merckete/ daß ſeine luſtige Gaͤſte dieſen Handel angeſtifftet/ ſprach er doch zu den Bauren: Jhr gute Freunde ſehet wol/ daß ich gleich jetzo ins Hauß trette/ ſuchet aber/ wer euch die Gerſten abgekauffet/ der mag euch ſolche be- zahlen/ dann ich brauche dieſes Getraͤyde nicht/ weil die Gefangenen ſich nicht mit Gerſten-Brodt abſpei- ſen laſſen/ ſo habe ich auch keine Maul-Eſel/ denen ich ſolche vorſetzen koͤnte. Die Bauren kratzeten die Koͤpffe/ und bathen den Wirth/ er moͤchte mit ihnen zu den
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Deß Academiſchen
ſes Belieben an ihnen hatten/ manche Flaſche mit
Wein bekamen/ welche ſie in aller Freude verzehreten.
Einsmals/ als der Wirth/ welcher nun mit ſeinen Leu-
ten wol ſtunde/ ſamt der Frauen auf den Garten vor
die Stadt hinauß gangen war/ ſahe Troll durchs
Mauer-Loch 2. kleine Kahnen mit Bauern daher ru-
dern/ und hatten ſie ihre Schifflein mit Gerſten fuͤr
die Maul-Eſel beladen. Er lieff hinunter/ entlehnete
von der Magd/ die es mit ihm hielte/ weil er ihr biß-
weilen ein Schluͤrffgen Brandtewein mittheilete/ ei-
ne blaue Schuͤrtze/ gieng wie ein Haußknecht zu den
Bauren/ naͤchſt bey dem Gefangen-Hauß am Waſ-
ſer/ und nachdem er ſeine Kette hoch aufgezogen/ daß
man nicht das Geringſte darvon ſehen kunte/ accor-
dirte er mit ihnen/ und kauffte ihnen alle Gerſten ab/
die Bauern waren froh/ daß ſie ſo bald ihrer Waare
loß worden/ luden die Waare in Saͤcke/ und trugen
ſie auf den hoͤchſten Boden/ daß ihnen der Schweiß
darbey rechtſchaffen außbrach. Einer halff dem an-
dern/ und als ſie ihre Gerſten unter einander auf ei-
nen Hauffen außgeſchuͤttet/ fragten ſie im Hauß/ wer
ihnen das Geld fuͤr ihre Gerſten bezahlen ſolte? Der
Wirth war zu allem Gluͤck heimkom̃en/ zu welchem
ſie von der Magd gewieſen wurden. Dieſer verwun-
derte ſich/ und ob er gleich bald merckete/ daß ſeine
luſtige Gaͤſte dieſen Handel angeſtifftet/ ſprach er
doch zu den Bauren: Jhr gute Freunde ſehet wol/
daß ich gleich jetzo ins Hauß trette/ ſuchet aber/ wer
euch die Gerſten abgekauffet/ der mag euch ſolche be-
zahlen/ dann ich brauche dieſes Getraͤyde nicht/ weil
die Gefangenen ſich nicht mit Gerſten-Brodt abſpei-
ſen laſſen/ ſo habe ich auch keine Maul-Eſel/ denen
ich ſolche vorſetzen koͤnte. Die Bauren kratzeten die
Koͤpffe/ und bathen den Wirth/ er moͤchte mit ihnen
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