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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
der Exempel von einem Studenten erzehlen/ der sich
an seiner betrüglichen Buhlschafft dergestalt gero-
chen hat/ daß ein Jeder erkennen müssen/ es wäre eine
Thorheit/ wo man sich an einem spitzfündigen Stu-
denten vergreiffe. Der Podesta gab zu verstehen/ daß
ihm ein solches lieb seyn solte zu vernehmen/ solchem
nach setzeten sie sich in eine Schatten-reiche Laube
nieder/ und nachdem der Gouverneur ein gutes Früh-
stück/ samt einem guten Trunck Weins/ holen las-
sen/ darvon die Gesellschafft zu sich nahm/ da ließ sich
Klingenfeld in folgenden Discurs herauß:

Es hat sich mit einem Studenten/ und einer
unkeuschen Buhlerin/ ein artiger Streich begeben/
aber nicht an einem solchem Ort/ da eine Academie
selber ist/ sondern gantz an einem andern/ aber diese
Sache ist list- und lustig angefangen/ derowegen kan
ich sie ungemeldet nicht lassen. Marsilien ist eine be-
kandte und berühmte Kauff- und See-Stadt/ in der
Frantzösischen Landschafft/ welche vor allen andern
den Namen einer Provintz zu sonderbahrem Vor-
theil führet. Diesen berühmten Ort zu sehen/ begab
sich ein gelehrter Student auß der Schweitz dahin/
der sich zu Montpelliers in Langedoc, und anderweit/
schöne manche liebe Jahre auf die freye Künsten gele-
get/ und weil er ein sonderbahrer Liebhaher der Astro-
nomie,
und solcher Wissenschafften/ die damit einige
Gemeinschafft haben/ als der Stellung der Nativi-
t
äten/ der Chiromantie, der Geomantie, der Meta-
poscopie,
der Uranoscopie, &c. hat er es bey verschie-
denen Meistern auf denen Academien/ die er besuchet
hat/ durch seinen Fleiß dahin gebracht/ daß er unge-
meine Dinge auß der Natur zu sagen wuste/ und
bey dem gemeinen Mann für einen Negromanticum,
bey den verständigen Leuten aber für einen hochge-

lehrten

Deß Academiſchen
der Exempel von einem Studenten erzehlen/ der ſich
an ſeiner betruͤglichen Buhlſchafft dergeſtalt gero-
chen hat/ daß ein Jeder erkennen muͤſſen/ es waͤre eine
Thorheit/ wo man ſich an einem ſpitzfuͤndigen Stu-
denten vergreiffe. Der Podeſtà gab zu verſtehen/ daß
ihm ein ſolches lieb ſeyn ſolte zu vernehmen/ ſolchem
nach ſetzeten ſie ſich in eine Schatten-reiche Laube
nieder/ und nachdem der Gouverneur ein gutes Fruͤh-
ſtuͤck/ ſamt einem guten Trunck Weins/ holen laſ-
ſen/ darvon die Geſellſchafft zu ſich nahm/ da ließ ſich
Klingenfeld in folgenden Diſcurs herauß:

Es hat ſich mit einem Studenten/ und einer
unkeuſchen Buhlerin/ ein artiger Streich begeben/
aber nicht an einem ſolchem Ort/ da eine Academie
ſelber iſt/ ſondern gantz an einem andern/ aber dieſe
Sache iſt liſt- und luſtig angefangen/ derowegen kan
ich ſie ungemeldet nicht laſſen. Marſilien iſt eine be-
kandte und beruͤhmte Kauff- und See-Stadt/ in der
Frantzoͤſiſchen Landſchafft/ welche vor allen andern
den Namen einer Provintz zu ſonderbahrem Vor-
theil fuͤhret. Dieſen beruͤhmten Ort zu ſehen/ begab
ſich ein gelehrter Student auß der Schweitz dahin/
der ſich zu Montpelliers in Langedoc, und anderweit/
ſchoͤne manche liebe Jahre auf die freye Kuͤnſten gele-
get/ und weil er ein ſonderbahrer Liebhaher der Aſtro-
nomie,
und ſolcher Wiſſenſchafften/ die damit einige
Gemeinſchafft haben/ als der Stellung der Nativi-
t
aͤten/ der Chiromantie, der Geomantie, der Meta-
poſcopie,
der Uranoſcopie, &c. hat er es bey verſchie-
denen Meiſtern auf denen Academien/ die er beſuchet
hat/ durch ſeinen Fleiß dahin gebracht/ daß er unge-
meine Dinge auß der Natur zu ſagen wuſte/ und
bey dem gemeinen Mann fuͤr einen Negromanticum,
bey den verſtaͤndigen Leuten aber fuͤr einen hochge-

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[326/0340] Deß Academiſchen der Exempel von einem Studenten erzehlen/ der ſich an ſeiner betruͤglichen Buhlſchafft dergeſtalt gero- chen hat/ daß ein Jeder erkennen muͤſſen/ es waͤre eine Thorheit/ wo man ſich an einem ſpitzfuͤndigen Stu- denten vergreiffe. Der Podeſtà gab zu verſtehen/ daß ihm ein ſolches lieb ſeyn ſolte zu vernehmen/ ſolchem nach ſetzeten ſie ſich in eine Schatten-reiche Laube nieder/ und nachdem der Gouverneur ein gutes Fruͤh- ſtuͤck/ ſamt einem guten Trunck Weins/ holen laſ- ſen/ darvon die Geſellſchafft zu ſich nahm/ da ließ ſich Klingenfeld in folgenden Diſcurs herauß: Es hat ſich mit einem Studenten/ und einer unkeuſchen Buhlerin/ ein artiger Streich begeben/ aber nicht an einem ſolchem Ort/ da eine Academie ſelber iſt/ ſondern gantz an einem andern/ aber dieſe Sache iſt liſt- und luſtig angefangen/ derowegen kan ich ſie ungemeldet nicht laſſen. Marſilien iſt eine be- kandte und beruͤhmte Kauff- und See-Stadt/ in der Frantzoͤſiſchen Landſchafft/ welche vor allen andern den Namen einer Provintz zu ſonderbahrem Vor- theil fuͤhret. Dieſen beruͤhmten Ort zu ſehen/ begab ſich ein gelehrter Student auß der Schweitz dahin/ der ſich zu Montpelliers in Langedoc, und anderweit/ ſchoͤne manche liebe Jahre auf die freye Kuͤnſten gele- get/ und weil er ein ſonderbahrer Liebhaher der Aſtro- nomie, und ſolcher Wiſſenſchafften/ die damit einige Gemeinſchafft haben/ als der Stellung der Nativi- taͤten/ der Chiromantie, der Geomantie, der Meta- poſcopie, der Uranoſcopie, &c. hat er es bey verſchie- denen Meiſtern auf denen Academien/ die er beſuchet hat/ durch ſeinen Fleiß dahin gebracht/ daß er unge- meine Dinge auß der Natur zu ſagen wuſte/ und bey dem gemeinen Mann fuͤr einen Negromanticum, bey den verſtaͤndigen Leuten aber fuͤr einen hochge- lehrten

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/340>, abgerufen am 22.11.2024.