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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.
von ihm/ verfügete sich auch hinauf zu ihrem Jaques,
da sie deß vermeynten Narren von neuem sich recht-
schaffen zerlacheten/ sie sahen ihm eine Weile zu/ wie
er bald gerad auß vor sich/ bald in einem Cräyß her-
um/ bald zur Seiten auß/ im Hof umher lieff/ wie er/
nach der Bauern Weise/ die Arme an den Leib schlän-
gerte/ und allerhand Grimmassen machte/ um sich zu
erwärmen. Endlich aber/ als sie deß Stehens müde/
die Zeit auch schon über 2. Stunden nach Mitter-
nacht verstrichen war/ da legeten sie sich mit einander
abermahl zu Bette/ und nachdem sie das Jenige ge-
than/ was sie gewolt/ und gekönt/ schlieffen sie neben
einander ein. Die Magd aber hatte Ordre von ih-
rer Frauen/ den verliebten Studenten nicht auß dem
Hof zu lassen/ solte er auch Mauß-todt frieren/ sol-
ches alles thäte sie ihrem Hertz-allerliebsten Jaques zu
Gefallen/ damit derselbe sehen und erkennen möchte/
wie starck sie an ihm hienge.

Hertod wanderte unterdessen stäts auf und ab/
ward aber vom Schlaff und Frost dergestalt gemar-
tert/ daß er/ wie nach der Zeit weder die Magd/ noch
die Frau/ wieder zum Vorschein kam/ ihnen Beyden
alles Unglück wünschete. Er hielte sich in stäter Be-
wegung/ und hätte er sich nur ein wenig zur Ruhe be-
geben/ so hätte ihn ein sanffter Schlaff/ und bald dar-
auf ein gewisser/ aber unempfindlicher Tod/ im Hof
überwältiget. Solchem nach wandelte er ohnauf-
hörlich in dem verschlossenen Hof auf und nieder/
und suchte allenthalben/ ob er irgend eine Thüre fin-
den möchte/ herauß zu kommen/ aber die Mauer war
allenthalben zu hoch/ und darinn weder ein Loch/ noch
einige Thüre zu finden/ daß er also in diesem Kercker
sich enthalten muste/ biß die Morgen-Stunde ihm
seine Erlösung herbey bringen möchte. Endlich brach

die

Romans I. Buch.
von ihm/ verfuͤgete ſich auch hinauf zu ihrem Jaques,
da ſie deß vermeynten Narren von neuem ſich recht-
ſchaffen zerlacheten/ ſie ſahen ihm eine Weile zu/ wie
er bald gerad auß vor ſich/ bald in einem Craͤyß her-
um/ bald zur Seiten auß/ im Hof umher lieff/ wie er/
nach der Bauern Weiſe/ die Arme an den Leib ſchlaͤn-
gerte/ und allerhand Grimmaſſen machte/ um ſich zu
erwaͤrmen. Endlich aber/ als ſie deß Stehens muͤde/
die Zeit auch ſchon uͤber 2. Stunden nach Mitter-
nacht verſtrichen war/ da legeten ſie ſich mit einander
abermahl zu Bette/ und nachdem ſie das Jenige ge-
than/ was ſie gewolt/ und gekoͤnt/ ſchlieffen ſie neben
einander ein. Die Magd aber hatte Ordre von ih-
rer Frauen/ den verliebten Studenten nicht auß dem
Hof zu laſſen/ ſolte er auch Mauß-todt frieren/ ſol-
ches alles thaͤte ſie ihrem Hertz-allerliebſten Jaques zu
Gefallen/ damit derſelbe ſehen und erkennen moͤchte/
wie ſtarck ſie an ihm hienge.

Hertod wanderte unterdeſſen ſtaͤts auf und ab/
ward aber vom Schlaff und Froſt dergeſtalt gemar-
tert/ daß er/ wie nach der Zeit weder die Magd/ noch
die Frau/ wieder zum Vorſchein kam/ ihnen Beyden
alles Ungluͤck wuͤnſchete. Er hielte ſich in ſtaͤter Be-
wegung/ und haͤtte er ſich nur ein wenig zur Ruhe be-
geben/ ſo haͤtte ihn ein ſanffter Schlaff/ und bald dar-
auf ein gewiſſer/ aber unempfindlicher Tod/ im Hof
uͤberwaͤltiget. Solchem nach wandelte er ohnauf-
hoͤrlich in dem verſchloſſenen Hof auf und nieder/
und ſuchte allenthalben/ ob er irgend eine Thuͤre fin-
den moͤchte/ herauß zu kommen/ aber die Mauer war
allenthalben zu hoch/ und darinn weder ein Loch/ noch
einige Thuͤre zu finden/ daß er alſo in dieſem Kercker
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ſeine Erloͤſung herbey bringen moͤchte. Endlich brach

die
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[335/0349] Romans I. Buch. von ihm/ verfuͤgete ſich auch hinauf zu ihrem Jaques, da ſie deß vermeynten Narren von neuem ſich recht- ſchaffen zerlacheten/ ſie ſahen ihm eine Weile zu/ wie er bald gerad auß vor ſich/ bald in einem Craͤyß her- um/ bald zur Seiten auß/ im Hof umher lieff/ wie er/ nach der Bauern Weiſe/ die Arme an den Leib ſchlaͤn- gerte/ und allerhand Grimmaſſen machte/ um ſich zu erwaͤrmen. Endlich aber/ als ſie deß Stehens muͤde/ die Zeit auch ſchon uͤber 2. Stunden nach Mitter- nacht verſtrichen war/ da legeten ſie ſich mit einander abermahl zu Bette/ und nachdem ſie das Jenige ge- than/ was ſie gewolt/ und gekoͤnt/ ſchlieffen ſie neben einander ein. Die Magd aber hatte Ordre von ih- rer Frauen/ den verliebten Studenten nicht auß dem Hof zu laſſen/ ſolte er auch Mauß-todt frieren/ ſol- ches alles thaͤte ſie ihrem Hertz-allerliebſten Jaques zu Gefallen/ damit derſelbe ſehen und erkennen moͤchte/ wie ſtarck ſie an ihm hienge. Hertod wanderte unterdeſſen ſtaͤts auf und ab/ ward aber vom Schlaff und Froſt dergeſtalt gemar- tert/ daß er/ wie nach der Zeit weder die Magd/ noch die Frau/ wieder zum Vorſchein kam/ ihnen Beyden alles Ungluͤck wuͤnſchete. Er hielte ſich in ſtaͤter Be- wegung/ und haͤtte er ſich nur ein wenig zur Ruhe be- geben/ ſo haͤtte ihn ein ſanffter Schlaff/ und bald dar- auf ein gewiſſer/ aber unempfindlicher Tod/ im Hof uͤberwaͤltiget. Solchem nach wandelte er ohnauf- hoͤrlich in dem verſchloſſenen Hof auf und nieder/ und ſuchte allenthalben/ ob er irgend eine Thuͤre fin- den moͤchte/ herauß zu kommen/ aber die Mauer war allenthalben zu hoch/ und darinn weder ein Loch/ noch einige Thuͤre zu finden/ daß er alſo in dieſem Kercker ſich enthalten muſte/ biß die Morgen-Stunde ihm ſeine Erloͤſung herbey bringen moͤchte. Endlich brach die

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/349>, abgerufen am 22.11.2024.