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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
bathe/ man möchte ihn das Carcer für einen Ducaten
redimiren lassen/ weil er sich fürchtete/ allein darein
zu sitzen; Aber der Rector bestund darauf/ er müsse
ins Carcer gehen. Eure Magnificentz/ replicirte dieser/
hören ja wol/ daß ich ohnmöglich ins Carcer gehen
kan/ darum wil ich es redimiren/ oder abkauffen. Der
Magnificus meynete/ dieses sey ihm zu nahe gespro-
chen/ bliebe demnach darbey/ daß er nothwendig ins
Carcer gehen müste/ und wäre von keiner Redemption
zu gedencken. Wolan/ sprach der Baron, so gehe ich
auch nicht ins Carcer, dann ich kan nicht in ein Stinck-
Loch kriechen. So werden wir euch relegiren/ fuhr
der Rector im Zorn herauß. Gut/ gut! verfolgete der
Baron, das gilt mir gleiche viel/ so gehe ich nicht ins
Carcer, und ihr bekommt keinen Ducaten. Es gilt mir
gleiche viel/ ob ihr mich relegiret/ oder nicht/ wo mein
Beutel aufgehet/ da rauchet meine Küche. Jch bin zu
Jena vor 14. Tagen auch relegiret/ aber ich lache der
Possen. Jch gedencke hier keine Promotion, noch Pro-
fession,
zu suchen/ Adjeu, Herr Rector. Hiermit setzete
er den Hut auf/ und gieng seines Weges. Zog auch
am folgenden Tag wieder fort. Es gereuete den
Rector, daß er dem Menschen also hart begegnet/ viel-
mehr aber der Ducaten/ den er hätte erhaschen mö-
gen. Aber der Baron war weg/ und blieb weg/ dan-
nenhero ihm der Rector zur Revenge eine Relegation
nachsandte/ dessen der Baron lachete/ und deß Rectoris
nur spottete. Dann er achtete keiner Relegation im
Allergeringsten nicht/ sondern dachte/ gantz Europa
stünde vor ihn offen.

Eine nachdenckliche Schlägerey hat sich A. 1677.
im Frühling zu Leipzig begeben/ deren ich annoch ge-
dencken muß. Daselbst studirte ein Churländischer
Baron, von Meydel genannt/ ein sehr reicher Mensch/

der

Deß Academiſchen
bathe/ man moͤchte ihn das Carcer fuͤr einen Ducaten
redimiren laſſen/ weil er ſich fuͤrchtete/ allein darein
zu ſitzen; Aber der Rector beſtund darauf/ er muͤſſe
ins Carcer gehen. Eure Magnificentz/ replicirte dieſer/
hoͤren ja wol/ daß ich ohnmoͤglich ins Carcer gehen
kan/ darum wil ich es redimiren/ oder abkauffen. Der
Magnificus meynete/ dieſes ſey ihm zu nahe geſpro-
chen/ bliebe demnach darbey/ daß er nothwendig ins
Carcer gehen muͤſte/ und waͤre von keiner Redemption
zu gedencken. Wolan/ ſprach der Baron, ſo gehe ich
auch nicht ins Carcer, dañ ich kan nicht in ein Stinck-
Loch kriechen. So werden wir euch relegiren/ fuhr
der Rector im Zorn herauß. Gut/ gut! verfolgete der
Baron, das gilt mir gleiche viel/ ſo gehe ich nicht ins
Carcer, und ihr bekommt keinen Ducaten. Es gilt mir
gleiche viel/ ob ihr mich relegiret/ oder nicht/ wo mein
Beutel aufgehet/ da rauchet meine Kuͤche. Jch bin zu
Jena vor 14. Tagen auch relegiret/ aber ich lache der
Poſſen. Jch gedencke hier keine Promotion, noch Pro-
feſſion,
zu ſuchen/ Adjeu, Herꝛ Rector. Hiermit ſetzete
er den Hut auf/ und gieng ſeines Weges. Zog auch
am folgenden Tag wieder fort. Es gereuete den
Rector, daß er dem Menſchen alſo hart begegnet/ viel-
mehr aber der Ducaten/ den er haͤtte erhaſchen moͤ-
gen. Aber der Baron war weg/ und blieb weg/ dan-
nenhero ihm der Rector zur Revenge eine Relegation
nachſandte/ deſſen der Baron lachete/ und deß Rectoris
nur ſpottete. Dann er achtete keiner Relegation im
Allergeringſten nicht/ ſondern dachte/ gantz Europa
ſtuͤnde vor ihn offen.

Eine nachdenckliche Schlaͤgerey hat ſich A. 1677.
im Fruͤhling zu Leipzig begeben/ deren ich annoch ge-
dencken muß. Daſelbſt ſtudirte ein Churlaͤndiſcher
Baron, von Meydel genannt/ ein ſehr reicher Menſch/

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[366/0380] Deß Academiſchen bathe/ man moͤchte ihn das Carcer fuͤr einen Ducaten redimiren laſſen/ weil er ſich fuͤrchtete/ allein darein zu ſitzen; Aber der Rector beſtund darauf/ er muͤſſe ins Carcer gehen. Eure Magnificentz/ replicirte dieſer/ hoͤren ja wol/ daß ich ohnmoͤglich ins Carcer gehen kan/ darum wil ich es redimiren/ oder abkauffen. Der Magnificus meynete/ dieſes ſey ihm zu nahe geſpro- chen/ bliebe demnach darbey/ daß er nothwendig ins Carcer gehen muͤſte/ und waͤre von keiner Redemption zu gedencken. Wolan/ ſprach der Baron, ſo gehe ich auch nicht ins Carcer, dañ ich kan nicht in ein Stinck- Loch kriechen. So werden wir euch relegiren/ fuhr der Rector im Zorn herauß. Gut/ gut! verfolgete der Baron, das gilt mir gleiche viel/ ſo gehe ich nicht ins Carcer, und ihr bekommt keinen Ducaten. Es gilt mir gleiche viel/ ob ihr mich relegiret/ oder nicht/ wo mein Beutel aufgehet/ da rauchet meine Kuͤche. Jch bin zu Jena vor 14. Tagen auch relegiret/ aber ich lache der Poſſen. Jch gedencke hier keine Promotion, noch Pro- feſſion, zu ſuchen/ Adjeu, Herꝛ Rector. Hiermit ſetzete er den Hut auf/ und gieng ſeines Weges. Zog auch am folgenden Tag wieder fort. Es gereuete den Rector, daß er dem Menſchen alſo hart begegnet/ viel- mehr aber der Ducaten/ den er haͤtte erhaſchen moͤ- gen. Aber der Baron war weg/ und blieb weg/ dan- nenhero ihm der Rector zur Revenge eine Relegation nachſandte/ deſſen der Baron lachete/ und deß Rectoris nur ſpottete. Dann er achtete keiner Relegation im Allergeringſten nicht/ ſondern dachte/ gantz Europa ſtuͤnde vor ihn offen. Eine nachdenckliche Schlaͤgerey hat ſich A. 1677. im Fruͤhling zu Leipzig begeben/ deren ich annoch ge- dencken muß. Daſelbſt ſtudirte ein Churlaͤndiſcher Baron, von Meydel genannt/ ein ſehr reicher Menſch/ der

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/380>, abgerufen am 22.11.2024.