Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Deß Academischen stück vorher hatte ungesperret gelassen. Nachdemaber ein Jeder das Seinige zu sich genommen/ nö- thigte der Podesta seine Gäste zum Trunck/ und weil keiner darvon sonderlichen Lust hierzu bezeugete/ raunete Contarini seinem Vatter etwas heimliches ins Ohr/ darauf dieser Ursach nahm/ den Printzen folgender Massen anzureden: Mein Printz/ ich habe viel gehöret/ von dem grossen Streit/ der zwischen eurem Fürstl. Haufe de Tursis und dem Printzen von Trepalda eine geraume Zeit geschwebet/ habe aber so viel unterschiedliche Relationes, ja gar widerwärtige Erzehlungen darvon vernommen/ daß ich zweiffele/ ob ich hinter den rechten Verlauff jemahlen gekom- men bin/ dafern es demnach euch nicht zuwider/ wür- de ich euch gebührlich ersuchen/ nicht allein mir/ son- dern der gantzen Gesellschafft den hohen Gefallen zu erweisen/ und uns dieser Sache wegen gründlich zu informiren. Der Printz entschuldigte sich/ daß er von dieser Sache nichts hören/ viel weniger reden möch- te/ und als Klingenfeld denselben daran erinnerte/ daß er zu Mantua, da man in einem Discurs ohngefähr auf die Stadt Neapolis kommen/ etliche tieff-geholte Seuffzer fliegen lassen/ welche ausser allen Zweiffel auß dieser Differentz ihren Ursprung genommen/ als lag er ihm gleichfalls an/ den Podesta und übrige an- wesende gute Freunde mit Erzehl- und Beschreibung dieser denckwürdigen Sache dieses mahl zu diverti- ren. Es zuckete aber der Printz die Schulter/ und gab dardurch gnugsam zu verstehen/ daß man etwas an ihn begehrete/ das ihm von Hertzen zuwider wäre/ dannenhero wil ich ihn dieser Mühe überheben/ und soll meine Feder statt seiner Zungen diese Erzehlung über sich nehmen/ allermassen ohne dem viel darinn enthalten/ dessen Erzehlung ein Adeliches Gemüth sich mit allem Fug entschütten möchte. So
Deß Academiſchen ſtuͤck vorher hatte ungeſperret gelaſſen. Nachdemaber ein Jeder das Seinige zu ſich genommen/ noͤ- thigte der Podeſtà ſeine Gaͤſte zum Trunck/ und weil keiner darvon ſonderlichen Luſt hierzu bezeugete/ raunete Contarini ſeinem Vatter etwas heimliches ins Ohr/ darauf dieſer Urſach nahm/ den Printzen folgender Maſſen anzureden: Mein Printz/ ich habe viel gehoͤret/ von dem groſſen Streit/ der zwiſchen eurem Fuͤrſtl. Haufe de Turſis und dem Printzen von Trepalda eine geraume Zeit geſchwebet/ habe aber ſo viel unterſchiedliche Relationes, ja gar widerwaͤrtige Erzehlungen darvon vernommen/ daß ich zweiffele/ ob ich hinter den rechten Verlauff jemahlen gekom- men bin/ dafern es demnach euch nicht zuwider/ wuͤr- de ich euch gebuͤhrlich erſuchen/ nicht allein mir/ ſon- dern der gantzen Geſellſchafft den hohen Gefallen zu erweiſen/ und uns dieſer Sache wegen gruͤndlich zu informiren. Der Printz entſchuldigte ſich/ daß er von dieſer Sache nichts hoͤren/ viel weniger reden moͤch- te/ und als Klingenfeld denſelben daran erinnerte/ daß er zu Mantua, da man in einem Diſcurs ohngefaͤhr auf die Stadt Neapolis kommen/ etliche tieff-geholte Seuffzer fliegen laſſen/ welche auſſer allen Zweiffel auß dieſer Differentz ihren Urſprung genommen/ als lag er ihm gleichfalls an/ den Podeſtà und uͤbrige an- weſende gute Freunde mit Erzehl- und Beſchreibung dieſer denckwuͤrdigen Sache dieſes mahl zu diverti- ren. Es zuckete aber der Printz die Schulter/ und gab dardurch gnugſam zu verſtehen/ daß man etwas an ihn begehrete/ das ihm von Hertzen zuwider waͤre/ dannenhero wil ich ihn dieſer Muͤhe uͤberheben/ und ſoll meine Feder ſtatt ſeiner Zungen dieſe Erzehlung uͤber ſich nehmen/ allermaſſen ohne dem viel darinn enthalten/ deſſen Erzehlung ein Adeliches Gemuͤth ſich mit allem Fug entſchuͤtten moͤchte. So
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0410" n="396"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß <hi rendition="#aq">Academi</hi>ſchen</hi></fw><lb/> ſtuͤck vorher hatte ungeſperret gelaſſen. Nachdem<lb/> aber ein Jeder das Seinige zu ſich genommen/ noͤ-<lb/> thigte der <hi rendition="#aq">Podeſtà</hi> ſeine Gaͤſte zum Trunck/ und weil<lb/> keiner darvon ſonderlichen Luſt hierzu bezeugete/<lb/> raunete <hi rendition="#aq">Contarini</hi> ſeinem Vatter etwas heimliches<lb/> ins Ohr/ darauf dieſer Urſach nahm/ den Printzen<lb/> folgender Maſſen anzureden: Mein Printz/ ich habe<lb/> viel gehoͤret/ von dem groſſen Streit/ der zwiſchen<lb/> eurem Fuͤrſtl. Haufe <hi rendition="#aq">de Turſis</hi> und dem Printzen von<lb/><hi rendition="#aq">Trepalda</hi> eine geraume Zeit geſchwebet/ habe aber ſo<lb/> viel unterſchiedliche <hi rendition="#aq">Relationes,</hi> ja gar widerwaͤrtige<lb/> Erzehlungen darvon vernommen/ daß ich zweiffele/<lb/> ob ich hinter den rechten Verlauff jemahlen gekom-<lb/> men bin/ dafern es demnach euch nicht zuwider/ wuͤr-<lb/> de ich euch gebuͤhrlich erſuchen/ nicht allein mir/ ſon-<lb/> dern der gantzen Geſellſchafft den hohen Gefallen zu<lb/> erweiſen/ und uns dieſer Sache wegen gruͤndlich zu<lb/><hi rendition="#aq">informi</hi>ren. Der Printz entſchuldigte ſich/ daß er von<lb/> dieſer Sache nichts hoͤren/ viel weniger reden moͤch-<lb/> te/ und als Klingenfeld denſelben daran erinnerte/<lb/> daß er zu <hi rendition="#aq">Mantua,</hi> da man in einem <hi rendition="#aq">Diſcurs</hi> ohngefaͤhr<lb/> auf die Stadt <hi rendition="#aq">Neapolis</hi> kommen/ etliche tieff-geholte<lb/> Seuffzer fliegen laſſen/ welche auſſer allen Zweiffel<lb/> auß dieſer <hi rendition="#aq">Differen</hi>tz ihren Urſprung genommen/ als<lb/> lag er ihm gleichfalls an/ den <hi rendition="#aq">Podeſtà</hi> und uͤbrige an-<lb/> weſende gute Freunde mit Erzehl- und Beſchreibung<lb/> dieſer denckwuͤrdigen Sache dieſes mahl zu <hi rendition="#aq">diverti-</hi><lb/> ren. Es zuckete aber der Printz die Schulter/ und gab<lb/> dardurch gnugſam zu verſtehen/ daß man etwas an<lb/> ihn begehrete/ das ihm von Hertzen zuwider waͤre/<lb/> dannenhero wil ich ihn dieſer Muͤhe uͤberheben/ und<lb/> ſoll meine Feder ſtatt ſeiner Zungen dieſe Erzehlung<lb/> uͤber ſich nehmen/ allermaſſen ohne dem viel darinn<lb/> enthalten/ deſſen Erzehlung ein Adeliches Gemuͤth<lb/> ſich mit allem Fug entſchuͤtten moͤchte.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [396/0410]
Deß Academiſchen
ſtuͤck vorher hatte ungeſperret gelaſſen. Nachdem
aber ein Jeder das Seinige zu ſich genommen/ noͤ-
thigte der Podeſtà ſeine Gaͤſte zum Trunck/ und weil
keiner darvon ſonderlichen Luſt hierzu bezeugete/
raunete Contarini ſeinem Vatter etwas heimliches
ins Ohr/ darauf dieſer Urſach nahm/ den Printzen
folgender Maſſen anzureden: Mein Printz/ ich habe
viel gehoͤret/ von dem groſſen Streit/ der zwiſchen
eurem Fuͤrſtl. Haufe de Turſis und dem Printzen von
Trepalda eine geraume Zeit geſchwebet/ habe aber ſo
viel unterſchiedliche Relationes, ja gar widerwaͤrtige
Erzehlungen darvon vernommen/ daß ich zweiffele/
ob ich hinter den rechten Verlauff jemahlen gekom-
men bin/ dafern es demnach euch nicht zuwider/ wuͤr-
de ich euch gebuͤhrlich erſuchen/ nicht allein mir/ ſon-
dern der gantzen Geſellſchafft den hohen Gefallen zu
erweiſen/ und uns dieſer Sache wegen gruͤndlich zu
informiren. Der Printz entſchuldigte ſich/ daß er von
dieſer Sache nichts hoͤren/ viel weniger reden moͤch-
te/ und als Klingenfeld denſelben daran erinnerte/
daß er zu Mantua, da man in einem Diſcurs ohngefaͤhr
auf die Stadt Neapolis kommen/ etliche tieff-geholte
Seuffzer fliegen laſſen/ welche auſſer allen Zweiffel
auß dieſer Differentz ihren Urſprung genommen/ als
lag er ihm gleichfalls an/ den Podeſtà und uͤbrige an-
weſende gute Freunde mit Erzehl- und Beſchreibung
dieſer denckwuͤrdigen Sache dieſes mahl zu diverti-
ren. Es zuckete aber der Printz die Schulter/ und gab
dardurch gnugſam zu verſtehen/ daß man etwas an
ihn begehrete/ das ihm von Hertzen zuwider waͤre/
dannenhero wil ich ihn dieſer Muͤhe uͤberheben/ und
ſoll meine Feder ſtatt ſeiner Zungen dieſe Erzehlung
uͤber ſich nehmen/ allermaſſen ohne dem viel darinn
enthalten/ deſſen Erzehlung ein Adeliches Gemuͤth
ſich mit allem Fug entſchuͤtten moͤchte.
So
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |