Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Deß Academischen ge Rede. Jnzwischen aber schob Cerebacchius einenBissen und Trunck nach dem andern in den Magen/ discurrirte aber gleichwol auf alle und jede Fragen so pertinent, daß der Podesta dardurch Anlaß nahm/ ihn insonderheit zu befragen. Ob er etwa eine Wolreden- heit in den vielen Tractamenten fünde? Cerebacchius gab ihm diese kurtze Antwort: Foecundi Calices quem non fecere disertum? Und muste ein Jeder bekennen/ daß er wahr geredet hätte. Troll lieff unterdessen in seinen Geschäfften auf und ab/ nahm aber doch dann und wann einen Lab-Trunck zu sich. Er gieng eins- mahls hinauß/ und bliebe eine gute Weile aussen/ da dann unterdessen durch Veranlassung deß Cere- bacchii der Rector Magnificus Gelegenheit bekam/ von dem Unterschied der Studenten zu reden: Es meynen offt/ sprach er/ die armen Eltern/ ihre Söhne thäten auf Universitäten anders nichts/ als studiren/ aber die meisten werden meisterlich um ihr Geld/ das sie offt mit grosser Mühe erscharret/ oder bey harter Arbeit/ Hunger und Unlust erspahret/ von den Kin- dern auf Universitäten betrogen/ dann die wenigsten Studenten legen sich auf rechtschaffene Studia, sond'n/ so bald sie auß den Schulen in die freye Academische Lufft kommen/ stincken sie alsbald von lauter grosser Einbildung/ und mag wol kein hoffärtiger Thier ge- funden werden/ als ein angehender Student/ so der Ruthen alleweil entlauffen ist. Da kommen die/ so etwa ein halbes oder gantzes Jahr vorher Academici ge- wesen/ und machen Freundschafft mit diesen Neu- lingen/ welches denselben so wol gefället/ daß sie alles auf das Schmaussen spendiren/ was ihnen die El- tern etwan zu Kleidern oder Collegien gesandt ha- ben. Sie bilden ihnen über grosse Wissenschafften ein/ weil sie etwa in den Fallaciis Syllogismorum ein wenig
Deß Academiſchen ge Rede. Jnzwiſchen aber ſchob Cerebacchius einenBiſſen und Trunck nach dem andern in den Magen/ diſcurrirte aber gleichwol auf alle und jede Fragen ſo pertinent, daß der Podeſtà dardurch Anlaß nahm/ ihn inſonderheit zu befragen. Ob er etwa eine Wolreden- heit in den vielen Tractamenten fuͤnde? Cerebacchius gab ihm dieſe kurtze Antwort: Fœcundi Calices quem non fecêre diſertum? Und muſte ein Jeder bekennen/ daß er wahr geredet haͤtte. Troll lieff unterdeſſen in ſeinen Geſchaͤfften auf und ab/ nahm aber doch dann und wann einen Lab-Trunck zu ſich. Er gieng eins- mahls hinauß/ und bliebe eine gute Weile auſſen/ da dann unterdeſſen durch Veranlaſſung deß Cere- bacchii der Rector Magnificus Gelegenheit bekam/ von dem Unterſchied der Studenten zu reden: Es meynen offt/ ſprach er/ die armen Eltern/ ihre Soͤhne thaͤten auf Univerſitaͤten anders nichts/ als ſtudiren/ aber die meiſten werden meiſterlich um ihr Geld/ das ſie offt mit groſſer Muͤhe erſcharret/ oder bey harter Arbeit/ Hunger und Unluſt erſpahret/ von den Kin- dern auf Univerſitaͤten betrogen/ dann die wenigſten Studenten legen ſich auf rechtſchaffene Studia, ſond’n/ ſo bald ſie auß den Schulen in die freye Academiſche Lufft kommen/ ſtincken ſie alsbald von lauter groſſer Einbildung/ und mag wol kein hoffaͤrtiger Thier ge- funden werden/ als ein angehender Student/ ſo der Ruthen alleweil entlauffen iſt. Da kom̃en die/ ſo etwa ein halbes oder gantzes Jahr vorher Academici ge- weſen/ und machen Freundſchafft mit dieſen Neu- lingen/ welches denſelben ſo wol gefaͤllet/ daß ſie alles auf das Schmauſſen ſpendiren/ was ihnen die El- tern etwan zu Kleidern oder Collegien geſandt ha- ben. Sie bilden ihnen uͤber groſſe Wiſſenſchafften ein/ weil ſie etwa in den Fallaciis Syllogismorum ein wenig
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Deß Academiſchen
ge Rede. Jnzwiſchen aber ſchob Cerebacchius einen
Biſſen und Trunck nach dem andern in den Magen/
diſcurrirte aber gleichwol auf alle und jede Fragen ſo
pertinent, daß der Podeſtà dardurch Anlaß nahm/ ihn
inſonderheit zu befragen. Ob er etwa eine Wolreden-
heit in den vielen Tractamenten fuͤnde? Cerebacchius
gab ihm dieſe kurtze Antwort: Fœcundi Calices quem
non fecêre diſertum? Und muſte ein Jeder bekennen/
daß er wahr geredet haͤtte. Troll lieff unterdeſſen in
ſeinen Geſchaͤfften auf und ab/ nahm aber doch dann
und wann einen Lab-Trunck zu ſich. Er gieng eins-
mahls hinauß/ und bliebe eine gute Weile auſſen/
da dann unterdeſſen durch Veranlaſſung deß Cere-
bacchii der Rector Magnificus Gelegenheit bekam/
von dem Unterſchied der Studenten zu reden: Es
meynen offt/ ſprach er/ die armen Eltern/ ihre Soͤhne
thaͤten auf Univerſitaͤten anders nichts/ als ſtudiren/
aber die meiſten werden meiſterlich um ihr Geld/ das
ſie offt mit groſſer Muͤhe erſcharret/ oder bey harter
Arbeit/ Hunger und Unluſt erſpahret/ von den Kin-
dern auf Univerſitaͤten betrogen/ dann die wenigſten
Studenten legen ſich auf rechtſchaffene Studia, ſond’n/
ſo bald ſie auß den Schulen in die freye Academiſche
Lufft kommen/ ſtincken ſie alsbald von lauter groſſer
Einbildung/ und mag wol kein hoffaͤrtiger Thier ge-
funden werden/ als ein angehender Student/ ſo der
Ruthen alleweil entlauffen iſt. Da kom̃en die/ ſo etwa
ein halbes oder gantzes Jahr vorher Academici ge-
weſen/ und machen Freundſchafft mit dieſen Neu-
lingen/ welches denſelben ſo wol gefaͤllet/ daß ſie alles
auf das Schmauſſen ſpendiren/ was ihnen die El-
tern etwan zu Kleidern oder Collegien geſandt ha-
ben. Sie bilden ihnen uͤber groſſe Wiſſenſchafften
ein/ weil ſie etwa in den Fallaciis Syllogismorum ein
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