Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Deß Academischen sischen Dorff nieder/ und lehrete erstlich Kinder/ dannweil sein Vatter ein Glöckner/ sein Groß-Vatter ein Küster/ sein Elter-Vatter ein Dorff-Caplan, sein Ober-Elter-Vatter ein Prediger-Münch/ (der lebte annoch vor der Reformation,) und demnach allerseits Kirchendiener gewesen/ so wolte er auch seine Wissen- schafft an die Jugend legen/ ob er etwa dardurch noch zu einer Geistlichen Beförderung unter seinen Luthe- rischen Glaubens-Genossen gelangen möchte. Aber er fand sich betrogen/ Simonia galt so wol da/ als an- derswo/ der nicht spendiren kan/ der bleibet zurück bestahn/ er sey dann ein vollkommener Mann/ den man nicht außschlagen kan. Mein Herr Vatter be- kam nicht allein nichts von dem Küster-Dienst deß [verlorenes Material - Zeichen fehlt]orffs/ so bald hernach ledig ward/ und darvon er [re]ichlich hätte leben können/ inmassen er 10. Gülden [verlorenes Material - Zeichen fehlt] stehendem Gelde/ 5. Gülden an Bettel- oder [verlorenes Material - Zeichen fehlt]ammel-Geld/ von jedem Hochzeit Paar 2. Batzen/ [verlorenes Material - Zeichen fehlt]einem Kind zu tauffen 4. Pfenning/ und darzu [verlorenes Material - Zeichen fehlt]lich zweymahl freye Brod- und Eyersammlung [verlorenes Material - Zeichen fehlt]gantzen Dorff/ und neben demselben auf dem ein- [verlorenes Material - Zeichen fehlt]ofarrten Adelichen Hof hatte zu heben gehabt/ aber [so]lches alles gieng ihm auß der Nasen/ der neue Kü- ster nahm ihm die Schul/ und also muste sich mein Herr Vatter/ Namens Bartel Troll/ um eine andere Schul umsehen. Zu allem Glück starb um selbige Zeit der Gänse-Hirt/ um diesen Dienst hielt er an/ und erlangete ihn durch Recommendation deß Edel- manns/ dessen Sohn er bißweilen im Schiessen exer- cirte. Hierbey hatte er kaum das Brodt/ dann er be- kam vor jede Ganß/ die gesund blieben/ 3. Pfenning/ vor 4. Gänse einen Laib-Brodt/ und wann ein jung Gänßlein die Flügel hangen ließ/ und man sahe/ daß es nicht wieder zurecht kommen kunte/ war solches sein
Deß Academiſchen ſiſchen Dorff nieder/ und lehrete erſtlich Kinder/ dannweil ſein Vatter ein Gloͤckner/ ſein Groß-Vatter ein Kuͤſter/ ſein Elter-Vatter ein Dorff-Caplan, ſein Ober-Elter-Vatter ein Prediger-Muͤnch/ (der lebte annoch vor der Reformation,) und demnach allerſeits Kirchendiener geweſen/ ſo wolte er auch ſeine Wiſſen- ſchafft an die Jugend legen/ ob er etwa dardurch noch zu einer Geiſtlichen Befoͤrderung unter ſeinen Luthe- riſchen Glaubens-Genoſſen gelangen moͤchte. Aber er fand ſich betrogen/ Simonia galt ſo wol da/ als an- derswo/ der nicht ſpendiren kan/ der bleibet zuruͤck beſtahn/ er ſey dann ein vollkommener Mann/ den man nicht außſchlagen kan. Mein Herꝛ Vatter be- kam nicht allein nichts von dem Kuͤſter-Dienſt deß [verlorenes Material – Zeichen fehlt]orffs/ ſo bald hernach ledig ward/ und darvon er [re]ichlich haͤtte leben koͤnnen/ inmaſſen er 10. Guͤlden [verlorenes Material – Zeichen fehlt] ſtehendem Gelde/ 5. Guͤlden an Bettel- oder [verlorenes Material – Zeichen fehlt]ammel-Geld/ von jedem Hochzeit Paar 2. Batzen/ [verlorenes Material – Zeichen fehlt]einem Kind zu tauffen 4. Pfenning/ und darzu [verlorenes Material – Zeichen fehlt]lich zweymahl freye Brod- und Eyerſammlung [verlorenes Material – Zeichen fehlt]gantzen Dorff/ und neben demſelben auf dem ein- [verlorenes Material – Zeichen fehlt]ofarꝛten Adelichen Hof hatte zu heben gehabt/ aber [ſo]lches alles gieng ihm auß der Naſen/ der neue Kuͤ- ſter nahm ihm die Schul/ und alſo muſte ſich mein Herꝛ Vatter/ Namens Bartel Troll/ um eine andere Schul umſehen. Zu allem Gluͤck ſtarb um ſelbige Zeit der Gaͤnſe-Hirt/ um dieſen Dienſt hielt er an/ und erlangete ihn durch Recommendation deß Edel- manns/ deſſen Sohn er bißweilen im Schieſſen exer- cirte. Hierbey hatte er kaum das Brodt/ dann er be- kam vor jede Ganß/ die geſund blieben/ 3. Pfenning/ vor 4. Gaͤnſe einen Laib-Brodt/ und wann ein jung Gaͤnßlein die Fluͤgel hangen ließ/ und man ſahe/ daß es nicht wieder zurecht kommen kunte/ war ſolches ſein
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Deß Academiſchen
ſiſchen Dorff nieder/ und lehrete erſtlich Kinder/ dann
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Kuͤſter/ ſein Elter-Vatter ein Dorff-Caplan, ſein
Ober-Elter-Vatter ein Prediger-Muͤnch/ (der lebte
annoch vor der Reformation,) und demnach allerſeits
Kirchendiener geweſen/ ſo wolte er auch ſeine Wiſſen-
ſchafft an die Jugend legen/ ob er etwa dardurch noch
zu einer Geiſtlichen Befoͤrderung unter ſeinen Luthe-
riſchen Glaubens-Genoſſen gelangen moͤchte. Aber
er fand ſich betrogen/ Simonia galt ſo wol da/ als an-
derswo/ der nicht ſpendiren kan/ der bleibet zuruͤck
beſtahn/ er ſey dann ein vollkommener Mann/ den
man nicht außſchlagen kan. Mein Herꝛ Vatter be-
kam nicht allein nichts von dem Kuͤſter-Dienſt deß
_ orffs/ ſo bald hernach ledig ward/ und darvon er
reichlich haͤtte leben koͤnnen/ inmaſſen er 10. Guͤlden
_ ſtehendem Gelde/ 5. Guͤlden an Bettel- oder
_ ammel-Geld/ von jedem Hochzeit Paar 2. Batzen/
_ einem Kind zu tauffen 4. Pfenning/ und darzu
_ lich zweymahl freye Brod- und Eyerſammlung
_ gantzen Dorff/ und neben demſelben auf dem ein-
_ ofarꝛten Adelichen Hof hatte zu heben gehabt/ aber
ſolches alles gieng ihm auß der Naſen/ der neue Kuͤ-
ſter nahm ihm die Schul/ und alſo muſte ſich mein
Herꝛ Vatter/ Namens Bartel Troll/ um eine andere
Schul umſehen. Zu allem Gluͤck ſtarb um ſelbige
Zeit der Gaͤnſe-Hirt/ um dieſen Dienſt hielt er an/
und erlangete ihn durch Recommendation deß Edel-
manns/ deſſen Sohn er bißweilen im Schieſſen exer-
cirte. Hierbey hatte er kaum das Brodt/ dann er be-
kam vor jede Ganß/ die geſund blieben/ 3. Pfenning/
vor 4. Gaͤnſe einen Laib-Brodt/ und wann ein jung
Gaͤnßlein die Fluͤgel hangen ließ/ und man ſahe/ daß
es nicht wieder zurecht kommen kunte/ war ſolches
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