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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.
schöne Thum-Kirche darinn/ welches ein überauß
herrliches Gebäu. Darauf nahmen sie ihren Weg
vollends nach Hauß/ und nach eingenommenem
Mittags-Mahl verfügte sich Venereus zu Bette/ wol
wissend/ daß er diese künsftige Nacht wenig Zeit übrig
haben würde zum Schlaffen.

Als endlich der Abend heran brach/ rüstete er sich
mit 2. Sack-Pistolen/ und nachdem er seine Spani-
sche Klinge angegürtet/ gieng er vor der Mahlzeit
zum Thor hinauß/ und setzte sich so lange in eine kleine
Capelle nieder/ biß ihm die Sterne den Weg zu zei-
gen begunten. Also machte er sich auf den Weg nach
der Messerschmiedin/ welche schon vorhero auf ihren
Courtisan gedacht/ und um seinetwillen 2. fette Ca-
paunen/ 1. Eyer/ und etwas Gebackenes zurichten/
solches auch/ samt 2. Flaschen köstlichen Weins/ un-
ter ersagtem Pfersich-Baum in dem Garten durch
die Magd niedersetzen lassen/ um daselbst/ wie vori-
gen Abend/ neben ihm in aller Frölichkeit das Abend-
(ja Huren-) Mahl mit ihrem Buhlen einzunehmen.
Aber siehe/ diese Tractamenten waren kaum an ihren
Ort gebracht/ da kommt Meister Moritz/ der gram-
sichtige Messerschmidt nach dem Hof/ dessen seine
junge Frau von gantzem Hertzen erschrack/ jedoch ließ
sie sich nicht das Geringste mercken/ sondern langete
etwas kalten Fleisches/ das von der Mittag-Speise
bißhero überblieben war/ herfür/ und tischete ihm sol-
ches/ neben einer gelinden kalten Schale/ auf. Sie ge-
nosse auch für Bekümmernüß selber nichts anders/
dann sie war so verstöret/ daß sie vergasse/ den Esels-
Kopff umzuwenden/ um den Venereum dardurch zu
bemüssigen/ daß er sich diese Nacht ihrer enthalten/
und keine blaue Stirn lauffen möchte. So war
auch die Magd nicht von solchem hohen Verstand/

daß
K k 3

Romans I. Buch.
ſchoͤne Thum-Kirche darinn/ welches ein uͤberauß
herꝛliches Gebaͤu. Darauf nahmen ſie ihren Weg
vollends nach Hauß/ und nach eingenommenem
Mittags-Mahl verfuͤgte ſich Venereus zu Bette/ wol
wiſſend/ daß er dieſe kuͤnſftige Nacht wenig Zeit uͤbrig
haben wuͤrde zum Schlaffen.

Als endlich der Abend heran brach/ ruͤſtete er ſich
mit 2. Sack-Piſtolen/ und nachdem er ſeine Spani-
ſche Klinge angeguͤrtet/ gieng er vor der Mahlzeit
zum Thor hinauß/ und ſetzte ſich ſo lange in eine kleine
Capelle nieder/ biß ihm die Sterne den Weg zu zei-
gen begunten. Alſo machte er ſich auf den Weg nach
der Meſſerſchmiedin/ welche ſchon vorhero auf ihren
Courtiſan gedacht/ und um ſeinetwillen 2. fette Ca-
paunen/ 1. Eyer/ und etwas Gebackenes zurichten/
ſolches auch/ ſamt 2. Flaſchen koͤſtlichen Weins/ un-
ter erſagtem Pferſich-Baum in dem Garten durch
die Magd niederſetzen laſſen/ um daſelbſt/ wie vori-
gen Abend/ neben ihm in aller Froͤlichkeit das Abend-
(ja Huren-) Mahl mit ihrem Buhlen einzunehmen.
Aber ſiehe/ dieſe Tractamenten waren kaum an ihren
Ort gebracht/ da kommt Meiſter Moritz/ der gram-
ſichtige Meſſerſchmidt nach dem Hof/ deſſen ſeine
junge Frau von gantzem Hertzen erſchrack/ jedoch ließ
ſie ſich nicht das Geringſte mercken/ ſondern langete
etwas kalten Fleiſches/ das von der Mittag-Speiſe
bißhero uͤberblieben war/ herfuͤr/ und tiſchete ihm ſol-
ches/ neben einer gelinden kalten Schale/ auf. Sie ge-
noſſe auch fuͤr Bekuͤmmernuͤß ſelber nichts anders/
dann ſie war ſo verſtoͤret/ daß ſie vergaſſe/ den Eſels-
Kopff umzuwenden/ um den Venereum dardurch zu
bemuͤſſigen/ daß er ſich dieſe Nacht ihrer enthalten/
und keine blaue Stirn lauffen moͤchte. So war
auch die Magd nicht von ſolchem hohen Verſtand/

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[517/0533] Romans I. Buch. ſchoͤne Thum-Kirche darinn/ welches ein uͤberauß herꝛliches Gebaͤu. Darauf nahmen ſie ihren Weg vollends nach Hauß/ und nach eingenommenem Mittags-Mahl verfuͤgte ſich Venereus zu Bette/ wol wiſſend/ daß er dieſe kuͤnſftige Nacht wenig Zeit uͤbrig haben wuͤrde zum Schlaffen. Als endlich der Abend heran brach/ ruͤſtete er ſich mit 2. Sack-Piſtolen/ und nachdem er ſeine Spani- ſche Klinge angeguͤrtet/ gieng er vor der Mahlzeit zum Thor hinauß/ und ſetzte ſich ſo lange in eine kleine Capelle nieder/ biß ihm die Sterne den Weg zu zei- gen begunten. Alſo machte er ſich auf den Weg nach der Meſſerſchmiedin/ welche ſchon vorhero auf ihren Courtiſan gedacht/ und um ſeinetwillen 2. fette Ca- paunen/ 1. Eyer/ und etwas Gebackenes zurichten/ ſolches auch/ ſamt 2. Flaſchen koͤſtlichen Weins/ un- ter erſagtem Pferſich-Baum in dem Garten durch die Magd niederſetzen laſſen/ um daſelbſt/ wie vori- gen Abend/ neben ihm in aller Froͤlichkeit das Abend- (ja Huren-) Mahl mit ihrem Buhlen einzunehmen. Aber ſiehe/ dieſe Tractamenten waren kaum an ihren Ort gebracht/ da kommt Meiſter Moritz/ der gram- ſichtige Meſſerſchmidt nach dem Hof/ deſſen ſeine junge Frau von gantzem Hertzen erſchrack/ jedoch ließ ſie ſich nicht das Geringſte mercken/ ſondern langete etwas kalten Fleiſches/ das von der Mittag-Speiſe bißhero uͤberblieben war/ herfuͤr/ und tiſchete ihm ſol- ches/ neben einer gelinden kalten Schale/ auf. Sie ge- noſſe auch fuͤr Bekuͤmmernuͤß ſelber nichts anders/ dann ſie war ſo verſtoͤret/ daß ſie vergaſſe/ den Eſels- Kopff umzuwenden/ um den Venereum dardurch zu bemuͤſſigen/ daß er ſich dieſe Nacht ihrer enthalten/ und keine blaue Stirn lauffen moͤchte. So war auch die Magd nicht von ſolchem hohen Verſtand/ daß K k 3

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/533>, abgerufen am 25.11.2024.