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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
demnach/ er solte sich zufrieden geben/ man würde sich
seiner schon annehmen. Er aber rieff: Ego cupio,
stante pede dissolvi, & vobiscum in hilaritate coenare.

Klingenfeld winckete ihm ebenmässig/ und sprach:
Hodie nobiscum eris. Darauf eyleten sie nach dem
schönen Schloß der Adelichen Jungfrau/ die sich Lu-
cretia
nennete/ und wurden allerseits von ihrem halb-
Bruder/ der Bergering hieß/ dem Schein nach/ mit
grosser Höflichkeit und Freude empfangen.

Der Amtmann deß Orts kam bald hernach auch
zu ihr/ und wünschete ihr Glück zu ihrer Erlösung/
und ob er gleich Catholisch/ bezeugete er dannoch mit
theuren Worten/ daß ihm deß Vantenay irraisonable
That gar nicht angestanden/ wie er dann auch schon
resolviret gewesen/ zukünfftigen Morgen mit gnug-
samen Leuten ihn zu verfolgen/ inmassen die Verbit-
terung zwischen den Reformirten und Catholischen
Einwohnern dieses Cantons Glaris/ die schon eine
geraume Zeit im Schwang gegangen/ und durch ho-
he Vermittelung der übrigen Cantons kaum neulich
gehoben worden/ durch diese Entführung bald wieder
hätte können außbrechen. Die Lucretia ließ wacker
zurichten/ und Bergering stellete sich sehr geschäfftig/
der Amtmann ward auch zu Gast genöthiget/ welcher
auch willig bey der Gesellschafft blieb/ worbey Con-
dado
Gelegenheit nahm/ zu forschen/ was er mit dem
Gefangenen im Thurn anfangen wolte? Er aber
entschuldigte sich/ daß er deßfalls noch nichts resolvi-
ren könne/ biß man mehr auf ihn gebracht hätte. Jn-
dem sie aber mit einander redeten/ kam ein Münch
mit etlichen Reformirten Männern auß dem Dorff/
da Cerebacchius den Esel solte gestohlen haben/ und
behaupteten/ daß man dem Gefangenen zu viel ge-
than/ dann der Esel/ welcher zwar dem Kloster zustän-

dig/

Deß Academiſchen
demnach/ er ſolte ſich zufrieden geben/ man wuͤrde ſich
ſeiner ſchon annehmen. Er aber rieff: Ego cupio,
ſtante pede diſſolvi, & vobiscum in hilaritate cœnare.

Klingenfeld winckete ihm ebenmaͤſſig/ und ſprach:
Hodiè nobiscum eris. Darauf eyleten ſie nach dem
ſchoͤnen Schloß der Adelichen Jungfrau/ die ſich Lu-
cretia
nennete/ und wurden allerſeits von ihrem halb-
Bruder/ der Bergering hieß/ dem Schein nach/ mit
groſſer Hoͤflichkeit und Freude empfangen.

Der Amtmann deß Orts kam bald hernach auch
zu ihr/ und wuͤnſchete ihr Gluͤck zu ihrer Erloͤſung/
und ob er gleich Catholiſch/ bezeugete er dannoch mit
theuren Worten/ daß ihm deß Vantenay irraiſonable
That gar nicht angeſtanden/ wie er dann auch ſchon
reſolviret geweſen/ zukuͤnfftigen Morgen mit gnug-
ſamen Leuten ihn zu verfolgen/ inmaſſen die Verbit-
terung zwiſchen den Reformirten und Catholiſchen
Einwohnern dieſes Cantons Glaris/ die ſchon eine
geraume Zeit im Schwang gegangen/ und durch ho-
he Vermittelung der uͤbrigen Cantons kaum neulich
gehoben worden/ durch dieſe Entfuͤhrung bald wieder
haͤtte koͤnnen außbrechen. Die Lucretia ließ wacker
zurichten/ und Bergering ſtellete ſich ſehr geſchaͤfftig/
der Amtmann ward auch zu Gaſt genoͤthiget/ welcher
auch willig bey der Geſellſchafft blieb/ worbey Con-
dado
Gelegenheit nahm/ zu forſchen/ was er mit dem
Gefangenen im Thurn anfangen wolte? Er aber
entſchuldigte ſich/ daß er deßfalls noch nichts reſolvi-
ren koͤnne/ biß man mehr auf ihn gebracht haͤtte. Jn-
dem ſie aber mit einander redeten/ kam ein Muͤnch
mit etlichen Reformirten Maͤnnern auß dem Dorff/
da Cerebacchius den Eſel ſolte geſtohlen haben/ und
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than/ dann der Eſel/ welcher zwar dem Kloſter zuſtaͤn-

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[556/0572] Deß Academiſchen demnach/ er ſolte ſich zufrieden geben/ man wuͤrde ſich ſeiner ſchon annehmen. Er aber rieff: Ego cupio, ſtante pede diſſolvi, & vobiscum in hilaritate cœnare. Klingenfeld winckete ihm ebenmaͤſſig/ und ſprach: Hodiè nobiscum eris. Darauf eyleten ſie nach dem ſchoͤnen Schloß der Adelichen Jungfrau/ die ſich Lu- cretia nennete/ und wurden allerſeits von ihrem halb- Bruder/ der Bergering hieß/ dem Schein nach/ mit groſſer Hoͤflichkeit und Freude empfangen. Der Amtmann deß Orts kam bald hernach auch zu ihr/ und wuͤnſchete ihr Gluͤck zu ihrer Erloͤſung/ und ob er gleich Catholiſch/ bezeugete er dannoch mit theuren Worten/ daß ihm deß Vantenay irraiſonable That gar nicht angeſtanden/ wie er dann auch ſchon reſolviret geweſen/ zukuͤnfftigen Morgen mit gnug- ſamen Leuten ihn zu verfolgen/ inmaſſen die Verbit- terung zwiſchen den Reformirten und Catholiſchen Einwohnern dieſes Cantons Glaris/ die ſchon eine geraume Zeit im Schwang gegangen/ und durch ho- he Vermittelung der uͤbrigen Cantons kaum neulich gehoben worden/ durch dieſe Entfuͤhrung bald wieder haͤtte koͤnnen außbrechen. Die Lucretia ließ wacker zurichten/ und Bergering ſtellete ſich ſehr geſchaͤfftig/ der Amtmann ward auch zu Gaſt genoͤthiget/ welcher auch willig bey der Geſellſchafft blieb/ worbey Con- dado Gelegenheit nahm/ zu forſchen/ was er mit dem Gefangenen im Thurn anfangen wolte? Er aber entſchuldigte ſich/ daß er deßfalls noch nichts reſolvi- ren koͤnne/ biß man mehr auf ihn gebracht haͤtte. Jn- dem ſie aber mit einander redeten/ kam ein Muͤnch mit etlichen Reformirten Maͤnnern auß dem Dorff/ da Cerebacchius den Eſel ſolte geſtohlen haben/ und behaupteten/ daß man dem Gefangenen zu viel ge- than/ dann der Eſel/ welcher zwar dem Kloſter zuſtaͤn- dig/

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 556. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/572>, abgerufen am 22.11.2024.