Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Romans II. Buch. Bey Veränderung der Mode oder Manieren inKleidern/ alsobald die Schönste und Beste zu erwäh- len/ darzu ist ein Sinn-reicher und fertiger Verstand viel nöthiger und nützer/ als das Judicium. Ja der Sinn-reiche Verstand ist bey Männiglichen in so hohem Werth/ daß man in denselben gemeiniglich alle Vollkommenheit der Seelen begreiffet/ und wann man von einem in Frantzösis. Sprache saget/ daß er einen Sinn-reichen Verstand oder Esprit hat/ so ver- stehet man dardurch ausser den Gaben deß Leibes/ alle Vollkommenheit/ die man von einem Menschen er- zehlet/ oder erdencken kan. Halte demnach darfür/ daß er billich so wol dem Judicio, welches nur in Din- gen/ darinnen die Discretion oder Bescheidenheit von- nöthen/ als der Hertzhafftigkeit/ die bloß in Gefahr Statt hat/ solle vorgezogen werden. Hierauf sprach Condado: Er hielte darfür/ daß ger N n 3
Romans II. Buch. Bey Veraͤnderung der Mode oder Manieren inKleidern/ alſobald die Schoͤnſte und Beſte zu erwaͤh- len/ darzu iſt ein Sinn-reicher und fertiger Verſtand viel noͤthiger und nuͤtzer/ als das Judicium. Ja der Sinn-reiche Verſtand iſt bey Maͤnniglichen in ſo hohem Werth/ daß man in denſelben gemeiniglich alle Vollkom̃enheit der Seelen begreiffet/ und wann man von einem in Frantzoͤſiſ. Sprache ſaget/ daß er einen Sinn-reichen Verſtand oder Eſprit hat/ ſo ver- ſtehet man dardurch auſſer den Gaben deß Leibes/ alle Vollkommenheit/ die man von einem Menſchen er- zehlet/ oder erdencken kan. Halte demnach darfuͤr/ daß er billich ſo wol dem Judicio, welches nur in Din- gen/ darinnen die Diſcretion oder Beſcheidenheit von- noͤthen/ als der Hertzhafftigkeit/ die bloß in Gefahr Statt hat/ ſolle vorgezogen werden. Hierauf ſprach Condado: Er hielte darfuͤr/ daß ger N n 3
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Romans II. Buch.
Bey Veraͤnderung der Mode oder Manieren in
Kleidern/ alſobald die Schoͤnſte und Beſte zu erwaͤh-
len/ darzu iſt ein Sinn-reicher und fertiger Verſtand
viel noͤthiger und nuͤtzer/ als das Judicium. Ja der
Sinn-reiche Verſtand iſt bey Maͤnniglichen in ſo
hohem Werth/ daß man in denſelben gemeiniglich
alle Vollkom̃enheit der Seelen begreiffet/ und wann
man von einem in Frantzoͤſiſ. Sprache ſaget/ daß er
einen Sinn-reichen Verſtand oder Eſprit hat/ ſo ver-
ſtehet man dardurch auſſer den Gaben deß Leibes/ alle
Vollkommenheit/ die man von einem Menſchen er-
zehlet/ oder erdencken kan. Halte demnach darfuͤr/
daß er billich ſo wol dem Judicio, welches nur in Din-
gen/ darinnen die Diſcretion oder Beſcheidenheit von-
noͤthen/ als der Hertzhafftigkeit/ die bloß in Gefahr
Statt hat/ ſolle vorgezogen werden.
Hierauf ſprach Condado: Er hielte darfuͤr/ daß
die Hertzhafftigkeit ſo wol dem Sinn-reichen Ver-
ſtand/ als dem Judicio, muͤſte vorgezogen werden.
Damit man aber um ſo viel beſſer hiervon urtheilen
koͤnte/ wolte er vorhero kuͤrtzlich erwehnen/ worinnen
die Hertzhafftigkeit eigentlich beſtunde/ und nach-
mahls die Urſachen andeuten/ ſo ihn bewogen/ der
Hertzhafftigkeit den Vorzug zu uͤberlaſſen. Was das
Erſte belanget/ koͤnte man daran einen behertzten Kerl
erkennen/ wann er alles ohne Verwegenheit anfienge/
und es ſonder Furcht hinauß fuͤhrete/ dann er ſtellete
ſich die Gefahr jedes mahl viel groͤſſer vor Augen/ als
ſie waͤre/ damit er ſich mit einer deſto ſtaͤrckern Reſo-
lution dargegen faſſen koͤnte; Und wann er ſich ein-
mahl zu etwas reſolviret haͤtte/ waͤre es unmoͤglich/
ihn wieder darvon abzubringen. Seine Hertzhafftig-
keit kaͤme nicht auß Erfahrung/ noch auß Noth/ noch
auß der Hoffnung/ etwas zu gewinnen/ her/ viel weni-
ger
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