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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
durch die Schnelligkeit seiner Füssen annoch zeitig
entsprungen wäre.

Das VI. Capitul/

Venereus kommt durch einen sonderlichen Zufall wieder in
gute Kleider/ und auf ein Pferd. Es fraget sich: Ob der Mann
oder das Weib edler sey? Venereus hat mit 2. Damen einen possier-
richen Brieff-Wechsel.

GEgen Abend kam er zu einem ansehnlichen
Hauß/ welches gar lustig auf einer Wiesen
stunde/ in dasselbe tratt er hinein/ aber so bald
ihn der Edelmann/ der darinn wohnete/ erblickete/ er-
kandte er deß Juden Kleidung/ den er vor wenigen
Tagen hatte hencken sehen/ weil ihm auch seine Haa-
re ziemlich verworren um den Kopff hiengen/ bildete
er ihm ein/ dieser sey der Jude selber/ oder zum wenig-
sten sein Geist/ und weil er wol wuste/ daß er dessen
schärffester Ankläger gewesen/ weil er von ihm war
bestohlen worden/ glaubete er/ die Seele dieses armen
Sünders käme anjetzo/ ihn zu plagen. Er lieff dem-
nach augenblicklich zur Hinter-Thüre hinauß/ und
rieff seinen Leuten/ sie möchten sich mit der Flucht
darvon machen/ ehe sie von diesem Gespenst einiges
Ungemach empfünden. Also lieff/ wer lauffen kunte.
Venereus aber bedienete sich dieses Mittels zu seinem
stattlichen Vortheil/ er suchte im Hauß/ und fand
gute Speise/ mit denen und dem gefundenen Wein
er sich rechtschaffen labete/ hernach zog er ein braunes
Kleid an/ welches in der Kammer hieng/ und dem
Edelmann gehörete/ er beharnischte seine Beine auch
mit ein Paar starcken Stieffeln und Sporen/ gürtete
einen guten Degen an den Leib/ gieng in den Stall/
sattelte ein Pferd/ steckete ein Paar guter Pistolen in
die Holfftern/ setzete sich darauf/ nachdem er einen
kleinen Beutel mit Geld/ der in der Schub-Lade deß

Tisches
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Romans II. Buch.
durch die Schnelligkeit ſeiner Fuͤſſen annoch zeitig
entſprungen waͤre.

Das VI. Capitul/

Venereus kommt durch einen ſonderlichen Zufall wieder in
gute Kleider/ und auf ein Pferd. Es fraget ſich: Ob der Mann
oder das Weib edler ſey? Venereus hat mit 2. Damen einen poſſier-
richen Brieff-Wechſel.

GEgen Abend kam er zu einem anſehnlichen
Hauß/ welches gar luſtig auf einer Wieſen
ſtunde/ in daſſelbe tratt er hinein/ aber ſo bald
ihn der Edelmann/ der darinn wohnete/ erblickete/ er-
kandte er deß Juden Kleidung/ den er vor wenigen
Tagen hatte hencken ſehen/ weil ihm auch ſeine Haa-
re ziemlich verworren um den Kopff hiengen/ bildete
er ihm ein/ dieſer ſey der Jude ſelber/ oder zum wenig-
ſten ſein Geiſt/ und weil er wol wuſte/ daß er deſſen
ſchaͤrffeſter Anklaͤger geweſen/ weil er von ihm war
beſtohlen worden/ glaubete er/ die Seele dieſes armen
Suͤnders kaͤme anjetzo/ ihn zu plagen. Er lieff dem-
nach augenblicklich zur Hinter-Thuͤre hinauß/ und
rieff ſeinen Leuten/ ſie moͤchten ſich mit der Flucht
darvon machen/ ehe ſie von dieſem Geſpenſt einiges
Ungemach empfuͤnden. Alſo lieff/ wer lauffen kunte.
Venereus aber bedienete ſich dieſes Mittels zu ſeinem
ſtattlichen Vortheil/ er ſuchte im Hauß/ und fand
gute Speiſe/ mit denen und dem gefundenen Wein
er ſich rechtſchaffen labete/ hernach zog er ein braunes
Kleid an/ welches in der Kammer hieng/ und dem
Edelmann gehoͤrete/ er beharniſchte ſeine Beine auch
mit ein Paar ſtarcken Stieffeln und Sporen/ guͤrtete
einen guten Degen an den Leib/ gieng in den Stall/
ſattelte ein Pferd/ ſteckete ein Paar guter Piſtolen in
die Holfftern/ ſetzete ſich darauf/ nachdem er einen
kleinen Beutel mit Geld/ der in der Schub-Lade deß

Tiſches
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[601/0619] Romans II. Buch. durch die Schnelligkeit ſeiner Fuͤſſen annoch zeitig entſprungen waͤre. Das VI. Capitul/ Venereus kommt durch einen ſonderlichen Zufall wieder in gute Kleider/ und auf ein Pferd. Es fraget ſich: Ob der Mann oder das Weib edler ſey? Venereus hat mit 2. Damen einen poſſier- richen Brieff-Wechſel. GEgen Abend kam er zu einem anſehnlichen Hauß/ welches gar luſtig auf einer Wieſen ſtunde/ in daſſelbe tratt er hinein/ aber ſo bald ihn der Edelmann/ der darinn wohnete/ erblickete/ er- kandte er deß Juden Kleidung/ den er vor wenigen Tagen hatte hencken ſehen/ weil ihm auch ſeine Haa- re ziemlich verworren um den Kopff hiengen/ bildete er ihm ein/ dieſer ſey der Jude ſelber/ oder zum wenig- ſten ſein Geiſt/ und weil er wol wuſte/ daß er deſſen ſchaͤrffeſter Anklaͤger geweſen/ weil er von ihm war beſtohlen worden/ glaubete er/ die Seele dieſes armen Suͤnders kaͤme anjetzo/ ihn zu plagen. Er lieff dem- nach augenblicklich zur Hinter-Thuͤre hinauß/ und rieff ſeinen Leuten/ ſie moͤchten ſich mit der Flucht darvon machen/ ehe ſie von dieſem Geſpenſt einiges Ungemach empfuͤnden. Alſo lieff/ wer lauffen kunte. Venereus aber bedienete ſich dieſes Mittels zu ſeinem ſtattlichen Vortheil/ er ſuchte im Hauß/ und fand gute Speiſe/ mit denen und dem gefundenen Wein er ſich rechtſchaffen labete/ hernach zog er ein braunes Kleid an/ welches in der Kammer hieng/ und dem Edelmann gehoͤrete/ er beharniſchte ſeine Beine auch mit ein Paar ſtarcken Stieffeln und Sporen/ guͤrtete einen guten Degen an den Leib/ gieng in den Stall/ ſattelte ein Pferd/ ſteckete ein Paar guter Piſtolen in die Holfftern/ ſetzete ſich darauf/ nachdem er einen kleinen Beutel mit Geld/ der in der Schub-Lade deß Tiſches P p 5

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 601. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/619>, abgerufen am 22.11.2024.