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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
muth hingegen hänget man leichtlich einen Kleck an/
und hält sie/ als ein Zeichen eines geringen Herkom-
mens/ oder einer Nachlässigkeit/ und Verschwende-
rey. Weßhalben man anch einem Armen so wenig
ein wichtiges Amt/ als grosse Summen Geldes/ an-
vertrauet; Und es ist nicht ohne Ursach/ daß der Ar-
me kleinmüthig ist/ und sich seines Zustandes entzie-
het/ und schämet/ dann dieser Mangel hindert an
allen seinen Anschlägen/ und liget zu deren Außfüh-
rung ihm allenthalben in dem Weg. Guth hingegen
macht Muth/ treibet einen zu grossen Dingen/ und
selbst zur Tugend an; Worzu dann der Mensch durch
erlangetes Lob je mehr und mehr angefrischet wird.
Ebener Massen/ wie einer durch Verachtung und
Beschimpffung/ die gemeiniglich der Armuth zu fol-
gen pfleget/ träger zur Tugend und zu allen guten
Dingen gemacht wird/ und endlich wol gar daran er-
kaltet/ und erstirbet. Und ob zwar die Armuth durch
den Mund und Grund der Warheit gelobet ist/ der
auch befohlen hat/ daß man den andern Backen hin-
halten solle/ denen/ die uns eine Maulschelle geben;
Das hindert aber nicht/ (natürlicher Weise darvon
zu reden/ wie wir hier thun/) daß sich zu defendiren
nicht besser sey/ als sich lassen die Haut voll schlagen.

Ein Jtaliäner beschlosse also: Wir müssen uns
hierinnen auf den allerweisesten König Salomonem
beruffen/ welcher GOTT bittet/ daß er ihm keinen
übrigen Reichthum/ damit er nicht etwan hoffärtig/
und auch keine grosse Armuth/ damit er nicht zum
Dieb würde/ sondern einen mittelmässigen Stand
bescheren wolte. Dann/ gleich wie beydes die gar
zu grosse Schwerleibigkeit an dem einen/ und das
Schwinden und Abnehmen deß Leibes an dem an-
dern/ der Gesundheit zuwider seyn/ als welche in ei-

nem
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Romans II. Buch.
muth hingegen haͤnget man leichtlich einen Kleck an/
und haͤlt ſie/ als ein Zeichen eines geringen Herkom-
mens/ oder einer Nachlaͤſſigkeit/ und Verſchwende-
rey. Weßhalben man anch einem Armen ſo wenig
ein wichtiges Amt/ als groſſe Summen Geldes/ an-
vertrauet; Und es iſt nicht ohne Urſach/ daß der Ar-
me kleinmuͤthig iſt/ und ſich ſeines Zuſtandes entzie-
het/ und ſchaͤmet/ dann dieſer Mangel hindert an
allen ſeinen Anſchlaͤgen/ und liget zu deren Außfuͤh-
rung ihm allenthalben in dem Weg. Guth hingegen
macht Muth/ treibet einen zu groſſen Dingen/ und
ſelbſt zur Tugend an; Worzu dañ der Menſch durch
erlangetes Lob je mehr und mehr angefriſchet wird.
Ebener Maſſen/ wie einer durch Verachtung und
Beſchimpffung/ die gemeiniglich der Armuth zu fol-
gen pfleget/ traͤger zur Tugend und zu allen guten
Dingen gemacht wird/ und endlich wol gar daran er-
kaltet/ und erſtirbet. Und ob zwar die Armuth durch
den Mund und Grund der Warheit gelobet iſt/ der
auch befohlen hat/ daß man den andern Backen hin-
halten ſolle/ denen/ die uns eine Maulſchelle geben;
Das hindert aber nicht/ (natuͤrlicher Weiſe darvon
zu reden/ wie wir hier thun/) daß ſich zu defendiren
nicht beſſer ſey/ als ſich laſſen die Haut voll ſchlagen.

Ein Jtaliaͤner beſchloſſe alſo: Wir muͤſſen uns
hierinnen auf den allerweiſeſten Koͤnig Salomonem
beruffen/ welcher GOTT bittet/ daß er ihm keinen
uͤbrigen Reichthum/ damit er nicht etwan hoffaͤrtig/
und auch keine groſſe Armuth/ damit er nicht zum
Dieb wuͤrde/ ſondern einen mittelmaͤſſigen Stand
beſcheren wolte. Dann/ gleich wie beydes die gar
zu groſſe Schwerleibigkeit an dem einen/ und das
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dern/ der Geſundheit zuwider ſeyn/ als welche in ei-

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[629/0647] Romans II. Buch. muth hingegen haͤnget man leichtlich einen Kleck an/ und haͤlt ſie/ als ein Zeichen eines geringen Herkom- mens/ oder einer Nachlaͤſſigkeit/ und Verſchwende- rey. Weßhalben man anch einem Armen ſo wenig ein wichtiges Amt/ als groſſe Summen Geldes/ an- vertrauet; Und es iſt nicht ohne Urſach/ daß der Ar- me kleinmuͤthig iſt/ und ſich ſeines Zuſtandes entzie- het/ und ſchaͤmet/ dann dieſer Mangel hindert an allen ſeinen Anſchlaͤgen/ und liget zu deren Außfuͤh- rung ihm allenthalben in dem Weg. Guth hingegen macht Muth/ treibet einen zu groſſen Dingen/ und ſelbſt zur Tugend an; Worzu dañ der Menſch durch erlangetes Lob je mehr und mehr angefriſchet wird. Ebener Maſſen/ wie einer durch Verachtung und Beſchimpffung/ die gemeiniglich der Armuth zu fol- gen pfleget/ traͤger zur Tugend und zu allen guten Dingen gemacht wird/ und endlich wol gar daran er- kaltet/ und erſtirbet. Und ob zwar die Armuth durch den Mund und Grund der Warheit gelobet iſt/ der auch befohlen hat/ daß man den andern Backen hin- halten ſolle/ denen/ die uns eine Maulſchelle geben; Das hindert aber nicht/ (natuͤrlicher Weiſe darvon zu reden/ wie wir hier thun/) daß ſich zu defendiren nicht beſſer ſey/ als ſich laſſen die Haut voll ſchlagen. Ein Jtaliaͤner beſchloſſe alſo: Wir muͤſſen uns hierinnen auf den allerweiſeſten Koͤnig Salomonem beruffen/ welcher GOTT bittet/ daß er ihm keinen uͤbrigen Reichthum/ damit er nicht etwan hoffaͤrtig/ und auch keine groſſe Armuth/ damit er nicht zum Dieb wuͤrde/ ſondern einen mittelmaͤſſigen Stand beſcheren wolte. Dann/ gleich wie beydes die gar zu groſſe Schwerleibigkeit an dem einen/ und das Schwinden und Abnehmen deß Leibes an dem an- dern/ der Geſundheit zuwider ſeyn/ als welche in ei- nem R r 3

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 629. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/647>, abgerufen am 22.11.2024.