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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
glaube/ sprach sie/ ein Engel hat euch/ mein Hertz/ zu
dieser gelegenen Stunde hieher geführet/ sonst hät-
ten wir ein grosses Unglück in unserm Hof erlebet.
Aber höret! dem freundlichen Jtaliäner/ der meinem
Bruder Fabiano so viel Gutes erzeiget/ ist gestern sein
Pferd verrecket/ derowegen hat er den Ritter Philan-
der
um 100. Kronen gebetten/ für solche ein anders zu
kauffen/ verspricht ihm auch eure Bürgschafft als
heute zu erlangen/ darauf empfänget er das Geld/
und wie Philander inzwischen erfähret/ daß ihr nach
Lindau seyd verräyset/ sendet er zu Venerco, und wil
sein Geld wieder haben/ auß Beysorge/ er möchte
fortgehen/ ehe ihr wiederkämet. Venereus kommt also
hieher zu mir/ und wil mich um Rath fragen/ solches
wird Philandern bald zu wissen gethan/ welcher sich
aufs Pferdt wirfft/ ihm nachreitet/ und ihn schier vor
diesem Hof eingeholet hätte. Jch verbarg also den
Venereum für seinem Grimm/ und schlosse das Ge-
mach zu/ darinn ich ihn verstecket/ also kehrete Philan-
der
in vollem Grimm wieder seines Weges/ und kön-
net ihr darbey sehen/ daß er halb rasend gewesen für
Zorn/ weil er euch nicht einmahl gekannt/ sonsten hät-
te er euch dieses Geldes wegen ausser allem Zweiffel
angesprochen.

Das ist dann wol ein grosses Glück/ sprach der
Ritter/ daß ich mein Gewerbe so bald abgeleget habe.
Kommet/ meine Liebste/ Florentia, und lasset uns den
armen Venereum auß seinem Angst-Winckel erlösen.
Hiermit giengen sie in das verschlossene Gemach/ all-
wo der Ritter den Jtaliäner tröstete/ und ihm ver-
sprach/ für das geliehene Geld Bürge zu werden/ daß
er von Philandern weiter keine Anfechtung haben sol-
te. Darauf richtete die Frau eine gute Mahlzeit an/
welche sie um den Mittag zu sich nahmen/ und dar-

nach

Romans II. Buch.
glaube/ ſprach ſie/ ein Engel hat euch/ mein Hertz/ zu
dieſer gelegenen Stunde hieher gefuͤhret/ ſonſt haͤt-
ten wir ein groſſes Ungluͤck in unſerm Hof erlebet.
Aber hoͤret! dem freundlichen Jtaliaͤner/ der meinem
Bruder Fabiano ſo viel Gutes erzeiget/ iſt geſtern ſein
Pferd verrecket/ derowegen hat er den Ritter Philan-
der
um 100. Kronen gebetten/ fuͤr ſolche ein anders zu
kauffen/ verſpricht ihm auch eure Buͤrgſchafft als
heute zu erlangen/ darauf empfaͤnget er das Geld/
und wie Philander inzwiſchen erfaͤhret/ daß ihr nach
Lindau ſeyd verraͤyſet/ ſendet er zu Venerco, und wil
ſein Geld wieder haben/ auß Beyſorge/ er moͤchte
fortgehen/ ehe ihr wiederkaͤmet. Venereus kom̃t alſo
hieher zu mir/ und wil mich um Rath fragen/ ſolches
wird Philandern bald zu wiſſen gethan/ welcher ſich
aufs Pferdt wirfft/ ihm nachreitet/ und ihn ſchier vor
dieſem Hof eingeholet haͤtte. Jch verbarg alſo den
Venereum fuͤr ſeinem Grimm/ und ſchloſſe das Ge-
mach zu/ darinn ich ihn verſtecket/ alſo kehrete Philan-
der
in vollem Grimm wieder ſeines Weges/ und koͤn-
net ihr darbey ſehen/ daß er halb raſend geweſen fuͤr
Zorn/ weil er euch nicht einmahl gekannt/ ſonſten haͤt-
te er euch dieſes Geldes wegen auſſer allem Zweiffel
angeſprochen.

Das iſt dann wol ein groſſes Gluͤck/ ſprach der
Ritter/ daß ich mein Gewerbe ſo bald abgeleget habe.
Kommet/ meine Liebſte/ Florentia, und laſſet uns den
armen Venereum auß ſeinem Angſt-Winckel erloͤſen.
Hiermit giengen ſie in das verſchloſſene Gemach/ all-
wo der Ritter den Jtaliaͤner troͤſtete/ und ihm ver-
ſprach/ fuͤr das geliehene Geld Buͤrge zu werden/ daß
er von Philandern weiter keine Anfechtung haben ſol-
te. Darauf richtete die Frau eine gute Mahlzeit an/
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nach
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[687/0705] Romans II. Buch. glaube/ ſprach ſie/ ein Engel hat euch/ mein Hertz/ zu dieſer gelegenen Stunde hieher gefuͤhret/ ſonſt haͤt- ten wir ein groſſes Ungluͤck in unſerm Hof erlebet. Aber hoͤret! dem freundlichen Jtaliaͤner/ der meinem Bruder Fabiano ſo viel Gutes erzeiget/ iſt geſtern ſein Pferd verrecket/ derowegen hat er den Ritter Philan- der um 100. Kronen gebetten/ fuͤr ſolche ein anders zu kauffen/ verſpricht ihm auch eure Buͤrgſchafft als heute zu erlangen/ darauf empfaͤnget er das Geld/ und wie Philander inzwiſchen erfaͤhret/ daß ihr nach Lindau ſeyd verraͤyſet/ ſendet er zu Venerco, und wil ſein Geld wieder haben/ auß Beyſorge/ er moͤchte fortgehen/ ehe ihr wiederkaͤmet. Venereus kom̃t alſo hieher zu mir/ und wil mich um Rath fragen/ ſolches wird Philandern bald zu wiſſen gethan/ welcher ſich aufs Pferdt wirfft/ ihm nachreitet/ und ihn ſchier vor dieſem Hof eingeholet haͤtte. Jch verbarg alſo den Venereum fuͤr ſeinem Grimm/ und ſchloſſe das Ge- mach zu/ darinn ich ihn verſtecket/ alſo kehrete Philan- der in vollem Grimm wieder ſeines Weges/ und koͤn- net ihr darbey ſehen/ daß er halb raſend geweſen fuͤr Zorn/ weil er euch nicht einmahl gekannt/ ſonſten haͤt- te er euch dieſes Geldes wegen auſſer allem Zweiffel angeſprochen. Das iſt dann wol ein groſſes Gluͤck/ ſprach der Ritter/ daß ich mein Gewerbe ſo bald abgeleget habe. Kommet/ meine Liebſte/ Florentia, und laſſet uns den armen Venereum auß ſeinem Angſt-Winckel erloͤſen. Hiermit giengen ſie in das verſchloſſene Gemach/ all- wo der Ritter den Jtaliaͤner troͤſtete/ und ihm ver- ſprach/ fuͤr das geliehene Geld Buͤrge zu werden/ daß er von Philandern weiter keine Anfechtung haben ſol- te. Darauf richtete die Frau eine gute Mahlzeit an/ welche ſie um den Mittag zu ſich nahmen/ und dar- nach

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 687. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/705>, abgerufen am 22.11.2024.