den Zuhörern die Ohren schwitzen möchten; Da solte man ihnen billich entgegen ruffen:
O Coridon Coridon quae te dementia coepit? Ach Coridon grober Freund/ Wie sticht der Narr dich so sehr heunt?
Bißweilen kommen sie auch/ wann sie die Andacht sticht/ mit einem Spruch auß H. Schrifft herein ge- tretten/ und machen seltzame Glossen darüber/ daß man auch Kröten damit vergeben möchte. Was soll ich sagen von wunderseltzamen Prosopopoeiis, mit wel- chen sie herein gepranget kommen/ als hätten sie alle Künste gefressen? Da kommt bißweilen ein Perottus, ein Catolicius, ein Despauterius, ein Mancinellus, ein Priscianus, ein David Britannus, ein Augustinus Pa- thus, ein Adamus Trajectensis, ein Magister Telbene, ein Terentius, ein Scopas, und andere dergleichen ge- lehrter Leute mehr/ von welchen sie hier ein wenig und dort ein wenig herauß klauben/ und mit grossem Pracht ihren Discipeln einbläuen/ und wann man ih- nen dieselbe abkauffte/ so solten sie kaum das Janua sum rudibus deß Donati können. Cantalicius der spot- tet eines solchen Pedanten gar artig/ welcher Branchi- das geheissen/ mit nachfolgenden Versen:
Dum legit in Cathedra sapiens Branchida poetas, Allegat semper pro Cicerone Phocam. Branchidas ein sehr weiser Mann/ Die Poeten schön lesen kan/ Soll er aber Tullium nennen/ So soll er nichts als Phocam kennen
Wie viel besser und zuträglicher wäre es/ daß an sol- chen Gesellen der Wunsch deß Quintiliani erfüllet wäre/ da er saget: An den Paedagogis und Schulmei- stern möchte man dieses zum höchsten wünschen/ daß sie entweder gar gelehrt wären/ welches sie ihnen auch am meisten sollen lassen angelegen seyn/ oder/
daß
Deß Academiſchen
den Zuhoͤrern die Ohren ſchwitzen moͤchten; Da ſolte man ihnen billich entgegen ruffen:
O Coridon Coridon quæ te dementia cœpit? Ach Coridon grober Freund/ Wie ſticht der Narꝛ dich ſo ſehr heunt?
Bißweilen kommen ſie auch/ wann ſie die Andacht ſticht/ mit einem Spruch auß H. Schrifft herein ge- tretten/ und machen ſeltzame Gloſſen daruͤber/ daß man auch Kroͤten damit vergeben moͤchte. Was ſoll ich ſagen von wunderſeltzamen Proſopopœiis, mit wel- chen ſie herein gepranget kommen/ als haͤtten ſie alle Kuͤnſte gefreſſen? Da kommt bißweilen ein Perottus, ein Catolicius, ein Deſpauterius, ein Mancinellus, ein Priſcianus, ein David Britannus, ein Auguſtinus Pa- thus, ein Adamus Trajectenſis, ein Magiſter Telbene, ein Terentius, ein Scopas, und andere dergleichen ge- lehrter Leute mehr/ von welchen ſie hier ein wenig und dort ein wenig herauß klauben/ und mit groſſem Pracht ihren Diſcipeln einblaͤuen/ und wann man ih- nen dieſelbe abkauffte/ ſo ſolten ſie kaum das Janua ſum rudibus deß Donati koͤnnen. Cantalicius der ſpot- tet eines ſolchen Pedanten gar artig/ welcher Branchi- das geheiſſen/ mit nachfolgenden Verſen:
Dum legit in Cathedra ſapiens Branchida poetas, Allegat ſemper pro Cicerone Phocam. Branchidas ein ſehr weiſer Mann/ Die Poeten ſchoͤn leſen kan/ Soll er aber Tullium nennen/ So ſoll er nichts als Phocam kennen
Wie viel beſſer und zutraͤglicher waͤre es/ daß an ſol- chen Geſellen der Wunſch deß Quintiliani erfuͤllet waͤre/ da er ſaget: An den Pædagogis und Schulmei- ſtern moͤchte man dieſes zum hoͤchſten wuͤnſchen/ daß ſie entweder gar gelehrt waͤren/ welches ſie ihnen auch am meiſten ſollen laſſen angelegen ſeyn/ oder/
daß
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Deß Academiſchen
den Zuhoͤrern die Ohren ſchwitzen moͤchten; Da ſolte
man ihnen billich entgegen ruffen:
O Coridon Coridon quæ te dementia cœpit?
Ach Coridon grober Freund/
Wie ſticht der Narꝛ dich ſo ſehr heunt?
Bißweilen kommen ſie auch/ wann ſie die Andacht
ſticht/ mit einem Spruch auß H. Schrifft herein ge-
tretten/ und machen ſeltzame Gloſſen daruͤber/ daß
man auch Kroͤten damit vergeben moͤchte. Was ſoll
ich ſagen von wunderſeltzamen Proſopopœiis, mit wel-
chen ſie herein gepranget kommen/ als haͤtten ſie alle
Kuͤnſte gefreſſen? Da kommt bißweilen ein Perottus,
ein Catolicius, ein Deſpauterius, ein Mancinellus, ein
Priſcianus, ein David Britannus, ein Auguſtinus Pa-
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ein Terentius, ein Scopas, und andere dergleichen ge-
lehrter Leute mehr/ von welchen ſie hier ein wenig und
dort ein wenig herauß klauben/ und mit groſſem
Pracht ihren Diſcipeln einblaͤuen/ und wann man ih-
nen dieſelbe abkauffte/ ſo ſolten ſie kaum das Janua
ſum rudibus deß Donati koͤnnen. Cantalicius der ſpot-
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Branchidas ein ſehr weiſer Mann/
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So ſoll er nichts als Phocam kennen
Wie viel beſſer und zutraͤglicher waͤre es/ daß an ſol-
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waͤre/ da er ſaget: An den Pædagogis und Schulmei-
ſtern moͤchte man dieſes zum hoͤchſten wuͤnſchen/ daß
ſie entweder gar gelehrt waͤren/ welches ſie ihnen
auch am meiſten ſollen laſſen angelegen ſeyn/ oder/
daß
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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 852. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/872>, abgerufen am 22.11.2024.
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