Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Romans II. Buch. ter zu kehren/ welchen er eines andern zu berichtenhätte; Diese wolten zwar nicht gern daran/ als ih- nen aber Cavina ein Stück Goldes in die Hand ste- ckete/ folgeten sie ihm willig zurück. Wie sie vor den Richter kamen/ sprach Cavina: Mein Herr/ dieser Gefangene ist kein Dieb/ sondern das Pferd/ so er entführet/ hat etwas von seinem Geld in Leib bekom- men/ welches ihm der Fuhrmann nicht lassen wil/ darum ist er diese Nacht mit dem Roß darvon gerit- ten/ das Seinige wieder von ihm zu erhalten. Wäre er gesinnet gewesen/ das Roß dem Eigenthumer zu entwenden/ so wäre er darmit nicht hieher gekommen/ dann er wuste ja wol/ daß deß Fuhrmanns Weg auch hieher gerichtet war. Der Richter aber wolte sich hieran nicht kehren/ sondern beschwerete sich/ daß Troll mit Steinen nach den Gerichts-Dienern ge- worffen/ und ihm also seine Jurisdiction verachtet hätte. Worauf Cavina sprach: Wann ich/ mein Herr/ die Warheit sagen soll/ so hat dieser Angeklage- te nicht Ursach/ sich eurer Jurisdiction zu unterwerf- fen/ sondern dieser Streit gehöret vor den Rectorem hiesiger Universität/ weil er ist ein Diener eines für- nehmen Jtaliäners/ der den Studiis allhier obligen wil/ und der auf dem Weg durch einen Unfall von uns ist abgetrennet worden. Als der Richter dieses hörete/ der gelehrte Schweitzer auch/ samt dem Schwäbischen Edelmann/ deß Cavina Worte be- kräfftigten/ da sprach er den Troll in so weit frey/ je- doch mit dem Beding/ daß er stehenden Fusses/ zu- samt dem Fuhrmann/ nach dem Rectore Magnifico gieng/ und auf seine Anklage sich vor demselben ver- antworten möchte. Womit die gantze Gesellschafft/ außgenommen der Fuhrmann/ sehr wol zufrieden war/ und nachdem sie dem Richter ein Compliment gemacht/ O o o 2
Romans II. Buch. ter zu kehren/ welchen er eines andern zu berichtenhaͤtte; Dieſe wolten zwar nicht gern daran/ als ih- nen aber Cavina ein Stuͤck Goldes in die Hand ſte- ckete/ folgeten ſie ihm willig zuruͤck. Wie ſie vor den Richter kamen/ ſprach Cavina: Mein Herꝛ/ dieſer Gefangene iſt kein Dieb/ ſondern das Pferd/ ſo er entfuͤhret/ hat etwas von ſeinem Geld in Leib bekom- men/ welches ihm der Fuhrmann nicht laſſen wil/ darum iſt er dieſe Nacht mit dem Roß darvon gerit- ten/ das Seinige wieder von ihm zu erhalten. Waͤre er geſinnet geweſen/ das Roß dem Eigenthumer zu entwenden/ ſo waͤre er darmit nicht hieher gekom̃en/ dann er wuſte ja wol/ daß deß Fuhrmanns Weg auch hieher gerichtet war. Der Richter aber wolte ſich hieran nicht kehren/ ſondern beſchwerete ſich/ daß Troll mit Steinen nach den Gerichts-Dienern ge- worffen/ und ihm alſo ſeine Jurisdiction verachtet haͤtte. Worauf Cavina ſprach: Wann ich/ mein Herꝛ/ die Warheit ſagen ſoll/ ſo hat dieſer Angeklage- te nicht Urſach/ ſich eurer Jurisdiction zu unterwerf- fen/ ſondern dieſer Streit gehoͤret vor den Rectorem hieſiger Univerſitaͤt/ weil er iſt ein Diener eines fuͤr- nehmen Jtaliaͤners/ der den Studiis allhier obligen wil/ und der auf dem Weg durch einen Unfall von uns iſt abgetrennet worden. Als der Richter dieſes hoͤrete/ der gelehrte Schweitzer auch/ ſamt dem Schwaͤbiſchen Edelmann/ deß Cavina Worte be- kraͤfftigten/ da ſprach er den Troll in ſo weit frey/ je- doch mit dem Beding/ daß er ſtehenden Fuſſes/ zu- ſamt dem Fuhrmann/ nach dem Rectore Magnifico gieng/ und auf ſeine Anklage ſich vor demſelben ver- antworten moͤchte. Womit die gantze Geſellſchafft/ außgenommen der Fuhrmann/ ſehr wol zufrieden war/ und nachdem ſie dem Richter ein Compliment gemacht/ O o o 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0967" n="947"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">II.</hi> Buch.</hi></fw><lb/> ter zu kehren/ welchen er eines andern zu berichten<lb/> haͤtte; Dieſe wolten zwar nicht gern daran/ als ih-<lb/> nen aber <hi rendition="#aq">Cavina</hi> ein Stuͤck Goldes in die Hand ſte-<lb/> ckete/ folgeten ſie ihm willig zuruͤck. Wie ſie vor den<lb/> Richter kamen/ ſprach <hi rendition="#aq">Cavina:</hi> Mein Herꝛ/ dieſer<lb/> Gefangene iſt kein Dieb/ ſondern das Pferd/ ſo er<lb/> entfuͤhret/ hat etwas von ſeinem Geld in Leib bekom-<lb/> men/ welches ihm der Fuhrmann nicht laſſen wil/<lb/> darum iſt er dieſe Nacht mit dem Roß darvon gerit-<lb/> ten/ das Seinige wieder von ihm zu erhalten. Waͤre<lb/> er geſinnet geweſen/ das Roß dem Eigenthumer zu<lb/> entwenden/ ſo waͤre er darmit nicht hieher gekom̃en/<lb/> dann er wuſte ja wol/ daß deß Fuhrmanns Weg auch<lb/> hieher gerichtet war. Der Richter aber wolte ſich<lb/> hieran nicht kehren/ ſondern beſchwerete ſich/ daß<lb/> Troll mit Steinen nach den Gerichts-Dienern ge-<lb/> worffen/ und ihm alſo ſeine <hi rendition="#aq">Jurisdiction</hi> verachtet<lb/> haͤtte. Worauf <hi rendition="#aq">Cavina</hi> ſprach: Wann ich/ mein<lb/> Herꝛ/ die Warheit ſagen ſoll/ ſo hat dieſer Angeklage-<lb/> te nicht Urſach/ ſich eurer <hi rendition="#aq">Jurisdiction</hi> zu unterwerf-<lb/> fen/ ſondern dieſer Streit gehoͤret vor den <hi rendition="#aq">Rectorem</hi><lb/> hieſiger <hi rendition="#aq">Univerſit</hi>aͤt/ weil er iſt ein Diener eines fuͤr-<lb/> nehmen Jtaliaͤners/ der den <hi rendition="#aq">Studiis</hi> allhier obligen<lb/> wil/ und der auf dem Weg durch einen Unfall von<lb/> uns iſt abgetrennet worden. Als der Richter dieſes<lb/> hoͤrete/ der gelehrte Schweitzer auch/ ſamt dem<lb/> Schwaͤbiſchen Edelmann/ deß <hi rendition="#aq">Cavina</hi> Worte be-<lb/> kraͤfftigten/ da ſprach er den Troll in ſo weit frey/ je-<lb/> doch mit dem Beding/ daß er ſtehenden Fuſſes/ zu-<lb/> ſamt dem Fuhrmann/ nach dem <hi rendition="#aq">Rectore Magnifico</hi><lb/> gieng/ und auf ſeine Anklage ſich vor demſelben ver-<lb/> antworten moͤchte. Womit die gantze Geſellſchafft/<lb/> außgenommen der Fuhrmann/ ſehr wol zufrieden<lb/> war/ und nachdem ſie dem Richter ein <hi rendition="#aq">Compliment</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig">O o o 2</fw><fw place="bottom" type="catch">gemacht/</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [947/0967]
Romans II. Buch.
ter zu kehren/ welchen er eines andern zu berichten
haͤtte; Dieſe wolten zwar nicht gern daran/ als ih-
nen aber Cavina ein Stuͤck Goldes in die Hand ſte-
ckete/ folgeten ſie ihm willig zuruͤck. Wie ſie vor den
Richter kamen/ ſprach Cavina: Mein Herꝛ/ dieſer
Gefangene iſt kein Dieb/ ſondern das Pferd/ ſo er
entfuͤhret/ hat etwas von ſeinem Geld in Leib bekom-
men/ welches ihm der Fuhrmann nicht laſſen wil/
darum iſt er dieſe Nacht mit dem Roß darvon gerit-
ten/ das Seinige wieder von ihm zu erhalten. Waͤre
er geſinnet geweſen/ das Roß dem Eigenthumer zu
entwenden/ ſo waͤre er darmit nicht hieher gekom̃en/
dann er wuſte ja wol/ daß deß Fuhrmanns Weg auch
hieher gerichtet war. Der Richter aber wolte ſich
hieran nicht kehren/ ſondern beſchwerete ſich/ daß
Troll mit Steinen nach den Gerichts-Dienern ge-
worffen/ und ihm alſo ſeine Jurisdiction verachtet
haͤtte. Worauf Cavina ſprach: Wann ich/ mein
Herꝛ/ die Warheit ſagen ſoll/ ſo hat dieſer Angeklage-
te nicht Urſach/ ſich eurer Jurisdiction zu unterwerf-
fen/ ſondern dieſer Streit gehoͤret vor den Rectorem
hieſiger Univerſitaͤt/ weil er iſt ein Diener eines fuͤr-
nehmen Jtaliaͤners/ der den Studiis allhier obligen
wil/ und der auf dem Weg durch einen Unfall von
uns iſt abgetrennet worden. Als der Richter dieſes
hoͤrete/ der gelehrte Schweitzer auch/ ſamt dem
Schwaͤbiſchen Edelmann/ deß Cavina Worte be-
kraͤfftigten/ da ſprach er den Troll in ſo weit frey/ je-
doch mit dem Beding/ daß er ſtehenden Fuſſes/ zu-
ſamt dem Fuhrmann/ nach dem Rectore Magnifico
gieng/ und auf ſeine Anklage ſich vor demſelben ver-
antworten moͤchte. Womit die gantze Geſellſchafft/
außgenommen der Fuhrmann/ ſehr wol zufrieden
war/ und nachdem ſie dem Richter ein Compliment
gemacht/
O o o 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |