Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Romans II. Buch. Jnmittelst bekomme ich biervon Anlaß zu reden/ von den Jch wende mich nun zu dem Männlichen Geschlecht/ Staub/
Romans II. Buch. Jnmittelſt bekomme ich biervon Anlaß zu reden/ von den Jch wende mich nun zu dem Maͤnnlichen Geſchlecht/ Staub/
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Romans II. Buch.
Jnmittelſt bekomme ich biervon Anlaß zu reden/ von den
ungewoͤhnlichen Speiſen oder vielmehr von dem unnatuͤrlichen
Einſchlucken/ (dann von vielen werden nachfolgende Sachen
nicht auß Appetit, oder den hungerigen Magen zu flillen/ ein-
geſchwelget/) verſchiedener Menſchen zu reden, Offtmahlen
iſt das Frauenzimmer von einer eitlen Einbildung dermaſſen
eingenommen/ daß es ihm einbildet/ durch Beſchwerung deß
Magens mit ungewoͤhnlichen Speiſen ihrer offtmahl gebrech-
lichen Schoͤnheit Rath zu ſchaffen/ und an Statt der natuͤr-
lichen Roͤthe/ (welche ſie eine Bauren-Farbe nennen/) eine ſo
genannte Fuͤrſtl. Schoͤnheit/ welche in einem bleich-weiſſen Ant-
litz beſtehen ſoll/ zuwegen zu bringen. Zu ſolchem Ende freſſen
ſie gantze Stuͤcker Kreiden/ Bley/ und andere Sachen/ in den
Leib/ welche zwar eine bleiche Farbe erwecken/ aber auch meh-
rentheils die Daͤuung deß Magens dergeftalt hemmen/ daß ge-
meiniglich eine oder andere boͤſe Kranckheit darauf folget/ wie
dann vor gewiß geſaget wird/ daß auf ſolche Weiſe vor wenigen
Jahren eine Dame auß dem allervornehmſten Geſchlecht der
Welt ihren Tod all zu fruͤhzeitig zuwegen gebracht. Eine an-
dere vornehme Jungfrau/ nemlich/ eines Burgermeiſters Toch-
ter zu Amſterdam nahm von dem ſtinckenden Brenn-Turff und
geſchnittenen Stuͤcklein Bleys ſo viel zu ſich/ daß ſie endlich im
Haupt unrichtig worden/ der Magen empfand groſſe Schmer-
tzen/ und der Unter-Leib ſenckte ſich weit herunter. Doch ſind
hierzu nicht zu rechnen die Jenigen/ welche auß Antrieb eines
unordentlichen Appetits offtmahl etwas Ungewoͤhnliches ge-
nieſſen; Wie dann vor wenig Jahren zu Schweinfurth ein
Maͤgdlein gelebet/ weiche/ weil ihr die Kraͤtze/ darvon ſie ſich
curiren laſſen/ in den Leib hinein getrieben worden/ in ein heffti-
ges Fieber verfallen/ und mit keinem Dinge beſſer geſaͤttiget
werden kunte/ als mit Meel-weiß zerriebener Kreide.
Jch wende mich nun zu dem Maͤnnlichen Geſchlecht/
welches auch nicht allerdings von dieſen unordentlichen Spei-
ſen befreyet iſt. Claudius, ein Lotthringer/ fraſſe nicht allein von
obangeruͤbrten Dingen/ ſondern auch Stroh/ Heu/ faule und
ſtinckende Sachen/ ſolches war Beflialiſch. Ja/ er ſchluckte ſ. v.
den warmen und friſch-geworffenen Kuͤh-Unflath ſonder Eckel
ein/ und uͤbertraff auch darinn die Beſtien ſelber. Zu angereg-
tem Schweinfurth war vor kurtzer Zeit ein Knab von etwan
6. Jahren/ eines Maͤurers Sohn/ welcher/ nachdem ihm die
Mutter-Milch entzogen worden/ alſobald einen Luſt zu Kreide/
Staub/
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