Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733.Weise nicht wohl wissen können. Jedennoch ist hiebey einer genauen Untersuchung vonnöhten. Denn manche Menschen sehen sich und andere, wenn die Phantasey so starck von innen den Gesichts-Nerven rührt, als sonst von aussen geschiehet, oder wenn zähigte und klare Feuchtigkeiten vor ihren Aug-Apfel entweder auf der äussern Haut oder in der Luft schweben. (y) Man nimmt auch öfters wahr, daß dasjenige, was dergleichen Persohnen wollen gesehen oder gehört haben, lediglich erdichtet und ein Werck der Träumerey sey. §. XXIX. Wenn die Phantasie bey einem Menschen verdorben ist und derselbe allerley wunderliche Bewegungen macht, so von andern, sonderlich Weibern und Kindern, die von zarten Gewebe der Saft-Gefässe sind, angesehen werden, so entstehen gleiche Eindrückungen in dem Gehirne der Zuschauer. Der Eindruck ist desto stärcker, je schwächer die Gefäße der Zuschauenden und derer, so sich die wunderlichen Geberden in einer lebhaften und von einem starcken Affect begleiteten Einbildung vorstellen. Es ist ein bekanntes Exempel, daß eine schwangere Frau, so zu Paris einen Verdammten hatte rädern gesehen, nachhero ein Kind zur Welt gebohren, in welchen (y) Man kan davon einige Exempel finden in IOH. CONR. DANNHAWERI Idea boni interpretis Art. II. §. 24. p. 33. sqq.
Weise nicht wohl wissen können. Jedennoch ist hiebey einer genauen Untersuchung vonnöhten. Denn manche Menschen sehen sich und andere, wenn die Phantasey so starck von innen den Gesichts-Nerven rührt, als sonst von aussen geschiehet, oder wenn zähigte und klare Feuchtigkeiten vor ihren Aug-Apfel entweder auf der äussern Haut oder in der Luft schweben. (y) Man nimmt auch öfters wahr, daß dasjenige, was dergleichen Persohnen wollen gesehen oder gehört haben, lediglich erdichtet und ein Werck der Träumerey sey. §. XXIX. Wenn die Phantasie bey einem Menschen verdorben ist und derselbe allerley wunderliche Bewegungen macht, so von andern, sonderlich Weibern und Kindern, die von zarten Gewebe der Saft-Gefässe sind, angesehen werden, so entstehen gleiche Eindrückungen in dem Gehirne der Zuschauer. Der Eindruck ist desto stärcker, je schwächer die Gefäße der Zuschauenden und derer, so sich die wunderlichen Geberden in einer lebhaften und von einem starcken Affect begleiteten Einbildung vorstellen. Es ist ein bekanntes Exempel, daß eine schwangere Frau, so zu Paris einen Verdammten hatte rädern gesehen, nachhero ein Kind zur Welt gebohren, in welchen (y) Man kan davon einige Exempel finden in IOH. CONR. DANNHAWERI Idea boni interpretis Art. II. §. 24. p. 33. sqq.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0105" n="107"/> Weise nicht wohl wissen können. Jedennoch ist hiebey einer genauen Untersuchung vonnöhten. Denn manche Menschen sehen sich und andere, wenn die Phantasey so starck von innen den Gesichts-Nerven rührt, als sonst von aussen geschiehet, oder wenn zähigte und klare Feuchtigkeiten vor ihren Aug-Apfel entweder auf der äussern Haut oder in der Luft schweben. <note place="foot" n="(y)">Man kan davon einige Exempel finden in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">IOH. CONR. DANNHAWERI Idea boni interpretis</hi> Art. II. §. 24. p. 33. sqq.</hi></note> Man nimmt auch öfters wahr, daß dasjenige, was dergleichen Persohnen wollen gesehen oder gehört haben, lediglich erdichtet und ein Werck der Träumerey sey.</p> </div> <div n="2"> <head>§. XXIX.</head><lb/> <p>Wenn die Phantasie bey einem Menschen verdorben ist und derselbe allerley wunderliche Bewegungen macht, so von andern, sonderlich Weibern und Kindern, die von zarten Gewebe der Saft-Gefässe sind, angesehen werden, so entstehen gleiche Eindrückungen in dem Gehirne der Zuschauer. Der Eindruck ist desto stärcker, je schwächer die Gefäße der Zuschauenden und derer, so sich die wunderlichen Geberden in einer lebhaften und von einem starcken Affect begleiteten Einbildung vorstellen. Es ist ein bekanntes Exempel, daß eine schwangere Frau, so zu Paris einen Verdammten hatte rädern gesehen, nachhero ein Kind zur Welt gebohren, in welchen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [107/0105]
Weise nicht wohl wissen können. Jedennoch ist hiebey einer genauen Untersuchung vonnöhten. Denn manche Menschen sehen sich und andere, wenn die Phantasey so starck von innen den Gesichts-Nerven rührt, als sonst von aussen geschiehet, oder wenn zähigte und klare Feuchtigkeiten vor ihren Aug-Apfel entweder auf der äussern Haut oder in der Luft schweben. (y) Man nimmt auch öfters wahr, daß dasjenige, was dergleichen Persohnen wollen gesehen oder gehört haben, lediglich erdichtet und ein Werck der Träumerey sey.
§. XXIX.
Wenn die Phantasie bey einem Menschen verdorben ist und derselbe allerley wunderliche Bewegungen macht, so von andern, sonderlich Weibern und Kindern, die von zarten Gewebe der Saft-Gefässe sind, angesehen werden, so entstehen gleiche Eindrückungen in dem Gehirne der Zuschauer. Der Eindruck ist desto stärcker, je schwächer die Gefäße der Zuschauenden und derer, so sich die wunderlichen Geberden in einer lebhaften und von einem starcken Affect begleiteten Einbildung vorstellen. Es ist ein bekanntes Exempel, daß eine schwangere Frau, so zu Paris einen Verdammten hatte rädern gesehen, nachhero ein Kind zur Welt gebohren, in welchen
(y) Man kan davon einige Exempel finden in IOH. CONR. DANNHAWERI Idea boni interpretis Art. II. §. 24. p. 33. sqq.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/harenberg_vampirs_1733 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/harenberg_vampirs_1733/105 |
Zitationshilfe: | Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harenberg_vampirs_1733/105>, abgerufen am 16.02.2025. |