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Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733.

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Sinnen in unrichtiger disposition sind, wenn die verdorbene Einbildung die Meisterinn der Erfahrung ist, wenn der gewissere Sinn dem ungewissern widerstrebet, wenn das Urtheil des Verstandes mit der Empfindung der Sinnen vermenget wird; so kan man sich keiner richtigen Wahrnehmung rühmen. Einer, der mit dem Fieber behaftet ist, schreibt den süssen Sachen einen bittern Geschmack zu. Ein gelbsüchtiger siehet weisse Sachen für gelb an. Ein hypochondriacus und visionarius hört GOttes Stimme in sich, er siehet die Engel, er beschauet den Himmel und die becrönten Kinder darinnen, er nimmt tausend Dinge wahr, so der Vernunft und dem Worte GOttes entgegen sind, und schweret auf die Gewisheit derselben, falls er die Eid-Schwüre nicht verabscheuet. Ein Knabe in Schweden, dessen Aug-Apfel durch einen hereingeworffenen Schnee-Ball verletzet war, nahm durch die Augen alles doppelt wahr, welches ihm durchs Gefühl nur einfach vorkam. Bey der Beschauung der Nord-Lichter wollen einige das Gerassel der Reuters und der Degens, so gar das Schiessen, wahrgenommen haben, weil sie nemlich geurtheilet, daß dadurch Krieg angezeiget würde. Im gegenwärtigen Falle haben die angesteckten, vermöge der hergebrachten Historien, geurtheilet, daß ihnen jemand das Bluht absöge. Allein wen haben die Umstehenden gesehen, der solches verrichtet hätte? Aus welchen Gefässen und aus welchen Löchern ist das Bluht abgezapfet? Wer hat es herausfliessend gesehen? Wer hat es mit dem Berühren der

Sinnen in unrichtiger disposition sind, wenn die verdorbene Einbildung die Meisterinn der Erfahrung ist, wenn der gewissere Sinn dem ungewissern widerstrebet, wenn das Urtheil des Verstandes mit der Empfindung der Sinnen vermenget wird; so kan man sich keiner richtigen Wahrnehmung rühmen. Einer, der mit dem Fieber behaftet ist, schreibt den süssen Sachen einen bittern Geschmack zu. Ein gelbsüchtiger siehet weisse Sachen für gelb an. Ein hypochondriacus und visionarius hört GOttes Stimme in sich, er siehet die Engel, er beschauet den Himmel und die becrönten Kinder darinnen, er nimmt tausend Dinge wahr, so der Vernunft und dem Worte GOttes entgegen sind, und schweret auf die Gewisheit derselben, falls er die Eid-Schwüre nicht verabscheuet. Ein Knabe in Schweden, dessen Aug-Apfel durch einen hereingeworffenen Schnee-Ball verletzet war, nahm durch die Augen alles doppelt wahr, welches ihm durchs Gefühl nur einfach vorkam. Bey der Beschauung der Nord-Lichter wollen einige das Gerassel der Reuters und der Degens, so gar das Schiessen, wahrgenommen haben, weil sie nemlich geurtheilet, daß dadurch Krieg angezeiget würde. Im gegenwärtigen Falle haben die angesteckten, vermöge der hergebrachten Historien, geurtheilet, daß ihnen jemand das Bluht absöge. Allein wen haben die Umstehenden gesehen, der solches verrichtet hätte? Aus welchen Gefässen und aus welchen Löchern ist das Bluht abgezapfet? Wer hat es herausfliessend gesehen? Wer hat es mit dem Berühren der

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[128/0126] Sinnen in unrichtiger disposition sind, wenn die verdorbene Einbildung die Meisterinn der Erfahrung ist, wenn der gewissere Sinn dem ungewissern widerstrebet, wenn das Urtheil des Verstandes mit der Empfindung der Sinnen vermenget wird; so kan man sich keiner richtigen Wahrnehmung rühmen. Einer, der mit dem Fieber behaftet ist, schreibt den süssen Sachen einen bittern Geschmack zu. Ein gelbsüchtiger siehet weisse Sachen für gelb an. Ein hypochondriacus und visionarius hört GOttes Stimme in sich, er siehet die Engel, er beschauet den Himmel und die becrönten Kinder darinnen, er nimmt tausend Dinge wahr, so der Vernunft und dem Worte GOttes entgegen sind, und schweret auf die Gewisheit derselben, falls er die Eid-Schwüre nicht verabscheuet. Ein Knabe in Schweden, dessen Aug-Apfel durch einen hereingeworffenen Schnee-Ball verletzet war, nahm durch die Augen alles doppelt wahr, welches ihm durchs Gefühl nur einfach vorkam. Bey der Beschauung der Nord-Lichter wollen einige das Gerassel der Reuters und der Degens, so gar das Schiessen, wahrgenommen haben, weil sie nemlich geurtheilet, daß dadurch Krieg angezeiget würde. Im gegenwärtigen Falle haben die angesteckten, vermöge der hergebrachten Historien, geurtheilet, daß ihnen jemand das Bluht absöge. Allein wen haben die Umstehenden gesehen, der solches verrichtet hätte? Aus welchen Gefässen und aus welchen Löchern ist das Bluht abgezapfet? Wer hat es herausfliessend gesehen? Wer hat es mit dem Berühren der

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Zitationshilfe: Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harenberg_vampirs_1733/126>, abgerufen am 21.11.2024.