Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733.

Bild:
<< vorherige Seite

Leichtgläubigen bereden konnten, daß das Glück und Unglück, die Gedancken und Anschläge der Menschen, und alle irrdische Würckung von dem Laufe der Sternen herrührten. Sie unterhielten durch diese Meynung ihre Ehre und Einkünfte. Denn jedermann war begierig, den Ausgang verwirrter und schwerer Dinge voraus zu wissen. Es schiene ungereimt zu sagen, daß die Welt-Cörper den Zustand der Menschen voraus wüsten. Man fiel demnach auf die Einbildung, als ob Geister darin wohnten, so den Lauf derselben beforderten, und sie in die himmlischen Häuser und Ordnungen versetzten. Der gute Aristoteles hatte diese Geister oder oder intelligentien in seiner Natur-Lehre beybehalten, entweder, weil es damahls so gebräuchlich war, oder weil er sich dieser Lauf-Geister in Erklährung des Himmels-Laufs bey den Einfältigen bedienen konnte. Nachdem man aber die Regeln der Bewegungen untersuchet, und daraus den Lauf der himmlischen Cörper zu erklähren angefangen hat, sind die intelligentien aus der Mode gekommen, und den Phantasten im Schlaraffenlande verpachtet. Jedoch wollte annoch vor kurtzem ein grauer Aristotelischer Gottes-Gelehrter die Würcklichkeit der Engel aus diesen intelligentien erweisen. Ich besinne mich auch auf einen hoch-erfahrnen Artzt, der die Ursachen der Witterung auf Erden von dem Lauffe der Sternen ableitet, und zu diesem Ende die himmlischen Quartiere mit Geistern anfüllet. Sein Grund-Satz läuft dahin aus, daß alles dasjenige, was auf bestimmte Weise würcket,

Leichtgläubigen bereden konnten, daß das Glück und Unglück, die Gedancken und Anschläge der Menschen, und alle irrdische Würckung von dem Laufe der Sternen herrührten. Sie unterhielten durch diese Meynung ihre Ehre und Einkünfte. Denn jedermann war begierig, den Ausgang verwirrter und schwerer Dinge voraus zu wissen. Es schiene ungereimt zu sagen, daß die Welt-Cörper den Zustand der Menschen voraus wüsten. Man fiel demnach auf die Einbildung, als ob Geister darin wohnten, so den Lauf derselben beforderten, und sie in die himmlischen Häuser und Ordnungen versetzten. Der gute Aristoteles hatte diese Geister oder oder intelligentien in seiner Natur-Lehre beybehalten, entweder, weil es damahls so gebräuchlich war, oder weil er sich dieser Lauf-Geister in Erklährung des Himmels-Laufs bey den Einfältigen bedienen konnte. Nachdem man aber die Regeln der Bewegungen untersuchet, und daraus den Lauf der himmlischen Cörper zu erklähren angefangen hat, sind die intelligentien aus der Mode gekommen, und den Phantasten im Schlaraffenlande verpachtet. Jedoch wollte annoch vor kurtzem ein grauer Aristotelischer Gottes-Gelehrter die Würcklichkeit der Engel aus diesen intelligentien erweisen. Ich besinne mich auch auf einen hoch-erfahrnen Artzt, der die Ursachen der Witterung auf Erden von dem Lauffe der Sternen ableitet, und zu diesem Ende die himmlischen Quartiere mit Geistern anfüllet. Sein Grund-Satz läuft dahin aus, daß alles dasjenige, was auf bestimmte Weise würcket,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0070" n="72"/>
Leichtgläubigen bereden konnten, daß das Glück und Unglück, die Gedancken und Anschläge der Menschen, und alle irrdische Würckung von dem Laufe der Sternen herrührten. Sie unterhielten durch diese Meynung ihre Ehre und Einkünfte. Denn jedermann war begierig, den Ausgang verwirrter und schwerer Dinge voraus zu wissen. Es schiene ungereimt zu sagen, daß die Welt-Cörper den Zustand der Menschen voraus wüsten. Man fiel demnach auf die Einbildung, als ob Geister darin wohnten, so den Lauf derselben beforderten, und sie in die himmlischen Häuser und Ordnungen versetzten. Der gute Aristoteles hatte diese Geister oder oder <hi rendition="#aq">intelligent</hi>ien in seiner Natur-Lehre beybehalten, entweder, weil es damahls so gebräuchlich war, oder weil er sich dieser Lauf-Geister in Erklährung des Himmels-Laufs bey den Einfältigen bedienen konnte. Nachdem man aber die Regeln der Bewegungen untersuchet, und daraus den Lauf der himmlischen Cörper zu erklähren angefangen hat, sind die <hi rendition="#aq">intelligenti</hi>en aus der Mode gekommen, und den Phantasten im Schlaraffenlande verpachtet. Jedoch wollte annoch vor kurtzem ein grauer Aristotelischer Gottes-Gelehrter die Würcklichkeit der Engel aus diesen <hi rendition="#aq">intelligenti</hi>en erweisen. Ich besinne mich auch auf einen hoch-erfahrnen Artzt, der die Ursachen der Witterung auf Erden von dem Lauffe der Sternen ableitet, und zu diesem Ende die himmlischen Quartiere mit Geistern anfüllet. Sein Grund-Satz läuft dahin aus, daß alles dasjenige, was auf bestimmte Weise würcket,
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[72/0070] Leichtgläubigen bereden konnten, daß das Glück und Unglück, die Gedancken und Anschläge der Menschen, und alle irrdische Würckung von dem Laufe der Sternen herrührten. Sie unterhielten durch diese Meynung ihre Ehre und Einkünfte. Denn jedermann war begierig, den Ausgang verwirrter und schwerer Dinge voraus zu wissen. Es schiene ungereimt zu sagen, daß die Welt-Cörper den Zustand der Menschen voraus wüsten. Man fiel demnach auf die Einbildung, als ob Geister darin wohnten, so den Lauf derselben beforderten, und sie in die himmlischen Häuser und Ordnungen versetzten. Der gute Aristoteles hatte diese Geister oder oder intelligentien in seiner Natur-Lehre beybehalten, entweder, weil es damahls so gebräuchlich war, oder weil er sich dieser Lauf-Geister in Erklährung des Himmels-Laufs bey den Einfältigen bedienen konnte. Nachdem man aber die Regeln der Bewegungen untersuchet, und daraus den Lauf der himmlischen Cörper zu erklähren angefangen hat, sind die intelligentien aus der Mode gekommen, und den Phantasten im Schlaraffenlande verpachtet. Jedoch wollte annoch vor kurtzem ein grauer Aristotelischer Gottes-Gelehrter die Würcklichkeit der Engel aus diesen intelligentien erweisen. Ich besinne mich auch auf einen hoch-erfahrnen Artzt, der die Ursachen der Witterung auf Erden von dem Lauffe der Sternen ableitet, und zu diesem Ende die himmlischen Quartiere mit Geistern anfüllet. Sein Grund-Satz läuft dahin aus, daß alles dasjenige, was auf bestimmte Weise würcket,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-31T14:52:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-31T14:52:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-31T14:52:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • ſz, ſ sowie ſſ werden durch ß, s bzw. ss transkribiert.
  • Ligaturen wie z.B. Æ und Œ, werden zu zwei getrennten Zeichen transkribiert, im Beispiel also zu Ae und Oe.
  • Die Buchstaben mit dem kleinen e darüber werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Die Transkription folgt dem Original.
  • Trennungsstriche (=) werden als - wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harenberg_vampirs_1733
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harenberg_vampirs_1733/70
Zitationshilfe: Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harenberg_vampirs_1733/70>, abgerufen am 27.11.2024.