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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 2. Nürnberg, 1648.

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Die zehende Stund.
11.
Mich kan man nicht zerspalten/
doch leichtlich scheiden ab/
und bringen in das Grab/
wil man mich schwartz behalten/
muß man mich nicht verbrennen/
und durch das Bley zertrennen.
Crinis.
12.
Jch hab wol/ was man wünscht/ und kan es doch
nicht geben;
der Hände Wankelart macht mich im Zweiffel
schweben/
Jch bringe Freud' und Leid/ und fühle keines
nicht/
ich hab auch manchen Zwiest aufrichtig aus-
gericht.
Tessera.

Diese letzere Rähtsel bestehen nicht eigentlich in
einer Gleichniß/ sondern vielmehr in einer ver-
blümten/ und fast tunkeln Beschreibung/ welche
gleichsowol ihr Lob/ zu solchen Sinnspielen veran-
lassen/ und die müssige Jugend belustigen können.

15. Es ist auch der Grund der Sinnbilder be-
sagter massen beschaffen/ daß selber entweder auf
einer Gleichniß/ oder verblümten/ doch artigen

Aus-
Die zehende Stund.
11.
Mich kan man nicht zerſpalten/
doch leichtlich ſcheiden ab/
und bringen in das Grab/
wil man mich ſchwartz behalten/
muß man mich nicht verbrennen/
und durch das Bley zertrennen.
Crinis.
12.
Jch hab wol/ was man wuͤnſcht/ und kan es doch
nicht geben;
der Haͤnde Wankelart macht mich im Zweiffel
ſchweben/
Jch bringe Freud’ und Leid/ und fuͤhle keines
nicht/
ich hab auch manchen Zwieſt aufrichtig aus-
gericht.
Teſſera.

Dieſe letzere Raͤhtſel beſtehen nicht eigentlich in
einer Gleichniß/ ſondern vielmehr in einer ver-
bluͤmten/ und faſt tunkeln Beſchreibung/ welche
gleichſowol ihr Lob/ zu ſolchen Sinnſpielen veran-
laſſen/ und die muͤſſige Jugend beluſtigen koͤnnen.

15. Es iſt auch der Grund der Sinnbilder be-
ſagter maſſen beſchaffen/ daß ſelber entweder auf
einer Gleichniß/ oder verbluͤmten/ doch artigen

Aus-
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[68/0082] Die zehende Stund. 11. Mich kan man nicht zerſpalten/ doch leichtlich ſcheiden ab/ und bringen in das Grab/ wil man mich ſchwartz behalten/ muß man mich nicht verbrennen/ und durch das Bley zertrennen. Crinis. 12. Jch hab wol/ was man wuͤnſcht/ und kan es doch nicht geben; der Haͤnde Wankelart macht mich im Zweiffel ſchweben/ Jch bringe Freud’ und Leid/ und fuͤhle keines nicht/ ich hab auch manchen Zwieſt aufrichtig aus- gericht. Teſſera. Dieſe letzere Raͤhtſel beſtehen nicht eigentlich in einer Gleichniß/ ſondern vielmehr in einer ver- bluͤmten/ und faſt tunkeln Beſchreibung/ welche gleichſowol ihr Lob/ zu ſolchen Sinnſpielen veran- laſſen/ und die muͤſſige Jugend beluſtigen koͤnnen. 15. Es iſt auch der Grund der Sinnbilder be- ſagter maſſen beſchaffen/ daß ſelber entweder auf einer Gleichniß/ oder verbluͤmten/ doch artigen Aus-

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 2. Nürnberg, 1648, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter02_1648/82>, abgerufen am 21.11.2024.