Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.Hofleben. 1. Ein Weidenkopp der blühet und keine Frucht bringet: Die Blüte sonder Güte. 2. Ein Hund durch einen Reiff springend: die Hungersnoht lehrt viel umbs Brod. 3. Ein Hirt mit einer grossen Herde: von grosse Herd/ groß Beschwert. 4. Ungleiche Ochsen unter einem Joch: in gleichem Band ungleicher Stand. 5. Ein Vogel auff einem Kloben gefangen: für das Gericht die Anätzung hofft ich das nicht. 6. Ein Schiff das versinket: die Nässe wird ein Netz. Von der Hofleute Trunkenheit. VIII. Von andren Arten der Sinnbilder. Hier müssen wir auch von den zwey/ drey/ und vierständ: gen Sinnbildern etliche Erempel beysetzen/ welche doch alle auch auff das Hofleben sollen können gezogen werden. Gleich wie nun je- ne von unterschiedlichen Sachen hergeführet worden/ so müssen diese von einerley allein abge- schen seyn. Also: 1. Ein voller Beutel in einer Hand: gefüllt durch Tück. 2. Ein leerer Beutel umgewendet in der Had: bringt solches Glück. oder: das grösst Unglück. Also heisst es bey Hofbald reich/ bald Arm. Ein
Hofleben. 1. Ein Weidẽkopp der bluͤhet und keine Frucht bringet: Die Bluͤte ſonder Guͤte. 2. Ein Hund durch einen Reiff ſpringend: die Hungersnoht lehrt viel umbs Brod. 3. Ein Hirt mit einer groſſen Herde: von groſſe Herd/ groß Beſchwert. 4. Ungleiche Ochſen unter einem Joch: in gleichem Band ungleicher Stand. 5. Ein Vogel auff einem Kloben gefangen: fuͤr das Gericht die Anaͤtzung hofft ich das nicht. 6. Ein Schiff das verſinket: die Naͤſſe wird ein Netz. Von der Hofleute Trunkenheit. VIII. Von andren Arten der Sinnbilder. Hier muͤſſen wir auch von den zwey/ drey/ und vierſtaͤnd: gen Sinnbildern etliche Erempel beyſetzen/ welche doch alle auch auff das Hofleben ſollen koͤnnen gezogen werden. Gleich wie nun je- ne von unterſchiedlichen Sachen hergefuͤhret worden/ ſo muͤſſen dieſe von einerley allein abge- ſchen ſeyn. Alſo: 1. Ein voller Beutel in einer Hand: gefuͤllt durch Tuͤck. 2. Ein leerer Beutel umgewendet in der Hãd: bringt ſolches Gluͤck. oder: das groͤſſt Ungluͤck. Alſo heiſſt es bey Hofbald reich/ bald Arm. Ein
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Hofleben.
1. Ein Weidẽkopp der bluͤhet und keine Frucht
bringet: Die Bluͤte ſonder Guͤte.
2. Ein Hund durch einen Reiff ſpringend:
die Hungersnoht lehrt viel umbs Brod.
3. Ein Hirt mit einer groſſen Herde:
von groſſe Herd/ groß Beſchwert.
4. Ungleiche Ochſen unter einem Joch:
in gleichem Band ungleicher Stand.
5. Ein Vogel auff einem Kloben gefangen:
fuͤr das Gericht die Anaͤtzung hofft ich
das nicht.
6. Ein Schiff das verſinket: die Naͤſſe wird
ein Netz.
Von der Hofleute Trunkenheit.
VIII. Von andren Arten der Sinnbilder.
Hier muͤſſen wir auch von den zwey/ drey/ und
vierſtaͤnd: gen Sinnbildern etliche Erempel
beyſetzen/ welche doch alle auch auff das Hofleben
ſollen koͤnnen gezogen werden. Gleich wie nun je-
ne von unterſchiedlichen Sachen hergefuͤhret
worden/ ſo muͤſſen dieſe von einerley allein abge-
ſchen ſeyn. Alſo:
1. Ein voller Beutel in einer Hand:
gefuͤllt durch Tuͤck.
2. Ein leerer Beutel umgewendet in der Hãd:
bringt ſolches Gluͤck.
oder: das groͤſſt Ungluͤck.
Alſo heiſſt es bey Hofbald reich/ bald Arm.
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Zitationshilfe: | Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 271[269]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/301>, abgerufen am 26.06.2024. |