Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

Bild:
<< vorherige Seite
Muschel.
316. Muschel.

Wo man schaut der Muschel viel/ sihet man
ein Wunderspiel/ und wird in so seltner Art. Der
Natur macht offenbart. Die Töchter der Mu-
schel sind gläntzende Perlen/ sie sind rauh in schrof-
fen/ geflammten/ gefaltnen/ gewellten/ gesteinten/
beruntzleten/ erharten Schalen. Es muß ein
Schatz dar seyn verwahrt/ weil sein Schrein ist
steinharter Art.

Die Perlen-Muschel ist ein Zeichen der Tu-
gend/ welche von aussen schlecht anzusehen/ in-
wendig aber ihren Schatz und Reichthum ent-
hält. Die Sonnen-Muschel (Canchae solares)
eröffnen sich gegen der Sonnen/ und schliessen
sich zu Abents/ können eine Deutung haben auf
GOTTES Gnaden-Gaben/ die Wir mit off-
nen Hertzen empfangen sollen. Besihe das XXIV.
Andachtsgemähl in dem ersten Theil der Sonn-
tags-Andachten.

317. Müssig/ Müssiggang.

Ein faullentzer/ unbeschäfftigt/ der hat das
gantze Jahr lange Tage/ lange Weil. Der Müs-
siggang der Laster Anfang und der Tugend Un-
tergang. Die Faulheit und Trägheit macht lan-
ge Zeit und arme Leut. Wer nicht der Arbeit ist
beflissen/ sol auch der Speise nicht genissen. Mehr
verzehren als erwerben/ ist die Strassen zum Ver-
derben. Der Müssiggang ist eine Ketten/ daran

alle
Z
Muſchel.
316. Muſchel.

Wo man ſchaut der Muſchel viel/ ſihet man
ein Wunderſpiel/ und wird in ſo ſeltner Art. Der
Natur macht offenbart. Die Toͤchter der Mu-
ſchel ſind glaͤntzẽde Perlen/ ſie ſind rauh in ſchrof-
fen/ geflammten/ gefaltnen/ gewellten/ geſteinten/
beruntzleten/ erharten Schalen. Es muß ein
Schatz dar ſeyn verwahrt/ weil ſein Schrein iſt
ſteinharter Art.

Die Perlen-Muſchel iſt ein Zeichen der Tu-
gend/ welche von auſſen ſchlecht anzuſehen/ in-
wendig aber ihren Schatz und Reichthum ent-
haͤlt. Die Sonnen-Muſchel (Canchæ ſolares)
eroͤffnen ſich gegen der Sonnen/ und ſchlieſſen
ſich zu Abents/ koͤnnen eine Deutung haben auf
GOTTES Gnaden-Gaben/ die Wir mit off-
nen Hertzen empfangẽ ſollen. Beſihe das XXIV.
Andachtsgemaͤhl in dem erſten Theil der Sonn-
tags-Andachten.

317. Muͤſſig/ Muͤſſiggang.

Ein faullentzer/ unbeſchaͤfftigt/ der hat das
gantze Jahr lange Tage/ lange Weil. Der Muͤſ-
ſiggang der Laſter Anfang und der Tugend Un-
tergang. Die Faulheit und Traͤgheit macht lan-
ge Zeit und arme Leut. Wer nicht der Arbeit iſt
befliſſen/ ſol auch der Speiſe nicht geniſſen. Mehr
verzehren als erwerben/ iſt die Straſſen zum Ver-
derben. Der Muͤſſiggang iſt eine Ketten/ daran

alle
Z
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0385" n="355[353]"/>
          <fw place="top" type="header">Mu&#x017F;chel.</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">316. Mu&#x017F;chel.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Wo man &#x017F;chaut der Mu&#x017F;chel viel/ &#x017F;ihet man<lb/>
ein Wunder&#x017F;piel/ und wird in &#x017F;o &#x017F;eltner Art. Der<lb/>
Natur macht offenbart. Die To&#x0364;chter der Mu-<lb/>
&#x017F;chel &#x017F;ind gla&#x0364;ntz&#x1EBD;de Perlen/ &#x017F;ie &#x017F;ind rauh in &#x017F;chrof-<lb/>
fen/ geflammten/ gefaltnen/ gewellten/ ge&#x017F;teinten/<lb/>
beruntzleten/ erharten Schalen. Es muß ein<lb/>
Schatz dar &#x017F;eyn verwahrt/ weil &#x017F;ein Schrein i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;teinharter Art.</p><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#fr">Perlen-Mu&#x017F;chel</hi> i&#x017F;t ein Zeichen der Tu-<lb/>
gend/ welche von au&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chlecht anzu&#x017F;ehen/ in-<lb/>
wendig aber ihren Schatz und Reichthum ent-<lb/>
ha&#x0364;lt. Die Sonnen-Mu&#x017F;chel (<hi rendition="#aq">Canchæ &#x017F;olares</hi>)<lb/>
ero&#x0364;ffnen &#x017F;ich gegen der Sonnen/ und &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ich zu Abents/ ko&#x0364;nnen eine Deutung haben auf<lb/>
GOTTES Gnaden-Gaben/ die Wir mit off-<lb/>
nen Hertzen empfang&#x1EBD; &#x017F;ollen. Be&#x017F;ihe das <hi rendition="#aq">XXIV.</hi><lb/>
Andachtsgema&#x0364;hl in dem er&#x017F;ten Theil der Sonn-<lb/>
tags-Andachten.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">317. Mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig/ Mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;iggang.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Ein faullentzer/ unbe&#x017F;cha&#x0364;fftigt/ der hat das<lb/>
gantze Jahr lange Tage/ lange Weil. Der Mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;iggang der La&#x017F;ter Anfang und der Tugend Un-<lb/>
tergang. Die Faulheit und Tra&#x0364;gheit macht lan-<lb/>
ge Zeit und arme Leut. Wer nicht der Arbeit i&#x017F;t<lb/>
befli&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;ol auch der Spei&#x017F;e nicht geni&#x017F;&#x017F;en. Mehr<lb/>
verzehren als erwerben/ i&#x017F;t die Stra&#x017F;&#x017F;en zum Ver-<lb/>
derben. Der Mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;iggang i&#x017F;t eine Ketten/ daran<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Z</fw><fw place="bottom" type="catch">alle</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[355[353]/0385] Muſchel. 316. Muſchel. Wo man ſchaut der Muſchel viel/ ſihet man ein Wunderſpiel/ und wird in ſo ſeltner Art. Der Natur macht offenbart. Die Toͤchter der Mu- ſchel ſind glaͤntzẽde Perlen/ ſie ſind rauh in ſchrof- fen/ geflammten/ gefaltnen/ gewellten/ geſteinten/ beruntzleten/ erharten Schalen. Es muß ein Schatz dar ſeyn verwahrt/ weil ſein Schrein iſt ſteinharter Art. Die Perlen-Muſchel iſt ein Zeichen der Tu- gend/ welche von auſſen ſchlecht anzuſehen/ in- wendig aber ihren Schatz und Reichthum ent- haͤlt. Die Sonnen-Muſchel (Canchæ ſolares) eroͤffnen ſich gegen der Sonnen/ und ſchlieſſen ſich zu Abents/ koͤnnen eine Deutung haben auf GOTTES Gnaden-Gaben/ die Wir mit off- nen Hertzen empfangẽ ſollen. Beſihe das XXIV. Andachtsgemaͤhl in dem erſten Theil der Sonn- tags-Andachten. 317. Muͤſſig/ Muͤſſiggang. Ein faullentzer/ unbeſchaͤfftigt/ der hat das gantze Jahr lange Tage/ lange Weil. Der Muͤſ- ſiggang der Laſter Anfang und der Tugend Un- tergang. Die Faulheit und Traͤgheit macht lan- ge Zeit und arme Leut. Wer nicht der Arbeit iſt befliſſen/ ſol auch der Speiſe nicht geniſſen. Mehr verzehren als erwerben/ iſt die Straſſen zum Ver- derben. Der Muͤſſiggang iſt eine Ketten/ daran alle Z

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/385
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 355[353]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/385>, abgerufen am 26.11.2024.