Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

Bild:
<< vorherige Seite

Reisen.
über Meere ziehen/ nur der Armut zu entfliehen.
Der Völker fremde Sitten erlernen/ viel erfah-
ren in jungen Lentzen Jahren: Es mag der alte
Kreis beym warmen Kachelofen/ auf grossen
Reichthum trauen/ die Jugend muß was schau-
en/ und lernen in der Fremd. Es ist ein Knab/
ein Kind/ ein unbejochtes Rind/ der weiter nicht
gekommen/ als Schatten vorgenommen der
Thurn in seiner Stadt sich verfremden.

Viellässet man reisen und sagt ihnen nicht/
warum sie mit so grossen Unkosten ausgeschicket
werden/ deßwegen sie in fremden Landen/ als in
einer Schule/ ein wenig von der Sprache und
viel von Lastern erlernen/ nachmals mit leerem
Beutel und einem bössen Gewissen/ wieder heim-
kommen die gründliche/ Politische Weisheit wird
von wenigen studiret.

Reissen gerissen lacerare, reisen fortziehen
peregrinari, räisen pingere, designare.

374. Rephun.

Der Rephüner sind dreyerley rote und zwey-
erley graue halten sich gerne/ wo der Quentel
häuffig zu finden. Sie ändern ihren Stand/ kom-
men aber wieder dahin. Jm Winter nehren sie
sich vom Moß der an den Bäumen wächset/ wie
die Phasanen. Je älter das Rephun/ je vollkom-
mener und besser ist es. Die Eyr kan man aus-
nemen/ und einem gemeinen Hun unterlegen.

Das

Reiſen.
uͤber Meere ziehen/ nur der Armut zu entfliehen.
Der Voͤlker fremde Sitten erlernen/ viel erfah-
ren in jungen Lentzen Jahren: Es mag der alte
Kreis beym warmen Kachelofen/ auf groſſen
Reichthum trauen/ die Jugend muß was ſchau-
en/ und lernen in der Fremd. Es iſt ein Knab/
ein Kind/ ein unbejochtes Rind/ der weiter nicht
gekommen/ als Schatten vorgenommen der
Thurn in ſeiner Stadt ſich verfremden.

Viellaͤſſet man reiſen und ſagt ihnen nicht/
warum ſie mit ſo groſſen Unkoſten ausgeſchicket
werden/ deßwegen ſie in fremden Landen/ als in
einer Schule/ ein wenig von der Sprache und
viel von Laſtern erlernen/ nachmals mit leerem
Beutel und einem boͤſſen Gewiſſen/ wieder heim-
kommen die gruͤndliche/ Politiſche Weiſheit wird
von wenigen ſtudiret.

Reiſſen geriſſen lacerare, reiſen fortziehen
peregrinari, raͤiſen pingere, deſignare.

374. Rephun.

Der Rephuͤner ſind dreyerley rote und zwey-
erley graue halten ſich gerne/ wo der Quentel
haͤuffig zu finden. Sie aͤndern ihren Stand/ kom-
men aber wieder dahin. Jm Winter nehren ſie
ſich vom Moß der an den Baͤumen waͤchſet/ wie
die Phaſanen. Je aͤlter das Rephun/ je vollkom-
mener und beſſer iſt es. Die Eyr kan man aus-
nemen/ und einem gemeinen Hun unterlegen.

Das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0422" n="392[390]"/><fw place="top" type="header">Rei&#x017F;en.</fw><lb/>
u&#x0364;ber Meere ziehen/ nur der Armut zu entfliehen.<lb/>
Der Vo&#x0364;lker fremde Sitten erlernen/ viel erfah-<lb/>
ren in jungen Lentzen Jahren: Es mag der alte<lb/>
Kreis beym warmen Kachelofen/ auf gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Reichthum trauen/ die Jugend muß was &#x017F;chau-<lb/>
en/ und lernen in der Fremd. Es i&#x017F;t ein Knab/<lb/>
ein Kind/ ein unbejochtes Rind/ der weiter nicht<lb/>
gekommen/ als Schatten vorgenommen der<lb/>
Thurn in &#x017F;einer Stadt &#x017F;ich verfremden.</p><lb/>
            <p>Viella&#x0364;&#x017F;&#x017F;et man rei&#x017F;en und &#x017F;agt ihnen nicht/<lb/>
warum &#x017F;ie mit &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">U</hi>nko&#x017F;ten ausge&#x017F;chicket<lb/>
werden/ deßwegen &#x017F;ie in fremden Landen/ als in<lb/>
einer Schule/ ein wenig von der Sprache und<lb/>
viel von La&#x017F;tern erlernen/ nachmals mit leerem<lb/>
Beutel und einem bo&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Gewi&#x017F;&#x017F;en/ wieder heim-<lb/>
kommen die gru&#x0364;ndliche/ Politi&#x017F;che Wei&#x017F;heit wird<lb/>
von wenigen &#x017F;tudiret.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Rei&#x017F;&#x017F;en geri&#x017F;&#x017F;en</hi><hi rendition="#aq">lacerare,</hi><hi rendition="#fr">rei&#x017F;en</hi> fortziehen<lb/><hi rendition="#aq">peregrinari,</hi> <hi rendition="#fr">ra&#x0364;i&#x017F;en</hi> <hi rendition="#aq">pingere, de&#x017F;ignare.</hi></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">374. Rephun.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Der Rephu&#x0364;ner &#x017F;ind dreyerley rote und zwey-<lb/>
erley graue halten &#x017F;ich gerne/ wo der Quentel<lb/>
ha&#x0364;uffig zu finden. Sie a&#x0364;ndern ihren Stand/ kom-<lb/>
men aber wieder dahin. Jm Winter nehren &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich vom Moß der an den Ba&#x0364;umen wa&#x0364;ch&#x017F;et/ wie<lb/>
die Pha&#x017F;anen. Je a&#x0364;lter das Rephun/ je vollkom-<lb/>
mener und be&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t es. Die Eyr kan man aus-<lb/>
nemen/ und einem gemeinen Hun unterlegen.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[392[390]/0422] Reiſen. uͤber Meere ziehen/ nur der Armut zu entfliehen. Der Voͤlker fremde Sitten erlernen/ viel erfah- ren in jungen Lentzen Jahren: Es mag der alte Kreis beym warmen Kachelofen/ auf groſſen Reichthum trauen/ die Jugend muß was ſchau- en/ und lernen in der Fremd. Es iſt ein Knab/ ein Kind/ ein unbejochtes Rind/ der weiter nicht gekommen/ als Schatten vorgenommen der Thurn in ſeiner Stadt ſich verfremden. Viellaͤſſet man reiſen und ſagt ihnen nicht/ warum ſie mit ſo groſſen Unkoſten ausgeſchicket werden/ deßwegen ſie in fremden Landen/ als in einer Schule/ ein wenig von der Sprache und viel von Laſtern erlernen/ nachmals mit leerem Beutel und einem boͤſſen Gewiſſen/ wieder heim- kommen die gruͤndliche/ Politiſche Weiſheit wird von wenigen ſtudiret. Reiſſen geriſſen lacerare, reiſen fortziehen peregrinari, raͤiſen pingere, deſignare. 374. Rephun. Der Rephuͤner ſind dreyerley rote und zwey- erley graue halten ſich gerne/ wo der Quentel haͤuffig zu finden. Sie aͤndern ihren Stand/ kom- men aber wieder dahin. Jm Winter nehren ſie ſich vom Moß der an den Baͤumen waͤchſet/ wie die Phaſanen. Je aͤlter das Rephun/ je vollkom- mener und beſſer iſt es. Die Eyr kan man aus- nemen/ und einem gemeinen Hun unterlegen. Das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/422
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 392[390]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/422>, abgerufen am 22.11.2024.