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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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Welt.
ken an reichende Berge/ die grünbekleidte Felder/
die tieff durchflossne Thäler/ die baumreichen
Wälder/ der allgegenwärtige Lufft/ ist gleichsam
deß vielhändigen Briarei Mantel/ welcher biß
an dieses grossen Haufes blaugestirnter Beda-
chung anstösset. Die Flüsse sind gleichsam der
Schweiß/ welchen der Himmelträger Atlaß von
sich flüssen lässet. Unter den Frostgestirn liget
deß grausamen Scythen Landschafft/ unter einen
mildern Himmel das Goldreiche Jndien/ unter
dem hitzigen Mittag das verbrennte Mohren-
land etc. Den mit der Morgenröte erstlich begrüss-
ten Ländern/ dienet das Meer für einen Graben/
die Gebürge für Mauren/ und die Hitze für einen
Sicherungs Brief. Die Ostindien haben mehr
Perlen/ als Edelgesteine/ mehr Balsam als
Wasser/ mehr Gewürtze als Baumen/ mehr
Gold als man heraus bringen kan. Das Kunst-
stuck aller Künste. Die weit zertheilte Welt. Die
Luffterhabne Last/ die Wahlstat aller Luste.

Die Welt ist eine Wisteney/ gantz verödet/ un-
gebaut/ und ohne Frucht/ da man herberget bey
der Reue. Man hat mit den wilden Thieren offt
zu streiten und die Noth/ Mangel ohne Trank
und Brod/ machet manche Klagen führen/ dann
ja wir Jsraeliten wallen in der Sicherheit/ Hertz
und Ohr ist unbeschnitten und die Straffen sind
nicht weit/ die Lustlose Weltlichkeit/ hat uns viel

Ge-

Welt.
ken an reichende Berge/ die gruͤnbekleidte Felder/
die tieff durchfloſſne Thaͤler/ die baumreichen
Waͤlder/ der allgegenwaͤrtige Lufft/ iſt gleichſam
deß vielhaͤndigen Briarei Mantel/ welcher biß
an dieſes groſſen Haufes blaugeſtirnter Beda-
chung anſtoͤſſet. Die Fluͤſſe ſind gleichſam der
Schweiß/ welchen der Himmeltraͤger Atlaß von
ſich fluͤſſen laͤſſet. Unter den Froſtgeſtirn liget
deß grauſamen Scythen Landſchafft/ unter einẽ
mildern Himmel das Goldreiche Jndien/ unter
dem hitzigen Mittag das verbrennte Mohren-
land ꝛc. Den mit der Morgenroͤte erſtlich begruͤſſ-
ten Laͤndern/ dienet das Meer fuͤr einen Graben/
die Gebuͤrge fuͤr Mauren/ und die Hitze fuͤr einẽ
Sicherungs Brief. Die Oſtindien haben mehr
Perlen/ als Edelgeſteine/ mehr Balſam als
Waſſer/ mehr Gewuͤrtze als Baumen/ mehr
Gold als man heraus bringen kan. Das Kunſt-
ſtuck aller Kuͤnſte. Die weit zertheilte Welt. Die
Luffterhabne Laſt/ die Wahlſtat aller Luſte.

Die Welt iſt eine Wiſteney/ gantz veroͤdet/ un-
gebaut/ und ohne Frucht/ da man herberget bey
der Reue. Man hat mit den wilden Thieren offt
zu ſtreiten und die Noth/ Mangel ohne Trank
und Brod/ machet manche Klagen fuͤhren/ dann
ja wir Jſraêliten wallen in der Sicherheit/ Hertz
und Ohr iſt unbeſchnitten und die Straffen ſind
nicht weit/ die Luſtloſe Weltlichkeit/ hat uns viel

Ge-
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[486[484]/0516] Welt. ken an reichende Berge/ die gruͤnbekleidte Felder/ die tieff durchfloſſne Thaͤler/ die baumreichen Waͤlder/ der allgegenwaͤrtige Lufft/ iſt gleichſam deß vielhaͤndigen Briarei Mantel/ welcher biß an dieſes groſſen Haufes blaugeſtirnter Beda- chung anſtoͤſſet. Die Fluͤſſe ſind gleichſam der Schweiß/ welchen der Himmeltraͤger Atlaß von ſich fluͤſſen laͤſſet. Unter den Froſtgeſtirn liget deß grauſamen Scythen Landſchafft/ unter einẽ mildern Himmel das Goldreiche Jndien/ unter dem hitzigen Mittag das verbrennte Mohren- land ꝛc. Den mit der Morgenroͤte erſtlich begruͤſſ- ten Laͤndern/ dienet das Meer fuͤr einen Graben/ die Gebuͤrge fuͤr Mauren/ und die Hitze fuͤr einẽ Sicherungs Brief. Die Oſtindien haben mehr Perlen/ als Edelgeſteine/ mehr Balſam als Waſſer/ mehr Gewuͤrtze als Baumen/ mehr Gold als man heraus bringen kan. Das Kunſt- ſtuck aller Kuͤnſte. Die weit zertheilte Welt. Die Luffterhabne Laſt/ die Wahlſtat aller Luſte. Die Welt iſt eine Wiſteney/ gantz veroͤdet/ un- gebaut/ und ohne Frucht/ da man herberget bey der Reue. Man hat mit den wilden Thieren offt zu ſtreiten und die Noth/ Mangel ohne Trank und Brod/ machet manche Klagen fuͤhren/ dann ja wir Jſraêliten wallen in der Sicherheit/ Hertz und Ohr iſt unbeſchnitten und die Straffen ſind nicht weit/ die Luſtloſe Weltlichkeit/ hat uns viel Ge-

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 486[484]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/516>, abgerufen am 22.11.2024.