Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.Wind Sand in die Höhe/ haschet und hemmet den Lauffder Flüsse mit eisenharten Gefrist. Der Felder Bereiffer und Blumen zerschleiffer. Der Gärten scharffer Richter/ der wilden Wind Getümmel zertreibet den Wolken- Himmel/ der rauhe Fel- derfeind/ der strenge Wolkentreiber/ Felsenstür- mer/ Wellenreitzer. Eols wildes Heer brüllet/ rül- let/ rollet/ schnarget/ ringet mit den schwachen Widerstand. Der Welte Mißgeburt unsichbar in dem Wesen/ schlägt/ kränket/ bringet Heil/ und machet offt genesen/ gehasset und geliebt/ verja- get und verlangt/ verschlossen und erlassen. Die Herolden der annahenden Witterung/ melden so wol den Krieg/ als den Frieden der Zeiten an. Die zween Wind'/ über fünffmahl sechs/ die lie- gen stets zu Feld. Der Wind wird gebildet wie ein König ge- Der Wind. Jch eile pfeilgeschwind durch Thäler/ Berg undHügel/ und hab doch weder Fuß noch Vogelschnelle Flü- gel/ Ein
Wind Sand in die Hoͤhe/ haſchet und hemmet den Lauffder Fluͤſſe mit eiſenharten Gefriſt. Der Felder Bereiffer und Blumen zerſchleiffeꝛ. Der Gaͤrten ſcharffer Richter/ der wilden Wind Getuͤmmel zertreibet den Wolken- Himmel/ der rauhe Fel- derfeind/ der ſtrenge Wolkentreiber/ Felſenſtuͤr- mer/ Wellenreitzer. Eols wildes Heer bruͤllet/ ruͤl- let/ rollet/ ſchnarget/ ringet mit den ſchwachen Widerſtand. Der Welte Mißgeburt unſichbar in dem Weſen/ ſchlaͤgt/ kraͤnket/ bringet Heil/ und machet offt geneſen/ gehaſſet und geliebt/ verja- get und verlangt/ verſchloſſen und erlaſſen. Die Herolden der annahenden Witterung/ melden ſo wol den Krieg/ als den Frieden der Zeiten an. Die zween Wind’/ uͤber fuͤnffmahl ſechs/ die lie- gen ſtets zu Feld. Der Wind wird gebildet wie ein Koͤnig ge- Der Wind. Jch eile pfeilgeſchwind durch Thaͤler/ Berg undHuͤgel/ und hab doch weder Fuß noch Vogelſchnelle Fluͤ- gel/ Ein
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Wind
Sand in die Hoͤhe/ haſchet und hemmet den Lauff
der Fluͤſſe mit eiſenharten Gefriſt. Der Felder
Bereiffer und Blumen zerſchleiffeꝛ. Der Gaͤrten
ſcharffer Richter/ der wilden Wind Getuͤmmel
zertreibet den Wolken- Himmel/ der rauhe Fel-
derfeind/ der ſtrenge Wolkentreiber/ Felſenſtuͤr-
mer/ Wellenreitzer. Eols wildes Heer bruͤllet/ ruͤl-
let/ rollet/ ſchnarget/ ringet mit den ſchwachen
Widerſtand. Der Welte Mißgeburt unſichbar
in dem Weſen/ ſchlaͤgt/ kraͤnket/ bringet Heil/ und
machet offt geneſen/ gehaſſet und geliebt/ verja-
get und verlangt/ verſchloſſen und erlaſſen. Die
Herolden der annahenden Witterung/ melden
ſo wol den Krieg/ als den Frieden der Zeiten an.
Die zween Wind’/ uͤber fuͤnffmahl ſechs/ die lie-
gen ſtets zu Feld.
Der Wind wird gebildet wie ein Koͤnig ge-
kroͤnet/ mit fliegenden Haren/ mit einem herrli-
chen Mantel/ aufgeblaſnen Wangen/ Fluͤgeln an
den Schultern/ in der Hand tragend einen Zaum
und Gebiß. Etliche mahlen ihn mit aufgeblaſnen
Segel in deꝛ Haͤnde. Von der Winde Unter-
ſcheid iſt zuleſen in den Mathemat ſchẽ und Phi-
loſophiſchen Erquickſtunden.
Der Wind.
Jch eile pfeilgeſchwind durch Thaͤler/ Berg und
Huͤgel/
und hab doch weder Fuß noch Vogelſchnelle Fluͤ-
gel/
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