Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

Bild:
<< vorherige Seite
Der gehorsame Abraham.
Durch das neue Menschenopfer sol ich werben Gottes
Huld?
Ach/ wie hat der zarte Jüngling diesen jähen Tod
ver chuldt.
Soll dann meines Sohnes Mord meine Gottesfurcht
bezeichen?
Schaf' und Rinder von der Herd/ ja die Herde wolt ich
reichen
und viel hundert Ziegen Böcke alle Lämmer die ich
hab'
hätt' ich willig Gott gegeben/ für von mir erheischte
Gab:
Alles dieses will GOtt nicht. Mit was Worten und Ge-
berden/
sol ich/ ich bejahrter Greis/ meines Kindes Mörder wer-
den?
Die Gebotte widerstreiten die Gesätze der Natur/
und lässt der Vernunfft Gedanken keiner Ursach sich-
re Spur.
Vielleicht hat es meine Sünd' und mir unbewuste Sa-
chen/
solchen harten Richterspruch in dem Himmel helffen
machen.
Bin ich schuldig/ will ich sterben; HERR laß mein
Kind/ deinem Knecht/
Leben: Aber GOttes Wille bleibet unverruckt ge-
recht.
Deinen Willen will ich auch/ er soll meine Richtschnur
bleiben: "
Mein Glaub sol in dieser That meine schwache Hände
treiben/ "
die ich stets gewidmet habe/ zu vollziehen sein Ge-
bott/
und es wird der Knab auch willig gehen in begehr-
ten Tod.
Hier
Der gehorſame Abraham.
Durch das neue Menſchenopfer ſol ich werbẽ Gottes
Huld?
Ach/ wie hat der zarte Juͤngling dieſen jaͤhen Tod
ver chuldt.
Soll dann meines Sohnes Mord meine Gottesfurcht
bezeichen?
Schaf’ und Rinder von der Herd/ ja die Herde wolt ich
reichen
und viel hundert Ziegen Boͤcke alle Laͤmmer die ich
hab’
haͤtt’ ich willig Gott gegeben/ fuͤr von mir erheiſchte
Gab:
Alles dieſes will GOtt nicht. Mit was Worten und Ge-
berden/
ſol ich/ ich bejahrter Greis/ meines Kindes Moͤrder wer-
den?
Die Gebotte widerſtreiten die Geſaͤtze der Natur/
und laͤſſt der Vernunfft Gedanken keiner Urſach ſich-
re Spur.
Vielleicht hat es meine Suͤnd’ und mir unbewuſte Sa-
chen/
ſolchen harten Richterſpruch in dem Himmel helffen
machen.
Bin ich ſchuldig/ will ich ſterben; HERR laß mein
Kind/ deinem Knecht/
Leben: Aber GOttes Wille bleibet unverruckt ge-
recht.
Deinen Willen will ich auch/ er ſoll meine Richtſchnur
bleiben:
Mein Glaub ſol in dieſer That meine ſchwache Haͤnde
treiben/
die ich ſtets gewidmet habe/ zu vollziehen ſein Ge-
bott/
und es wird der Knab auch willig gehen in begehr-
ten Tod.
Hier
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0543" n="513[511]"/>
              <fw place="top" type="header">Der gehor&#x017F;ame Abraham.</fw><lb/>
              <l>Durch das neue Men&#x017F;chenopfer &#x017F;ol ich werb&#x1EBD; Gottes</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Huld?</hi> </l><lb/>
              <l>Ach/ wie hat der zarte Ju&#x0364;ngling die&#x017F;en ja&#x0364;hen Tod</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">ver chuldt.</hi> </l><lb/>
              <l>Soll dann meines Sohnes Mord meine Gottesfurcht</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">bezeichen?</hi> </l><lb/>
              <l>Schaf&#x2019; und Rinder von der Herd/ ja die Herde wolt ich</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">reichen</hi> </l><lb/>
              <l>und viel hundert Ziegen Bo&#x0364;cke alle La&#x0364;mmer die ich</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">hab&#x2019;</hi> </l><lb/>
              <l>ha&#x0364;tt&#x2019; ich willig Gott gegeben/ fu&#x0364;r von mir erhei&#x017F;chte</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Gab:</hi> </l><lb/>
              <l>Alles die&#x017F;es will GOtt nicht. Mit was Worten und Ge-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">berden/</hi> </l><lb/>
              <l>&#x017F;ol ich/ ich bejahrter Greis/ meines Kindes Mo&#x0364;rder wer-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">den?</hi> </l><lb/>
              <l>Die Gebotte wider&#x017F;treiten die Ge&#x017F;a&#x0364;tze der Natur/</l><lb/>
              <l>und la&#x0364;&#x017F;&#x017F;t der Vernunfft Gedanken keiner Ur&#x017F;ach &#x017F;ich-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">re Spur.</hi> </l><lb/>
              <l>Vielleicht hat es meine Su&#x0364;nd&#x2019; und mir unbewu&#x017F;te Sa-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">chen/</hi> </l><lb/>
              <l>&#x017F;olchen harten Richter&#x017F;pruch in dem Himmel helffen</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">machen.</hi> </l><lb/>
              <l>Bin ich &#x017F;chuldig/ will ich &#x017F;terben; HERR laß mein</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Kind/ deinem Knecht/</hi> </l><lb/>
              <l>Leben: Aber GOttes Wille bleibet unverruckt ge-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">recht.</hi> </l><lb/>
              <l>Deinen Willen will ich auch/ er &#x017F;oll meine Richt&#x017F;chnur</l><lb/>
              <l><hi rendition="#et">bleiben:</hi> &#x201E;</l><lb/>
              <l>Mein Glaub &#x017F;ol in die&#x017F;er That meine &#x017F;chwache Ha&#x0364;nde</l><lb/>
              <l><hi rendition="#et">treiben/</hi> &#x201E;</l><lb/>
              <l>die ich &#x017F;tets gewidmet habe/ zu vollziehen &#x017F;ein Ge-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">bott/</hi> </l><lb/>
              <l>und es wird der Knab auch willig gehen in begehr-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">ten Tod.</hi> </l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Hier</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[513[511]/0543] Der gehorſame Abraham. Durch das neue Menſchenopfer ſol ich werbẽ Gottes Huld? Ach/ wie hat der zarte Juͤngling dieſen jaͤhen Tod ver chuldt. Soll dann meines Sohnes Mord meine Gottesfurcht bezeichen? Schaf’ und Rinder von der Herd/ ja die Herde wolt ich reichen und viel hundert Ziegen Boͤcke alle Laͤmmer die ich hab’ haͤtt’ ich willig Gott gegeben/ fuͤr von mir erheiſchte Gab: Alles dieſes will GOtt nicht. Mit was Worten und Ge- berden/ ſol ich/ ich bejahrter Greis/ meines Kindes Moͤrder wer- den? Die Gebotte widerſtreiten die Geſaͤtze der Natur/ und laͤſſt der Vernunfft Gedanken keiner Urſach ſich- re Spur. Vielleicht hat es meine Suͤnd’ und mir unbewuſte Sa- chen/ ſolchen harten Richterſpruch in dem Himmel helffen machen. Bin ich ſchuldig/ will ich ſterben; HERR laß mein Kind/ deinem Knecht/ Leben: Aber GOttes Wille bleibet unverruckt ge- recht. Deinen Willen will ich auch/ er ſoll meine Richtſchnur bleiben: „ Mein Glaub ſol in dieſer That meine ſchwache Haͤnde treiben/ „ die ich ſtets gewidmet habe/ zu vollziehen ſein Ge- bott/ und es wird der Knab auch willig gehen in begehr- ten Tod. Hier

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/543
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 513[511]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/543>, abgerufen am 22.11.2024.