Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

Bild:
<< vorherige Seite
Die weinende Rahel.
Wann es seinem Kind forthin
Will die letzten Threnen schenken.
"Reden gegen dem Gewalt
"ist ein schwacher Aufenthalt:
der verwundten Hertzen Threnen.
können keinen Mord versöhnen.
Deß Herodis Blut Gebott
tödet unbeschuldte Kinder/
gleich/ ob man solt GOTT zu Spott
schlachten vieler Opfer-Rinder/
Meine Liebe wird entzündt:
Ach mein vielgeliebtes Kind
ligst du zu deß Mörders Füssen?
Laß mich deine Wunden küssen?
Gantz erblasset abgeseelet/
wünscht'ich auch mit dir zusterben
dann mein Leben mich nun quälet/
weil der Tod nicht zu erwerben.
Sol deß Weiber-Volks Geschlecht
dieses Unrecht sprechen recht?
sollen sie sich nicht ermannen
gegen diesen Blut-Tyrannen/
Jhm die Augen reissen aus/
streiten wider die Soldaten/
und nicht in deß Königs Haus
rächen diese Mörder-Thaten?
Ach der Liebe Liebespfand
reisset die ergrimmte Hand/
von
Die weinende Rahel.
Wann es ſeinem Kind forthin
Will die letzten Threnen ſchenken.
„Reden gegen dem Gewalt
„iſt ein ſchwacher Aufenthalt:
der verwundten Hertzen Threnen.
koͤnnen keinen Mord verſoͤhnen.
Deß Herodis Blut Gebott
toͤdet unbeſchuldte Kinder/
gleich/ ob man ſolt GOTT zu Spott
ſchlachten vieler Opfer-Rinder/
Meine Liebe wird entzuͤndt:
Ach mein vielgeliebtes Kind
ligſt du zu deß Moͤrders Fuͤſſen?
Laß mich deine Wunden kuͤſſen?
Gantz erblaſſet abgeſeelet/
wuͤnſcht’ich auch mit dir zuſterben
dann mein Leben mich nun quaͤlet/
weil der Tod nicht zu erwerben.
Sol deß Weiber-Volks Geſchlecht
dieſes Unrecht ſprechen recht?
ſollen ſie ſich nicht ermannen
gegen dieſen Blut-Tyrannen/
Jhm die Augen reiſſen aus/
ſtreiten wider die Soldaten/
und nicht in deß Koͤnigs Haus
raͤchen dieſe Moͤrder-Thaten?
Ach der Liebe Liebespfand
reiſſet die ergrimmte Hand/
von
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0564" n="534[532]"/>
              <fw place="top" type="header">Die weinende Rahel.</fw><lb/>
              <l>Wann es &#x017F;einem Kind forthin</l><lb/>
              <l>Will die letzten Threnen &#x017F;chenken.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Reden gegen dem Gewalt</l><lb/>
              <l>&#x201E;i&#x017F;t ein &#x017F;chwacher Aufenthalt:</l><lb/>
              <l>der verwundten Hertzen Threnen.</l><lb/>
              <l>ko&#x0364;nnen keinen Mord ver&#x017F;o&#x0364;hnen.</l><lb/>
              <l>Deß Herodis Blut Gebott</l><lb/>
              <l>to&#x0364;det unbe&#x017F;chuldte Kinder/</l><lb/>
              <l>gleich/ ob man &#x017F;olt GOTT zu Spott</l><lb/>
              <l>&#x017F;chlachten vieler Opfer-Rinder/</l><lb/>
              <l>Meine Liebe wird entzu&#x0364;ndt:</l><lb/>
              <l>Ach mein vielgeliebtes Kind</l><lb/>
              <l>lig&#x017F;t du zu deß Mo&#x0364;rders Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en?</l><lb/>
              <l>Laß mich deine Wunden ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en?</l><lb/>
              <l>Gantz erbla&#x017F;&#x017F;et abge&#x017F;eelet/</l><lb/>
              <l>wu&#x0364;n&#x017F;cht&#x2019;ich auch mit dir zu&#x017F;terben</l><lb/>
              <l>dann mein Leben mich nun qua&#x0364;let/</l><lb/>
              <l>weil der Tod nicht zu erwerben.</l><lb/>
              <l>Sol deß Weiber-Volks Ge&#x017F;chlecht</l><lb/>
              <l>die&#x017F;es <hi rendition="#aq">U</hi>nrecht &#x017F;prechen recht?</l><lb/>
              <l>&#x017F;ollen &#x017F;ie &#x017F;ich nicht ermannen</l><lb/>
              <l>gegen die&#x017F;en Blut-Tyrannen/</l><lb/>
              <l>Jhm die Augen rei&#x017F;&#x017F;en aus/</l><lb/>
              <l>&#x017F;treiten wider die Soldaten/</l><lb/>
              <l>und nicht in deß Ko&#x0364;nigs Haus</l><lb/>
              <l>ra&#x0364;chen die&#x017F;e Mo&#x0364;rder-Thaten?</l><lb/>
              <l>Ach der Liebe Liebespfand</l><lb/>
              <l>rei&#x017F;&#x017F;et die ergrimmte Hand/</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[534[532]/0564] Die weinende Rahel. Wann es ſeinem Kind forthin Will die letzten Threnen ſchenken. „Reden gegen dem Gewalt „iſt ein ſchwacher Aufenthalt: der verwundten Hertzen Threnen. koͤnnen keinen Mord verſoͤhnen. Deß Herodis Blut Gebott toͤdet unbeſchuldte Kinder/ gleich/ ob man ſolt GOTT zu Spott ſchlachten vieler Opfer-Rinder/ Meine Liebe wird entzuͤndt: Ach mein vielgeliebtes Kind ligſt du zu deß Moͤrders Fuͤſſen? Laß mich deine Wunden kuͤſſen? Gantz erblaſſet abgeſeelet/ wuͤnſcht’ich auch mit dir zuſterben dann mein Leben mich nun quaͤlet/ weil der Tod nicht zu erwerben. Sol deß Weiber-Volks Geſchlecht dieſes Unrecht ſprechen recht? ſollen ſie ſich nicht ermannen gegen dieſen Blut-Tyrannen/ Jhm die Augen reiſſen aus/ ſtreiten wider die Soldaten/ und nicht in deß Koͤnigs Haus raͤchen dieſe Moͤrder-Thaten? Ach der Liebe Liebespfand reiſſet die ergrimmte Hand/ von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/564
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 534[532]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/564>, abgerufen am 22.11.2024.