Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Rede Zierlichkeit.
sich zu der Poetischen Kunstgeschmuckten Aus-
sprache. Von welcher Ronsard* sagt/ daß zwi-
schen den Poetischen und gemeinen Red-Arten/
eine Todfeindschaft sey. Hierbey ist nun söderlich
zubetrachten/ daß solche Figuren nicht zuüber-
häuffen/ und besagtes Kleid also verbremet seye/
daß man das Gewand wol sehen könne/ es habe
solches gleich ein Frantzos oder ein Jtalianer"
an/ so sol er doch einen Teutschen gleich sehen/"
und sich nicht befremden lassen. Jch will sagen/"
daß solche Figuren wol von andern Sprachen
können abgesehen werden; jedoch daß es deren
Teutschen Sprach-Art nicht zu entgegen/ und
gar zugezwungen scheinen.

65. Ferners ist die Kürtze der Rede eine son-
dre und bey Fürsten und Herren nohtwendige
Zier/ dardurch das Gedächtniß/ sonder Belästi-
gung/ gerühret und nachdrucklichst belustiget
wird. Wie sich bald und wol entschliessen eine
Königliche Tugend ist; also ist auch kurtz und
wol reden eine Prob eines verständigen Hof-
manns: Wann man nemlich nicht mehr Wort/
als die Sache von nöhten hat/ gebrauchet/
selbe aber mit gebührlicher Schicklichkeit und
sondrem Nachdruck zu Werke bringet. Jch sage
so viel von nöhten/ dann eine grosse weitschweif-

fige
* Le Style prosai que est ennemy capital del'e-
loquence poetique. prefac. dela Franciad. fol.
5.
E ij

Von der Rede Zierlichkeit.
ſich zu der Poëtiſchen Kunſtgeſchmuckten Aus-
ſprache. Von welcher Ronſard* ſagt/ daß zwi-
ſchen den Poëtiſchen und gemeinen Red-Arten/
eine Todfeindſchaft ſey. Hierbey iſt nun ſoͤderlich
zubetrachten/ daß ſolche Figuren nicht zuuͤber-
haͤuffen/ und beſagtes Kleid alſo verbremet ſeye/
daß man das Gewand wol ſehen koͤnne/ es habe
ſolches gleich ein Frantzos oder ein Jtalianer„
an/ ſo ſol er doch einen Teutſchen gleich ſehen/„
und ſich nicht befremden laſſen. Jch will ſagen/„
daß ſolche Figuren wol von andern Sprachen
koͤnnen abgeſehen werden; jedoch daß es deren
Teutſchen Sprach-Art nicht zu entgegen/ und
gar zugezwungen ſcheinen.

65. Ferners iſt die Kuͤrtze der Rede eine ſon-
dre und bey Fuͤrſten und Herren nohtwendige
Zier/ dardurch das Gedaͤchtniß/ ſonder Belaͤſti-
gung/ geruͤhret und nachdrucklichſt beluſtiget
wird. Wie ſich bald und wol entſchlieſſen eine
Koͤnigliche Tugend iſt; alſo iſt auch kurtz und
wol reden eine Prob eines verſtaͤndigen Hof-
manns: Wann man nemlich nicht mehr Wort/
als die Sache von noͤhten hat/ gebrauchet/
ſelbe aber mit gebuͤhrlicher Schicklichkeit und
ſondrem Nachdruck zu Werke bringet. Jch ſage
ſo viel von noͤhten/ dann eine groſſe weitſchweif-

fige
* Le Style proſai que eſt ennemy capital del’e-
loquence poëtique. prefac. dela Franciad. fol.
5.
E ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0099" n="67"/><fw place="top" type="header">Von der Rede Zierlichkeit.</fw><lb/>
&#x017F;ich zu der Po<hi rendition="#aq">ë</hi>ti&#x017F;chen Kun&#x017F;tge&#x017F;chmuckten Aus-<lb/>
&#x017F;prache. Von welcher Ron&#x017F;ard<note place="foot" n="*"><hi rendition="#aq">Le Style pro&#x017F;ai que e&#x017F;t ennemy capital del&#x2019;e-<lb/>
loquence poëtique. prefac. dela Franciad. fol.</hi> 5.</note> &#x017F;agt/ daß zwi-<lb/>
&#x017F;chen den Po<hi rendition="#aq">ë</hi>ti&#x017F;chen und gemeinen Red-Arten/<lb/>
eine Todfeind&#x017F;chaft &#x017F;ey. Hierbey i&#x017F;t nun &#x017F;o&#x0364;derlich<lb/>
zubetrachten/ daß &#x017F;olche Figuren nicht zuu&#x0364;ber-<lb/>
ha&#x0364;uffen/ und be&#x017F;agtes Kleid al&#x017F;o verbremet &#x017F;eye/<lb/>
daß man das Gewand wol &#x017F;ehen ko&#x0364;nne/ es habe<lb/>
&#x017F;olches gleich ein Frantzos oder ein Jtalianer&#x201E;<lb/>
an/ &#x017F;o &#x017F;ol er doch einen Teut&#x017F;chen gleich &#x017F;ehen/&#x201E;<lb/>
und &#x017F;ich nicht befremden la&#x017F;&#x017F;en. Jch will &#x017F;agen/&#x201E;<lb/>
daß &#x017F;olche Figuren wol von andern Sprachen<lb/>
ko&#x0364;nnen abge&#x017F;ehen werden; jedoch daß es deren<lb/>
Teut&#x017F;chen Sprach-Art nicht zu entgegen/ und<lb/>
gar zugezwungen &#x017F;cheinen.</p><lb/>
          <p>65. Ferners i&#x017F;t die Ku&#x0364;rtze der Rede eine &#x017F;on-<lb/>
dre und bey Fu&#x0364;r&#x017F;ten und Herren nohtwendige<lb/>
Zier/ dardurch das Geda&#x0364;chtniß/ &#x017F;onder Bela&#x0364;&#x017F;ti-<lb/>
gung/ geru&#x0364;hret und nachdrucklich&#x017F;t belu&#x017F;tiget<lb/>
wird. Wie &#x017F;ich bald und wol ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en eine<lb/>
Ko&#x0364;nigliche Tugend i&#x017F;t; al&#x017F;o i&#x017F;t auch kurtz und<lb/>
wol reden eine Prob eines ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen Hof-<lb/>
manns: Wann man nemlich nicht mehr Wort/<lb/>
als <hi rendition="#fr">die Sache von no&#x0364;hten hat/</hi> gebrauchet/<lb/>
&#x017F;elbe aber mit gebu&#x0364;hrlicher Schicklichkeit und<lb/>
&#x017F;ondrem Nachdruck zu Werke bringet. Jch &#x017F;age<lb/>
&#x017F;o viel von no&#x0364;hten/ dann eine gro&#x017F;&#x017F;e weit&#x017F;chweif-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E ij</fw><fw place="bottom" type="catch">fige</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0099] Von der Rede Zierlichkeit. ſich zu der Poëtiſchen Kunſtgeſchmuckten Aus- ſprache. Von welcher Ronſard * ſagt/ daß zwi- ſchen den Poëtiſchen und gemeinen Red-Arten/ eine Todfeindſchaft ſey. Hierbey iſt nun ſoͤderlich zubetrachten/ daß ſolche Figuren nicht zuuͤber- haͤuffen/ und beſagtes Kleid alſo verbremet ſeye/ daß man das Gewand wol ſehen koͤnne/ es habe ſolches gleich ein Frantzos oder ein Jtalianer„ an/ ſo ſol er doch einen Teutſchen gleich ſehen/„ und ſich nicht befremden laſſen. Jch will ſagen/„ daß ſolche Figuren wol von andern Sprachen koͤnnen abgeſehen werden; jedoch daß es deren Teutſchen Sprach-Art nicht zu entgegen/ und gar zugezwungen ſcheinen. 65. Ferners iſt die Kuͤrtze der Rede eine ſon- dre und bey Fuͤrſten und Herren nohtwendige Zier/ dardurch das Gedaͤchtniß/ ſonder Belaͤſti- gung/ geruͤhret und nachdrucklichſt beluſtiget wird. Wie ſich bald und wol entſchlieſſen eine Koͤnigliche Tugend iſt; alſo iſt auch kurtz und wol reden eine Prob eines verſtaͤndigen Hof- manns: Wann man nemlich nicht mehr Wort/ als die Sache von noͤhten hat/ gebrauchet/ ſelbe aber mit gebuͤhrlicher Schicklichkeit und ſondrem Nachdruck zu Werke bringet. Jch ſage ſo viel von noͤhten/ dann eine groſſe weitſchweif- fige * Le Style proſai que eſt ennemy capital del’e- loquence poëtique. prefac. dela Franciad. fol. 5. E ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/99
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/99>, abgerufen am 22.11.2024.