Eine solche Betrachtung gewährt uns nicht nur lehrreiche Blicke in die Vergangenheit, wirft nebenbei Streiflichter auf die Kultur vergangener Staaten und Völker, sondern eröffnet uns auch eine Perspective in die Zukunft; denn die Wechselwirkung zwischen der Postanstalt und dem Kulturverhältniß aller civi- lisirten Nationen ist so vielfach und unzertrennlich, daß man nicht mit Unrecht die jeweilige Entwicklung des Postwesens bei einem Volke oder in einem Staate auch als Maßstab für seine politischen und socialen Verhältnisse gelten zu lassen geneigt ist.
Und in der That, seitdem die Eisenbahnen und Telegraphen die Post so schwesterlich unterstützen, und die Post befähigt ist, zu einer Weltanstalt heranzuwachsen, wird sich Jedermann unwillkürlich fragen, welche erstaunliche Folgen noch weiter für Handel und Verkehr, für die geistigen und materiellen Fort- schritte der Menschheit sich daran knüpfen, wenn dieses Jnstitut wirklich zu einem Weltinstitut sich erhoben hat. -- Die noch möglichen Grade künftiger Entwicklung können wir aber nur dann einigermaßen beurtheilen, wenn wir den bisherigen Ent- wicklungsgang der Posten beobachtet haben; -- und das lebendige Bild, welches uns die Entwicklungsgeschichte der Posten von dem Unterschiede gibt, welcher zwischen dem menschlichen Zu- sammenleben unserer Zeit und dem unserer nächsten Ahnen, geschweige dem unserer entfernteren Väter liegt, -- eröffnet uns auch die Fernsicht in jene Zeit, in welcher eine "Welt- postanstalt" alle Culturvölker durch ein gemeinsames Band gleicher Jnteressen umschlingen wird. --
Jndem ich die zahlreichen Sentenzen und Lobreden, mit denen Schriftsteller jeden Ranges das Postwesen verherrlichen, übergehe, will ich auch der Apathie Jener nicht gedenken, die
Eine ſolche Betrachtung gewährt uns nicht nur lehrreiche Blicke in die Vergangenheit, wirft nebenbei Streiflichter auf die Kultur vergangener Staaten und Völker, ſondern eröffnet uns auch eine Perſpective in die Zukunft; denn die Wechſelwirkung zwiſchen der Poſtanſtalt und dem Kulturverhältniß aller civi- liſirten Nationen iſt ſo vielfach und unzertrennlich, daß man nicht mit Unrecht die jeweilige Entwicklung des Poſtweſens bei einem Volke oder in einem Staate auch als Maßſtab für ſeine politiſchen und ſocialen Verhältniſſe gelten zu laſſen geneigt iſt.
Und in der That, ſeitdem die Eiſenbahnen und Telegraphen die Poſt ſo ſchweſterlich unterſtützen, und die Poſt befähigt iſt, zu einer Weltanſtalt heranzuwachſen, wird ſich Jedermann unwillkürlich fragen, welche erſtaunliche Folgen noch weiter für Handel und Verkehr, für die geiſtigen und materiellen Fort- ſchritte der Menſchheit ſich daran knüpfen, wenn dieſes Jnſtitut wirklich zu einem Weltinſtitut ſich erhoben hat. — Die noch möglichen Grade künftiger Entwicklung können wir aber nur dann einigermaßen beurtheilen, wenn wir den bisherigen Ent- wicklungsgang der Poſten beobachtet haben; — und das lebendige Bild, welches uns die Entwicklungsgeſchichte der Poſten von dem Unterſchiede gibt, welcher zwiſchen dem menſchlichen Zu- ſammenleben unſerer Zeit und dem unſerer nächſten Ahnen, geſchweige dem unſerer entfernteren Väter liegt, — eröffnet uns auch die Fernſicht in jene Zeit, in welcher eine „Welt- poſtanſtalt“ alle Culturvölker durch ein gemeinſames Band gleicher Jntereſſen umſchlingen wird. —
Jndem ich die zahlreichen Sentenzen und Lobreden, mit denen Schriftſteller jeden Ranges das Poſtweſen verherrlichen, übergehe, will ich auch der Apathie Jener nicht gedenken, die
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0015"n="2"/><p>Eine ſolche Betrachtung gewährt uns nicht nur lehrreiche<lb/>
Blicke in die Vergangenheit, wirft nebenbei Streiflichter auf die<lb/>
Kultur vergangener Staaten und Völker, ſondern eröffnet uns<lb/>
auch eine Perſpective in die Zukunft; denn die Wechſelwirkung<lb/>
zwiſchen der Poſtanſtalt und dem Kulturverhältniß aller civi-<lb/>
liſirten Nationen iſt ſo vielfach und unzertrennlich, daß man<lb/>
nicht mit Unrecht die jeweilige Entwicklung des Poſtweſens<lb/>
bei einem Volke oder in einem Staate auch als Maßſtab für<lb/>ſeine politiſchen und ſocialen Verhältniſſe gelten zu laſſen geneigt iſt.</p><lb/><p>Und in der That, ſeitdem die Eiſenbahnen und Telegraphen<lb/>
die Poſt ſo ſchweſterlich unterſtützen, und die Poſt befähigt iſt,<lb/>
zu einer <hirendition="#g">Weltanſtalt</hi> heranzuwachſen, wird ſich Jedermann<lb/>
unwillkürlich fragen, welche erſtaunliche Folgen noch weiter für<lb/>
Handel und Verkehr, für die geiſtigen und materiellen Fort-<lb/>ſchritte der Menſchheit ſich daran knüpfen, wenn dieſes Jnſtitut<lb/>
wirklich zu einem Weltinſtitut ſich erhoben hat. — Die noch<lb/>
möglichen Grade künftiger Entwicklung können wir aber nur<lb/>
dann einigermaßen beurtheilen, wenn wir den bisherigen Ent-<lb/>
wicklungsgang der Poſten beobachtet haben; — und das lebendige<lb/>
Bild, welches uns die Entwicklungsgeſchichte der Poſten von<lb/>
dem Unterſchiede gibt, welcher zwiſchen dem menſchlichen Zu-<lb/>ſammenleben <hirendition="#g">unſerer</hi> Zeit und dem unſerer nächſten Ahnen,<lb/>
geſchweige dem unſerer entfernteren Väter liegt, — eröffnet<lb/>
uns auch die Fernſicht in jene Zeit, in welcher eine „Welt-<lb/>
poſtanſtalt“ alle Culturvölker durch <hirendition="#g">ein</hi> gemeinſames Band<lb/>
gleicher Jntereſſen umſchlingen wird. —</p><lb/><p>Jndem ich die zahlreichen Sentenzen und Lobreden, mit<lb/>
denen Schriftſteller jeden Ranges das Poſtweſen verherrlichen,<lb/>
übergehe, will ich auch der Apathie Jener nicht gedenken, die<lb/></p></div></body></text></TEI>
[2/0015]
Eine ſolche Betrachtung gewährt uns nicht nur lehrreiche
Blicke in die Vergangenheit, wirft nebenbei Streiflichter auf die
Kultur vergangener Staaten und Völker, ſondern eröffnet uns
auch eine Perſpective in die Zukunft; denn die Wechſelwirkung
zwiſchen der Poſtanſtalt und dem Kulturverhältniß aller civi-
liſirten Nationen iſt ſo vielfach und unzertrennlich, daß man
nicht mit Unrecht die jeweilige Entwicklung des Poſtweſens
bei einem Volke oder in einem Staate auch als Maßſtab für
ſeine politiſchen und ſocialen Verhältniſſe gelten zu laſſen geneigt iſt.
Und in der That, ſeitdem die Eiſenbahnen und Telegraphen
die Poſt ſo ſchweſterlich unterſtützen, und die Poſt befähigt iſt,
zu einer Weltanſtalt heranzuwachſen, wird ſich Jedermann
unwillkürlich fragen, welche erſtaunliche Folgen noch weiter für
Handel und Verkehr, für die geiſtigen und materiellen Fort-
ſchritte der Menſchheit ſich daran knüpfen, wenn dieſes Jnſtitut
wirklich zu einem Weltinſtitut ſich erhoben hat. — Die noch
möglichen Grade künftiger Entwicklung können wir aber nur
dann einigermaßen beurtheilen, wenn wir den bisherigen Ent-
wicklungsgang der Poſten beobachtet haben; — und das lebendige
Bild, welches uns die Entwicklungsgeſchichte der Poſten von
dem Unterſchiede gibt, welcher zwiſchen dem menſchlichen Zu-
ſammenleben unſerer Zeit und dem unſerer nächſten Ahnen,
geſchweige dem unſerer entfernteren Väter liegt, — eröffnet
uns auch die Fernſicht in jene Zeit, in welcher eine „Welt-
poſtanſtalt“ alle Culturvölker durch ein gemeinſames Band
gleicher Jntereſſen umſchlingen wird. —
Jndem ich die zahlreichen Sentenzen und Lobreden, mit
denen Schriftſteller jeden Ranges das Poſtweſen verherrlichen,
übergehe, will ich auch der Apathie Jener nicht gedenken, die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/15>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.