Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite

Eine solche Betrachtung gewährt uns nicht nur lehrreiche
Blicke in die Vergangenheit, wirft nebenbei Streiflichter auf die
Kultur vergangener Staaten und Völker, sondern eröffnet uns
auch eine Perspective in die Zukunft; denn die Wechselwirkung
zwischen der Postanstalt und dem Kulturverhältniß aller civi-
lisirten Nationen ist so vielfach und unzertrennlich, daß man
nicht mit Unrecht die jeweilige Entwicklung des Postwesens
bei einem Volke oder in einem Staate auch als Maßstab für
seine politischen und socialen Verhältnisse gelten zu lassen geneigt ist.

Und in der That, seitdem die Eisenbahnen und Telegraphen
die Post so schwesterlich unterstützen, und die Post befähigt ist,
zu einer Weltanstalt heranzuwachsen, wird sich Jedermann
unwillkürlich fragen, welche erstaunliche Folgen noch weiter für
Handel und Verkehr, für die geistigen und materiellen Fort-
schritte der Menschheit sich daran knüpfen, wenn dieses Jnstitut
wirklich zu einem Weltinstitut sich erhoben hat. -- Die noch
möglichen Grade künftiger Entwicklung können wir aber nur
dann einigermaßen beurtheilen, wenn wir den bisherigen Ent-
wicklungsgang der Posten beobachtet haben; -- und das lebendige
Bild, welches uns die Entwicklungsgeschichte der Posten von
dem Unterschiede gibt, welcher zwischen dem menschlichen Zu-
sammenleben unserer Zeit und dem unserer nächsten Ahnen,
geschweige dem unserer entfernteren Väter liegt, -- eröffnet
uns auch die Fernsicht in jene Zeit, in welcher eine "Welt-
postanstalt" alle Culturvölker durch ein gemeinsames Band
gleicher Jnteressen umschlingen wird. --

Jndem ich die zahlreichen Sentenzen und Lobreden, mit
denen Schriftsteller jeden Ranges das Postwesen verherrlichen,
übergehe, will ich auch der Apathie Jener nicht gedenken, die

Eine ſolche Betrachtung gewährt uns nicht nur lehrreiche
Blicke in die Vergangenheit, wirft nebenbei Streiflichter auf die
Kultur vergangener Staaten und Völker, ſondern eröffnet uns
auch eine Perſpective in die Zukunft; denn die Wechſelwirkung
zwiſchen der Poſtanſtalt und dem Kulturverhältniß aller civi-
liſirten Nationen iſt ſo vielfach und unzertrennlich, daß man
nicht mit Unrecht die jeweilige Entwicklung des Poſtweſens
bei einem Volke oder in einem Staate auch als Maßſtab für
ſeine politiſchen und ſocialen Verhältniſſe gelten zu laſſen geneigt iſt.

Und in der That, ſeitdem die Eiſenbahnen und Telegraphen
die Poſt ſo ſchweſterlich unterſtützen, und die Poſt befähigt iſt,
zu einer Weltanſtalt heranzuwachſen, wird ſich Jedermann
unwillkürlich fragen, welche erſtaunliche Folgen noch weiter für
Handel und Verkehr, für die geiſtigen und materiellen Fort-
ſchritte der Menſchheit ſich daran knüpfen, wenn dieſes Jnſtitut
wirklich zu einem Weltinſtitut ſich erhoben hat. — Die noch
möglichen Grade künftiger Entwicklung können wir aber nur
dann einigermaßen beurtheilen, wenn wir den bisherigen Ent-
wicklungsgang der Poſten beobachtet haben; — und das lebendige
Bild, welches uns die Entwicklungsgeſchichte der Poſten von
dem Unterſchiede gibt, welcher zwiſchen dem menſchlichen Zu-
ſammenleben unſerer Zeit und dem unſerer nächſten Ahnen,
geſchweige dem unſerer entfernteren Väter liegt, — eröffnet
uns auch die Fernſicht in jene Zeit, in welcher eine „Welt-
poſtanſtalt“ alle Culturvölker durch ein gemeinſames Band
gleicher Jntereſſen umſchlingen wird. —

Jndem ich die zahlreichen Sentenzen und Lobreden, mit
denen Schriftſteller jeden Ranges das Poſtweſen verherrlichen,
übergehe, will ich auch der Apathie Jener nicht gedenken, die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0015" n="2"/>
        <p>Eine &#x017F;olche Betrachtung gewährt uns nicht nur lehrreiche<lb/>
Blicke in die Vergangenheit, wirft nebenbei Streiflichter auf die<lb/>
Kultur vergangener Staaten und Völker, &#x017F;ondern eröffnet uns<lb/>
auch eine Per&#x017F;pective in die Zukunft; denn die Wech&#x017F;elwirkung<lb/>
zwi&#x017F;chen der Po&#x017F;tan&#x017F;talt und dem Kulturverhältniß aller civi-<lb/>
li&#x017F;irten Nationen i&#x017F;t &#x017F;o vielfach und unzertrennlich, daß man<lb/>
nicht mit Unrecht die jeweilige Entwicklung des Po&#x017F;twe&#x017F;ens<lb/>
bei einem Volke oder in einem Staate auch als Maß&#x017F;tab für<lb/>
&#x017F;eine politi&#x017F;chen und &#x017F;ocialen Verhältni&#x017F;&#x017F;e gelten zu la&#x017F;&#x017F;en geneigt i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Und in der That, &#x017F;eitdem die Ei&#x017F;enbahnen und Telegraphen<lb/>
die Po&#x017F;t &#x017F;o &#x017F;chwe&#x017F;terlich unter&#x017F;tützen, und die Po&#x017F;t befähigt i&#x017F;t,<lb/>
zu einer <hi rendition="#g">Weltan&#x017F;talt</hi> heranzuwach&#x017F;en, wird &#x017F;ich Jedermann<lb/>
unwillkürlich fragen, welche er&#x017F;taunliche Folgen noch weiter für<lb/>
Handel und Verkehr, für die gei&#x017F;tigen und materiellen Fort-<lb/>
&#x017F;chritte der Men&#x017F;chheit &#x017F;ich daran knüpfen, wenn die&#x017F;es Jn&#x017F;titut<lb/>
wirklich zu einem Weltin&#x017F;titut &#x017F;ich erhoben hat. &#x2014; Die noch<lb/>
möglichen Grade künftiger Entwicklung können wir aber nur<lb/>
dann einigermaßen beurtheilen, wenn wir den bisherigen Ent-<lb/>
wicklungsgang der Po&#x017F;ten beobachtet haben; &#x2014; und das lebendige<lb/>
Bild, welches uns die Entwicklungsge&#x017F;chichte der Po&#x017F;ten von<lb/>
dem Unter&#x017F;chiede gibt, welcher zwi&#x017F;chen dem men&#x017F;chlichen Zu-<lb/>
&#x017F;ammenleben <hi rendition="#g">un&#x017F;erer</hi> Zeit und dem un&#x017F;erer näch&#x017F;ten Ahnen,<lb/>
ge&#x017F;chweige dem un&#x017F;erer entfernteren Väter liegt, &#x2014; eröffnet<lb/>
uns auch die Fern&#x017F;icht in jene Zeit, in welcher eine &#x201E;Welt-<lb/>
po&#x017F;tan&#x017F;talt&#x201C; alle Culturvölker durch <hi rendition="#g">ein</hi> gemein&#x017F;ames Band<lb/>
gleicher Jntere&#x017F;&#x017F;en um&#x017F;chlingen wird. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Jndem ich die zahlreichen Sentenzen und Lobreden, mit<lb/>
denen Schrift&#x017F;teller jeden Ranges das Po&#x017F;twe&#x017F;en verherrlichen,<lb/>
übergehe, will ich auch der Apathie Jener nicht gedenken, die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[2/0015] Eine ſolche Betrachtung gewährt uns nicht nur lehrreiche Blicke in die Vergangenheit, wirft nebenbei Streiflichter auf die Kultur vergangener Staaten und Völker, ſondern eröffnet uns auch eine Perſpective in die Zukunft; denn die Wechſelwirkung zwiſchen der Poſtanſtalt und dem Kulturverhältniß aller civi- liſirten Nationen iſt ſo vielfach und unzertrennlich, daß man nicht mit Unrecht die jeweilige Entwicklung des Poſtweſens bei einem Volke oder in einem Staate auch als Maßſtab für ſeine politiſchen und ſocialen Verhältniſſe gelten zu laſſen geneigt iſt. Und in der That, ſeitdem die Eiſenbahnen und Telegraphen die Poſt ſo ſchweſterlich unterſtützen, und die Poſt befähigt iſt, zu einer Weltanſtalt heranzuwachſen, wird ſich Jedermann unwillkürlich fragen, welche erſtaunliche Folgen noch weiter für Handel und Verkehr, für die geiſtigen und materiellen Fort- ſchritte der Menſchheit ſich daran knüpfen, wenn dieſes Jnſtitut wirklich zu einem Weltinſtitut ſich erhoben hat. — Die noch möglichen Grade künftiger Entwicklung können wir aber nur dann einigermaßen beurtheilen, wenn wir den bisherigen Ent- wicklungsgang der Poſten beobachtet haben; — und das lebendige Bild, welches uns die Entwicklungsgeſchichte der Poſten von dem Unterſchiede gibt, welcher zwiſchen dem menſchlichen Zu- ſammenleben unſerer Zeit und dem unſerer nächſten Ahnen, geſchweige dem unſerer entfernteren Väter liegt, — eröffnet uns auch die Fernſicht in jene Zeit, in welcher eine „Welt- poſtanſtalt“ alle Culturvölker durch ein gemeinſames Band gleicher Jntereſſen umſchlingen wird. — Jndem ich die zahlreichen Sentenzen und Lobreden, mit denen Schriftſteller jeden Ranges das Poſtweſen verherrlichen, übergehe, will ich auch der Apathie Jener nicht gedenken, die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/15
Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/15>, abgerufen am 21.11.2024.