Sehr interessant sind die Gegensätze der Ansichten, welche bei diesen Verhandlungen zu Tage traten. Schweden legte ein Project folgenden Jnhalts vor: "Postarum magistri oneribus civitatum non eximantur, cursus puplici dispositio cujus- libet loci magistratui committatur, nec hi pro literis statuum mercedem exigant."
Dagegen erwiederten die Kaiserlichen, dies sei wider das kaiserliche Regale disponendi postas et contra inveteratam consuetudinem, und verwarfen das Project.
Auf die fernern Anträge erklärten die Stände katholischer Seits unter'm 12. December: "Cum postarum dispositio a Caesarea Majestate per Dominum Archi-Episcopum Mogun- tinensem, velut Archi-Cancellarium imperii per Germaniam expediri solet, nulla hic cautione opus est." Worauf die Beschwerden auf den nächsten Reichstag verwiesen und im Friedensvertrag 1648 blos festgesetzt wurde: "Immoderata postarum onera penitus tollantur." Diese kurze Abfertigung ist bezeichnend genug für die oberflächliche Behandlung des Reichspostwesens. --
Das meiste Aufsehen machte unstreitig jener Aufsatz, welchen der mißvergnügte Postmeister Birchden über die damalige Post- verfassung in den Zusammenkünften von Münster und Osna- brück übergab. Jn diesem Aufsatze zeigte er, daß die von der gräflichen Familie Taxis eingesetzten Postmeister das Porto doppelt, ja dreifach steigerten; daß sie nicht selten auf Briefen die Worte "franco", "postfrei" entweder ganz ausstrichen oder das Beiwort "halbfranco" beifügten, mithin doppelte Zahlung von den Briefen erhielten. So hätten alle von Leipzig, Cassel, Bremen, Straßburg, Stuttgart und andern Orten kommenden
Sehr intereſſant ſind die Gegenſätze der Anſichten, welche bei dieſen Verhandlungen zu Tage traten. Schweden legte ein Project folgenden Jnhalts vor: „Postarum magistri oneribus civitatum non eximantur, cursus puplici dispositio cujus- libet loci magistratui committatur, nec hi pro literis statuum mercedem exigant.“
Dagegen erwiederten die Kaiſerlichen, dies ſei wider das kaiſerliche Regale disponendi postas et contra inveteratam consuetudinem, und verwarfen das Project.
Auf die fernern Anträge erklärten die Stände katholiſcher Seits unter'm 12. December: „Cum postarum dispositio a Caesarea Majestate per Dominum Archi-Episcopum Mogun- tinensem, velut Archi-Cancellarium imperii per Germaniam expediri solet, nulla hic cautione opus est.“ Worauf die Beſchwerden auf den nächſten Reichstag verwieſen und im Friedensvertrag 1648 blos feſtgeſetzt wurde: „Immoderata postarum onera penitus tollantur.“ Dieſe kurze Abfertigung iſt bezeichnend genug für die oberflächliche Behandlung des Reichspoſtweſens. —
Das meiſte Aufſehen machte unſtreitig jener Aufſatz, welchen der mißvergnügte Poſtmeiſter Birchden über die damalige Poſt- verfaſſung in den Zuſammenkünften von Münſter und Osna- brück übergab. Jn dieſem Aufſatze zeigte er, daß die von der gräflichen Familie Taxis eingeſetzten Poſtmeiſter das Porto doppelt, ja dreifach ſteigerten; daß ſie nicht ſelten auf Briefen die Worte „franco“, „poſtfrei“ entweder ganz ausſtrichen oder das Beiwort „halbfranco“ beifügten, mithin doppelte Zahlung von den Briefen erhielten. So hätten alle von Leipzig, Caſſel, Bremen, Straßburg, Stuttgart und andern Orten kommenden
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Sehr intereſſant ſind die Gegenſätze der Anſichten, welche
bei dieſen Verhandlungen zu Tage traten. Schweden legte ein
Project folgenden Jnhalts vor: „Postarum magistri oneribus
civitatum non eximantur, cursus puplici dispositio cujus-
libet loci magistratui committatur, nec hi pro literis statuum
mercedem exigant.“
Dagegen erwiederten die Kaiſerlichen, dies ſei wider das
kaiſerliche Regale disponendi postas et contra inveteratam
consuetudinem, und verwarfen das Project.
Auf die fernern Anträge erklärten die Stände katholiſcher
Seits unter'm 12. December: „Cum postarum dispositio a
Caesarea Majestate per Dominum Archi-Episcopum Mogun-
tinensem, velut Archi-Cancellarium imperii per Germaniam
expediri solet, nulla hic cautione opus est.“ Worauf die
Beſchwerden auf den nächſten Reichstag verwieſen und im
Friedensvertrag 1648 blos feſtgeſetzt wurde: „Immoderata
postarum onera penitus tollantur.“ Dieſe kurze Abfertigung
iſt bezeichnend genug für die oberflächliche Behandlung des
Reichspoſtweſens. —
Das meiſte Aufſehen machte unſtreitig jener Aufſatz, welchen
der mißvergnügte Poſtmeiſter Birchden über die damalige Poſt-
verfaſſung in den Zuſammenkünften von Münſter und Osna-
brück übergab. Jn dieſem Aufſatze zeigte er, daß die von der
gräflichen Familie Taxis eingeſetzten Poſtmeiſter das Porto
doppelt, ja dreifach ſteigerten; daß ſie nicht ſelten auf Briefen
die Worte „franco“, „poſtfrei“ entweder ganz ausſtrichen oder
das Beiwort „halbfranco“ beifügten, mithin doppelte Zahlung
von den Briefen erhielten. So hätten alle von Leipzig, Caſſel,
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Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/325>, abgerufen am 22.11.2024.
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