sollten neidisch sein, und wen sollten sie denn beneiden? Sind sie nicht vielmehr selbst Gegenstände des Neides für alle, die die wahren Güter des Lebens verscherzt haben, indem sie Schatten nachgelaufen sind? Wohl aber begreifen wir den Neid bei einem schwächlichen Kinde, das, von den Vergnügungen seines Alters ausgeschlossen, beim warmen Sonnenschein das Zimmer, vielleicht das Krankenlager hütet, und dessen Ohr von den muntern Stimmen der in der Ferne Spielen- den getrübt wird. Wohl begreifen wir, wie schon im Kindesalter durch Vernachlässigung des körper- lichen Gedeihens, der Grund zu dieser sich selbst verzehrenden Leidenschaft gelegt werden kann.
Die üble Laune, jener abscheuliche Dämon, der seine Opfer zum Unglückswerkzeuge ihrer Angehörigen macht, kann unmöglich das Gemüth eines gesunden Kindes vergiften. Ein übelgelauntes Kind, das sich mürrisch und unfreundlich gegen die, welche ihm Liebe erweisen, beträgt, ist schon moralisch und physisch krank, und die Hülfe des Arztes, so wie eine bessere physische Erziehung müssen hier die moralische Besse- rung einleiten.
Ermahnungen und Zureden allein können ein Uebel nicht heben, dessen Quellen in körperlicher Verstimmung liegen.
Eine so herrliche Grundlage wie die physische Gesundheit zur moralischen Ausbildung auch liefert
ſollten neidiſch ſein, und wen ſollten ſie denn beneiden? Sind ſie nicht vielmehr ſelbſt Gegenſtaͤnde des Neides fuͤr alle, die die wahren Guͤter des Lebens verſcherzt haben, indem ſie Schatten nachgelaufen ſind? Wohl aber begreifen wir den Neid bei einem ſchwaͤchlichen Kinde, das, von den Vergnuͤgungen ſeines Alters ausgeſchloſſen, beim warmen Sonnenſchein das Zimmer, vielleicht das Krankenlager huͤtet, und deſſen Ohr von den muntern Stimmen der in der Ferne Spielen- den getruͤbt wird. Wohl begreifen wir, wie ſchon im Kindesalter durch Vernachlaͤſſigung des koͤrper- lichen Gedeihens, der Grund zu dieſer ſich ſelbſt verzehrenden Leidenſchaft gelegt werden kann.
Die uͤble Laune, jener abſcheuliche Daͤmon, der ſeine Opfer zum Unglückswerkzeuge ihrer Angehoͤrigen macht, kann unmoͤglich das Gemuͤth eines geſunden Kindes vergiften. Ein uͤbelgelauntes Kind, das ſich muͤrriſch und unfreundlich gegen die, welche ihm Liebe erweiſen, betraͤgt, iſt ſchon moraliſch und phyſiſch krank, und die Huͤlfe des Arztes, ſo wie eine beſſere phyſiſche Erziehung muͤſſen hier die moraliſche Beſſe- rung einleiten.
Ermahnungen und Zureden allein können ein Uebel nicht heben, deſſen Quellen in koͤrperlicher Verſtimmung liegen.
Eine ſo herrliche Grundlage wie die phyſiſche Geſundheit zur moraliſchen Ausbildung auch liefert
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ſollten neidiſch ſein, und wen ſollten ſie denn beneiden?
Sind ſie nicht vielmehr ſelbſt Gegenſtaͤnde des Neides
fuͤr alle, die die wahren Guͤter des Lebens verſcherzt
haben, indem ſie Schatten nachgelaufen ſind? Wohl
aber begreifen wir den Neid bei einem ſchwaͤchlichen
Kinde, das, von den Vergnuͤgungen ſeines Alters
ausgeſchloſſen, beim warmen Sonnenſchein das Zimmer,
vielleicht das Krankenlager huͤtet, und deſſen Ohr
von den muntern Stimmen der in der Ferne Spielen-
den getruͤbt wird. Wohl begreifen wir, wie ſchon
im Kindesalter durch Vernachlaͤſſigung des koͤrper-
lichen Gedeihens, der Grund zu dieſer ſich ſelbſt
verzehrenden Leidenſchaft gelegt werden kann.
Die uͤble Laune, jener abſcheuliche Daͤmon, der
ſeine Opfer zum Unglückswerkzeuge ihrer Angehoͤrigen
macht, kann unmoͤglich das Gemuͤth eines geſunden
Kindes vergiften. Ein uͤbelgelauntes Kind, das ſich
muͤrriſch und unfreundlich gegen die, welche ihm
Liebe erweiſen, betraͤgt, iſt ſchon moraliſch und phyſiſch
krank, und die Huͤlfe des Arztes, ſo wie eine beſſere
phyſiſche Erziehung muͤſſen hier die moraliſche Beſſe-
rung einleiten.
Ermahnungen und Zureden allein können ein
Uebel nicht heben, deſſen Quellen in koͤrperlicher
Verſtimmung liegen.
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Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/113>, abgerufen am 16.02.2025.
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