Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

aspera coelo, tristis cultu adspectuque*) -- welches
oft stärkeren Lungen beschwerlich wird.

Besser also, daß man zur kritischen Periode, um
auch einer jeden Gefahr zu entgehen, den bedrohten
Jüngling in ein Land schickt, wo mildere Lüfte we-
hen und die Bäume ewig grünen.

Die italiänische Küste hat in letzterer Zeit viel
von ihrem alten Ruf verloren, denn nach schwülen
Tagen sollen die Abende empfindlich kalt sein, und,
wenn die Tramontana weht, die schlechtgebauten Woh-
nungen keinen gehörigen Schutz gewähren. Auch
Hyeres genießt eine unverdiente Berühmtheit, und
soll, wie so manches andere, nur in den Beschrei-
bungen der Dichter und der Enthusiasten schön sein.

Glücklicherweise hat die Dampfschifffahrt den
Reisehorizont so erweitert, daß es jetzt viel leichter
ist im Lande der Pyramiden oder in einer Westindi-
schen Jnsel die Wohlthat eines wärmeren Himmels-
striches aufzusuchen, als es vor 50 Jahren in Nizza
oder in dem vom schneidenden Mistral so oft durch-
wehten Montpellier möglich war.

Schon ist das durch seinen ewigen Frühling so
reizende Madeira von einer ganzen Colonie bevölkert,
die sich vor der Gefahr eines rauhen Climas dorthin

*) Tacitus. De Moribus Germanorum.

aspera coelo, tristis cultu adspectuque*) — welches
oft ſtärkeren Lungen beſchwerlich wird.

Beſſer alſo, daß man zur kritiſchen Periode, um
auch einer jeden Gefahr zu entgehen, den bedrohten
Juͤngling in ein Land ſchickt, wo mildere Luͤfte we-
hen und die Baͤume ewig gruͤnen.

Die italiaͤniſche Kuͤſte hat in letzterer Zeit viel
von ihrem alten Ruf verloren, denn nach ſchwülen
Tagen ſollen die Abende empfindlich kalt ſein, und,
wenn die Tramontana weht, die ſchlechtgebauten Woh-
nungen keinen gehoͤrigen Schutz gewähren. Auch
Hyéres genießt eine unverdiente Beruͤhmtheit, und
ſoll, wie ſo manches andere, nur in den Beſchrei-
bungen der Dichter und der Enthuſiaſten ſchoͤn ſein.

Glücklicherweiſe hat die Dampfſchifffahrt den
Reiſehorizont ſo erweitert, daß es jetzt viel leichter
iſt im Lande der Pyramiden oder in einer Weſtindi-
ſchen Jnſel die Wohlthat eines waͤrmeren Himmels-
ſtriches aufzuſuchen, als es vor 50 Jahren in Nizza
oder in dem vom ſchneidenden Miſtral ſo oft durch-
wehten Montpellier moͤglich war.

Schon iſt das durch ſeinen ewigen Fruͤhling ſo
reizende Madeira von einer ganzen Colonie bevoͤlkert,
die ſich vor der Gefahr eines rauhen Climas dorthin

*) Tacitus. De Moribus Germanorum.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><hi rendition="#aq"><pb facs="#f0189" n="179"/>
aspera coelo, tristis cultu adspectuque</hi><note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Tacitus. De Moribus Germanorum.</hi></note> &#x2014; welches<lb/>
oft &#x017F;tärkeren Lungen be&#x017F;chwerlich wird.</p><lb/>
        <p>Be&#x017F;&#x017F;er al&#x017F;o, daß man zur kriti&#x017F;chen Periode, um<lb/>
auch einer jeden Gefahr zu entgehen, den bedrohten<lb/>
Ju&#x0364;ngling in ein Land &#x017F;chickt, wo mildere Lu&#x0364;fte we-<lb/>
hen und die Ba&#x0364;ume ewig gru&#x0364;nen.</p><lb/>
        <p>Die italia&#x0364;ni&#x017F;che Ku&#x0364;&#x017F;te hat in letzterer Zeit viel<lb/>
von ihrem alten Ruf verloren, denn nach &#x017F;chwülen<lb/>
Tagen &#x017F;ollen die Abende empfindlich kalt &#x017F;ein, und,<lb/>
wenn die <hi rendition="#aq">Tramontana</hi> weht, die &#x017F;chlechtgebauten Woh-<lb/>
nungen keinen geho&#x0364;rigen Schutz gewähren. Auch<lb/>
Hy<hi rendition="#aq">é</hi>res genießt eine unverdiente Beru&#x0364;hmtheit, und<lb/>
&#x017F;oll, wie &#x017F;o manches andere, nur in den Be&#x017F;chrei-<lb/>
bungen der Dichter und der Enthu&#x017F;ia&#x017F;ten &#x017F;cho&#x0364;n &#x017F;ein.</p><lb/>
        <p>Glücklicherwei&#x017F;e hat die Dampf&#x017F;chifffahrt den<lb/>
Rei&#x017F;ehorizont &#x017F;o erweitert, daß es jetzt viel leichter<lb/>
i&#x017F;t im Lande der Pyramiden oder in einer We&#x017F;tindi-<lb/>
&#x017F;chen Jn&#x017F;el die Wohlthat eines wa&#x0364;rmeren Himmels-<lb/>
&#x017F;triches aufzu&#x017F;uchen, als es vor 50 Jahren in Nizza<lb/>
oder in dem vom &#x017F;chneidenden Mi&#x017F;tral &#x017F;o oft durch-<lb/>
wehten Montpellier mo&#x0364;glich war.</p><lb/>
        <p>Schon i&#x017F;t das durch &#x017F;einen ewigen Fru&#x0364;hling &#x017F;o<lb/>
reizende Madeira von einer ganzen Colonie bevo&#x0364;lkert,<lb/>
die &#x017F;ich vor der Gefahr eines rauhen Climas dorthin<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0189] aspera coelo, tristis cultu adspectuque *) — welches oft ſtärkeren Lungen beſchwerlich wird. Beſſer alſo, daß man zur kritiſchen Periode, um auch einer jeden Gefahr zu entgehen, den bedrohten Juͤngling in ein Land ſchickt, wo mildere Luͤfte we- hen und die Baͤume ewig gruͤnen. Die italiaͤniſche Kuͤſte hat in letzterer Zeit viel von ihrem alten Ruf verloren, denn nach ſchwülen Tagen ſollen die Abende empfindlich kalt ſein, und, wenn die Tramontana weht, die ſchlechtgebauten Woh- nungen keinen gehoͤrigen Schutz gewähren. Auch Hyéres genießt eine unverdiente Beruͤhmtheit, und ſoll, wie ſo manches andere, nur in den Beſchrei- bungen der Dichter und der Enthuſiaſten ſchoͤn ſein. Glücklicherweiſe hat die Dampfſchifffahrt den Reiſehorizont ſo erweitert, daß es jetzt viel leichter iſt im Lande der Pyramiden oder in einer Weſtindi- ſchen Jnſel die Wohlthat eines waͤrmeren Himmels- ſtriches aufzuſuchen, als es vor 50 Jahren in Nizza oder in dem vom ſchneidenden Miſtral ſo oft durch- wehten Montpellier moͤglich war. Schon iſt das durch ſeinen ewigen Fruͤhling ſo reizende Madeira von einer ganzen Colonie bevoͤlkert, die ſich vor der Gefahr eines rauhen Climas dorthin *) Tacitus. De Moribus Germanorum.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/189
Zitationshilfe: Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/189>, abgerufen am 24.11.2024.