Hasak, Max: Die Predigtkirche im Mittelalter. Berlin, 1893."Die eigenartige Form des Domes in Alby ist nach vielen Richtungen ein Ereigniß der geistigen Entwicklung des Languedoc ..." schreibt Gurlitt S. 319, auf Grund eines Buches von G. Dierks "Die Araber im Mittelalter". "Dazu kam der Einfluß des hohen Culturlebens der Mauren." Für den Architekten sollte es der Ansichten anderer nicht bedürfen, um den Werth oder Unwerth der Bauschöpfungen einzelner Zeiten zu beurtheilen; ihm müßte ohne weitere Eideshelfer klar sein, daß der Einfluß dieser Mauren gar kein hoher oder besonders fördernder gewesen sein kann, denn welche Kunst steht wohl höher, die des damaligen königlichen Frankreichs, die am Rhein und in Sachsen oder die des Languedoc? und zwar zu jeder Zeit, sowohl in romanischer wie gothischer? Für den mittelalterlich Geschulten bedarf diese Frage kaum der Erörterung. Auch eine etwaige Herabdrückung der maurischen Cultur- und Kunststufe durch den christlichen Geist ist nicht anzunehmen, denn was hat das Maurenthum rein und unbeeinflußt im eigenen Lande architektonisch zu Wege gebracht? Eine recht phantastische, aber auch recht unlogische Baukunst; dadurch vielleicht manchem sympathisch, aber der mittelalterlich-christlichen Kunst noch viel weniger gewachsen als die angeblich maurisch beeinflußte Baukunst im Languedoc. An der spanischen romanischen Kunst aber, ebenso wie an der dortigen Früh- und Hoch-Gothik ist ein maurischer Einfluß überhaupt gar nicht festzustellen. Die lichten Innenräume sehen so klar, so bestimmt und logisch aus, daß sie ebensogut in Deutschland stehen könnten. An die Tausendsäulengrundrisse der phantastischen Moscheen erinnern sie in nichts. Ihre Detaillirung ahmt ebenfalls in keinem Striche maurische Kunst nach; so wenig, daß es Wunder nehmen müßte, daß gar keine Beziehungen zu entdecken sind, wenn man nicht wüßte, mit welcher leidenschaftlichen Abneigung sich das christliche Spanien den Mauren, den verhaßten Bedrückern und Ungläubigen verschloß. Die in stolzer Majestät und Pracht in die Lüfte wachsenden Dome und Kirchen zeigen dem Bewanderten reine, unverfälschte Gothik, aber von maurischer Beeinflussung keine Spur. Zur Zeit Karls des Großen versteht man es, wenn die „Die eigenartige Form des Domes in Alby ist nach vielen Richtungen ein Ereigniß der geistigen Entwicklung des Languedoc …“ schreibt Gurlitt S. 319, auf Grund eines Buches von G. Dierks „Die Araber im Mittelalter“. „Dazu kam der Einfluß des hohen Culturlebens der Mauren.“ Für den Architekten sollte es der Ansichten anderer nicht bedürfen, um den Werth oder Unwerth der Bauschöpfungen einzelner Zeiten zu beurtheilen; ihm müßte ohne weitere Eideshelfer klar sein, daß der Einfluß dieser Mauren gar kein hoher oder besonders fördernder gewesen sein kann, denn welche Kunst steht wohl höher, die des damaligen königlichen Frankreichs, die am Rhein und in Sachsen oder die des Languedoc? und zwar zu jeder Zeit, sowohl in romanischer wie gothischer? Für den mittelalterlich Geschulten bedarf diese Frage kaum der Erörterung. Auch eine etwaige Herabdrückung der maurischen Cultur- und Kunststufe durch den christlichen Geist ist nicht anzunehmen, denn was hat das Maurenthum rein und unbeeinflußt im eigenen Lande architektonisch zu Wege gebracht? Eine recht phantastische, aber auch recht unlogische Baukunst; dadurch vielleicht manchem sympathisch, aber der mittelalterlich-christlichen Kunst noch viel weniger gewachsen als die angeblich maurisch beeinflußte Baukunst im Languedoc. An der spanischen romanischen Kunst aber, ebenso wie an der dortigen Früh- und Hoch-Gothik ist ein maurischer Einfluß überhaupt gar nicht festzustellen. Die lichten Innenräume sehen so klar, so bestimmt und logisch aus, daß sie ebensogut in Deutschland stehen könnten. An die Tausendsäulengrundrisse der phantastischen Moscheen erinnern sie in nichts. Ihre Detaillirung ahmt ebenfalls in keinem Striche maurische Kunst nach; so wenig, daß es Wunder nehmen müßte, daß gar keine Beziehungen zu entdecken sind, wenn man nicht wüßte, mit welcher leidenschaftlichen Abneigung sich das christliche Spanien den Mauren, den verhaßten Bedrückern und Ungläubigen verschloß. 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Dierks „Die Araber im Mittelalter“. „Dazu kam der Einfluß des hohen Culturlebens der Mauren.“ Für den Architekten sollte es der Ansichten anderer nicht bedürfen, um den Werth oder Unwerth der Bauschöpfungen einzelner Zeiten zu beurtheilen; ihm müßte ohne weitere Eideshelfer klar sein, daß der Einfluß dieser Mauren gar kein hoher oder besonders fördernder gewesen sein kann, denn welche Kunst steht wohl höher, die des damaligen königlichen Frankreichs, die am Rhein und in Sachsen oder die des Languedoc? und zwar zu jeder Zeit, sowohl in romanischer wie gothischer? Für den mittelalterlich Geschulten bedarf diese Frage kaum der Erörterung. Auch eine etwaige Herabdrückung der maurischen Cultur- und Kunststufe durch den christlichen Geist ist nicht anzunehmen, denn was hat das Maurenthum rein und unbeeinflußt im eigenen Lande architektonisch zu Wege gebracht? Eine recht phantastische, aber auch recht unlogische Baukunst; dadurch vielleicht manchem sympathisch, aber der mittelalterlich-christlichen Kunst noch viel weniger gewachsen als die angeblich maurisch beeinflußte Baukunst im Languedoc. An der spanischen romanischen Kunst aber, ebenso wie an der dortigen Früh- und Hoch-Gothik ist ein maurischer Einfluß überhaupt gar nicht festzustellen. Die lichten Innenräume sehen so klar, so bestimmt und logisch aus, daß sie ebensogut in Deutschland stehen könnten. An die Tausendsäulengrundrisse der phantastischen Moscheen erinnern sie in nichts. Ihre Detaillirung ahmt ebenfalls in keinem Striche maurische Kunst nach; so wenig, daß es Wunder nehmen müßte, daß gar keine Beziehungen zu entdecken sind, wenn man nicht wüßte, mit welcher leidenschaftlichen Abneigung sich das christliche Spanien den Mauren, den verhaßten Bedrückern und Ungläubigen verschloß. Die in stolzer Majestät und Pracht in die Lüfte wachsenden Dome und Kirchen zeigen dem Bewanderten reine, unverfälschte Gothik, aber von maurischer Beeinflussung keine Spur. Zur Zeit Karls des Großen versteht man es, wenn die </p> </div> </body> </text> </TEI> [33/0039]
„Die eigenartige Form des Domes in Alby ist nach vielen Richtungen ein Ereigniß der geistigen Entwicklung des Languedoc …“ schreibt Gurlitt S. 319, auf Grund eines Buches von G. Dierks „Die Araber im Mittelalter“. „Dazu kam der Einfluß des hohen Culturlebens der Mauren.“ Für den Architekten sollte es der Ansichten anderer nicht bedürfen, um den Werth oder Unwerth der Bauschöpfungen einzelner Zeiten zu beurtheilen; ihm müßte ohne weitere Eideshelfer klar sein, daß der Einfluß dieser Mauren gar kein hoher oder besonders fördernder gewesen sein kann, denn welche Kunst steht wohl höher, die des damaligen königlichen Frankreichs, die am Rhein und in Sachsen oder die des Languedoc? und zwar zu jeder Zeit, sowohl in romanischer wie gothischer? Für den mittelalterlich Geschulten bedarf diese Frage kaum der Erörterung. Auch eine etwaige Herabdrückung der maurischen Cultur- und Kunststufe durch den christlichen Geist ist nicht anzunehmen, denn was hat das Maurenthum rein und unbeeinflußt im eigenen Lande architektonisch zu Wege gebracht? Eine recht phantastische, aber auch recht unlogische Baukunst; dadurch vielleicht manchem sympathisch, aber der mittelalterlich-christlichen Kunst noch viel weniger gewachsen als die angeblich maurisch beeinflußte Baukunst im Languedoc. An der spanischen romanischen Kunst aber, ebenso wie an der dortigen Früh- und Hoch-Gothik ist ein maurischer Einfluß überhaupt gar nicht festzustellen. Die lichten Innenräume sehen so klar, so bestimmt und logisch aus, daß sie ebensogut in Deutschland stehen könnten. An die Tausendsäulengrundrisse der phantastischen Moscheen erinnern sie in nichts. Ihre Detaillirung ahmt ebenfalls in keinem Striche maurische Kunst nach; so wenig, daß es Wunder nehmen müßte, daß gar keine Beziehungen zu entdecken sind, wenn man nicht wüßte, mit welcher leidenschaftlichen Abneigung sich das christliche Spanien den Mauren, den verhaßten Bedrückern und Ungläubigen verschloß. Die in stolzer Majestät und Pracht in die Lüfte wachsenden Dome und Kirchen zeigen dem Bewanderten reine, unverfälschte Gothik, aber von maurischer Beeinflussung keine Spur. Zur Zeit Karls des Großen versteht man es, wenn die
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