Hasak, Max: Die Predigtkirche im Mittelalter. Berlin, 1893.Auch zur Erklärung der Größe eines Herrschers wie Karl IV. braucht man nicht verwundert nach irgend einem fremden Einflusse zu suchen; nicht der jüdische und skeptisch-wissenschaftliche Geist hat diesen Mann hervorgebracht: Karl IV. ist die echte und rechte Erscheinung eines christlichen Fürsten, eines hochgebildeten, für alles Gute und Schöne begeisterten Menschen, dem es als das Höchste galt, seinen Völkern das Christenthum zu erhalten, die Kirche zu schützen und zu stärken, den Staat zum Schutze aller Bürger auszubauen, christliche Kunst und Wissenschaft überall hinzutragen und zu pflegen -- kurz, an Karl IV. bemerkt man ebensowenig jüdisch-skeptisch-wissenschaftliche Einflüsse wie an den Bauten des Languedoc oder Böhmens maurisch-jüdisch-albigensische Eigenthümlichkeiten. Karl IV. wird jedermann verständlich und bewunderungswerth, wenn man ihn als Christen studirt, ebenso wie die Gebäude der Kirche des Mittelalters jedem sofort klar und verständlich werden, wenn man sie mit der Kenntniß des Wesens und der Gebräuche der mittelalterlichen Kirche betrachtet und untersucht. Daß das Mittelalter hochgebildet war, so hoch wie irgend eine andere Zeit, das müßte vor allem dem Architekten klar sein. Ihm ist es am ersten möglich, durch den verzerrenden und verdüsternden Schleier der Jahrhunderte hindurch ohne Leidenschaft zu blicken und die wahre Gestalt der Dinge zu erkennen. Die Baukunst ist keine bloße Schulung des Handgelenkes und des Auges, sie ist kein einseitiges Erzeugniß kühner, ungebildeter Phantasie und auch keine ausgeklügelte Theorie unpraktischer Wissenschaft. Das Bauwerk ist auch nicht das Erzeugniß eines einzelnen Menschen. Die Baukunst fordert bei dem Einzelnen als Grundlage die volle geistige Bildung des ganzen Menschen, und zur Ausführung seiner Werke bedarf der Baumeister der Anregung solcher, die das Verständniß solcher Kunstwerke und das Bedürfniß nach ihnen haben, ebenso wie der Hülfe tausender, die in den verschiedenen und verschlungenen Erfordernissen der Kleinkunst, des Gewerbes, der Industrie usw. ihrerseits wieder Meister sein müssen. Zur höchsten Blüthe der Baukunst gehört vor allem höchste Blüthe des gesamten Volkes in der Wissenschaft und den anderen Auch zur Erklärung der Größe eines Herrschers wie Karl IV. braucht man nicht verwundert nach irgend einem fremden Einflusse zu suchen; nicht der jüdische und skeptisch-wissenschaftliche Geist hat diesen Mann hervorgebracht: Karl IV. ist die echte und rechte Erscheinung eines christlichen Fürsten, eines hochgebildeten, für alles Gute und Schöne begeisterten Menschen, dem es als das Höchste galt, seinen Völkern das Christenthum zu erhalten, die Kirche zu schützen und zu stärken, den Staat zum Schutze aller Bürger auszubauen, christliche Kunst und Wissenschaft überall hinzutragen und zu pflegen — kurz, an Karl IV. bemerkt man ebensowenig jüdisch-skeptisch-wissenschaftliche Einflüsse wie an den Bauten des Languedoc oder Böhmens maurisch-jüdisch-albigensische Eigenthümlichkeiten. Karl IV. wird jedermann verständlich und bewunderungswerth, wenn man ihn als Christen studirt, ebenso wie die Gebäude der Kirche des Mittelalters jedem sofort klar und verständlich werden, wenn man sie mit der Kenntniß des Wesens und der Gebräuche der mittelalterlichen Kirche betrachtet und untersucht. Daß das Mittelalter hochgebildet war, so hoch wie irgend eine andere Zeit, das müßte vor allem dem Architekten klar sein. Ihm ist es am ersten möglich, durch den verzerrenden und verdüsternden Schleier der Jahrhunderte hindurch ohne Leidenschaft zu blicken und die wahre Gestalt der Dinge zu erkennen. Die Baukunst ist keine bloße Schulung des Handgelenkes und des Auges, sie ist kein einseitiges Erzeugniß kühner, ungebildeter Phantasie und auch keine ausgeklügelte Theorie unpraktischer Wissenschaft. Das Bauwerk ist auch nicht das Erzeugniß eines einzelnen Menschen. Die Baukunst fordert bei dem Einzelnen als Grundlage die volle geistige Bildung des ganzen Menschen, und zur Ausführung seiner Werke bedarf der Baumeister der Anregung solcher, die das Verständniß solcher Kunstwerke und das Bedürfniß nach ihnen haben, ebenso wie der Hülfe tausender, die in den verschiedenen und verschlungenen Erfordernissen der Kleinkunst, des Gewerbes, der Industrie usw. ihrerseits wieder Meister sein müssen. 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Karl IV. wird jedermann verständlich und bewunderungswerth, wenn man ihn als Christen studirt, ebenso wie die Gebäude der Kirche des Mittelalters jedem sofort klar und verständlich werden, wenn man sie mit der Kenntniß des Wesens und der Gebräuche der mittelalterlichen Kirche betrachtet und untersucht.</p> <p>Daß das Mittelalter hochgebildet war, so hoch wie irgend eine andere Zeit, das müßte vor allem dem Architekten klar sein. Ihm ist es am ersten möglich, durch den verzerrenden und verdüsternden Schleier der Jahrhunderte hindurch ohne Leidenschaft zu blicken und die wahre Gestalt der Dinge zu erkennen. Die Baukunst ist keine bloße Schulung des Handgelenkes und des Auges, sie ist kein einseitiges Erzeugniß kühner, ungebildeter Phantasie und auch keine ausgeklügelte Theorie unpraktischer Wissenschaft. Das Bauwerk ist auch nicht das Erzeugniß eines einzelnen Menschen. Die Baukunst fordert bei dem Einzelnen als Grundlage die volle geistige Bildung des ganzen Menschen, und zur Ausführung seiner Werke bedarf der Baumeister der Anregung solcher, die das Verständniß solcher Kunstwerke und das Bedürfniß nach ihnen haben, ebenso wie der Hülfe tausender, die in den verschiedenen und verschlungenen Erfordernissen der Kleinkunst, des Gewerbes, der Industrie usw. ihrerseits wieder Meister sein müssen. Zur höchsten Blüthe der Baukunst gehört vor allem höchste Blüthe des gesamten Volkes in der Wissenschaft und den anderen </p> </div> </body> </text> </TEI> [35/0041]
Auch zur Erklärung der Größe eines Herrschers wie Karl IV. braucht man nicht verwundert nach irgend einem fremden Einflusse zu suchen; nicht der jüdische und skeptisch-wissenschaftliche Geist hat diesen Mann hervorgebracht: Karl IV. ist die echte und rechte Erscheinung eines christlichen Fürsten, eines hochgebildeten, für alles Gute und Schöne begeisterten Menschen, dem es als das Höchste galt, seinen Völkern das Christenthum zu erhalten, die Kirche zu schützen und zu stärken, den Staat zum Schutze aller Bürger auszubauen, christliche Kunst und Wissenschaft überall hinzutragen und zu pflegen — kurz, an Karl IV. bemerkt man ebensowenig jüdisch-skeptisch-wissenschaftliche Einflüsse wie an den Bauten des Languedoc oder Böhmens maurisch-jüdisch-albigensische Eigenthümlichkeiten. Karl IV. wird jedermann verständlich und bewunderungswerth, wenn man ihn als Christen studirt, ebenso wie die Gebäude der Kirche des Mittelalters jedem sofort klar und verständlich werden, wenn man sie mit der Kenntniß des Wesens und der Gebräuche der mittelalterlichen Kirche betrachtet und untersucht.
Daß das Mittelalter hochgebildet war, so hoch wie irgend eine andere Zeit, das müßte vor allem dem Architekten klar sein. Ihm ist es am ersten möglich, durch den verzerrenden und verdüsternden Schleier der Jahrhunderte hindurch ohne Leidenschaft zu blicken und die wahre Gestalt der Dinge zu erkennen. Die Baukunst ist keine bloße Schulung des Handgelenkes und des Auges, sie ist kein einseitiges Erzeugniß kühner, ungebildeter Phantasie und auch keine ausgeklügelte Theorie unpraktischer Wissenschaft. Das Bauwerk ist auch nicht das Erzeugniß eines einzelnen Menschen. Die Baukunst fordert bei dem Einzelnen als Grundlage die volle geistige Bildung des ganzen Menschen, und zur Ausführung seiner Werke bedarf der Baumeister der Anregung solcher, die das Verständniß solcher Kunstwerke und das Bedürfniß nach ihnen haben, ebenso wie der Hülfe tausender, die in den verschiedenen und verschlungenen Erfordernissen der Kleinkunst, des Gewerbes, der Industrie usw. ihrerseits wieder Meister sein müssen. Zur höchsten Blüthe der Baukunst gehört vor allem höchste Blüthe des gesamten Volkes in der Wissenschaft und den anderen
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