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Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892.

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darauf. Nachdem er schließlich noch in die
Gerätschaften Schaufel, Spaten, Schraubstock etc.
einige Ordnung gebracht hatte, begab er sich
ans Putzen seiner Laterne, die er zugleich mit
frischem Petroleum versorgte.

Als dies geschehen war, meldete die Glocke
mit drei schrillen Schlägen, die sich wiederholten,
daß ein Zug in der Richtung von Breslau her
aus der nächstliegenden Station abgelassen sei.
Ohne die mindeste Hast zu zeigen, blieb Thiel
noch eine gute Weile im Innern der Bude,
trat endlich, Fahne und Patronentasche in der
Hand, langsam ins Freie und bewegte sich trägen
und schlürfenden Ganges über den schmalen
Sandpfad, dem etwa zwanzig Schritt entfernten
Bahnübergang zu. Die Barrieren desselben
schloß und öffnete Thiel vor und nach jedem
Zuge gewissenhaft, obgleich der Weg nur selten
von Jemand passiert wurde.

Er hatte seine Arbeit beendet und lehnte
jetzt wartend an der schwarzweißen Sperrstange.

Die Strecke schnitt rechts und links grad¬
lienig in den unabsehbaren, grünen Forst hin¬
ein; zu ihren beiden Seiten stauten die Nadel¬
massen gleichsam zurück, zwischen sich eine
Gasse frei lassend, die der rötlich braune kies¬

darauf. Nachdem er ſchließlich noch in die
Gerätſchaften Schaufel, Spaten, Schraubſtock ꝛc.
einige Ordnung gebracht hatte, begab er ſich
ans Putzen ſeiner Laterne, die er zugleich mit
friſchem Petroleum verſorgte.

Als dies geſchehen war, meldete die Glocke
mit drei ſchrillen Schlägen, die ſich wiederholten,
daß ein Zug in der Richtung von Breslau her
aus der nächſtliegenden Station abgelaſſen ſei.
Ohne die mindeſte Haſt zu zeigen, blieb Thiel
noch eine gute Weile im Innern der Bude,
trat endlich, Fahne und Patronentaſche in der
Hand, langſam ins Freie und bewegte ſich trägen
und ſchlürfenden Ganges über den ſchmalen
Sandpfad, dem etwa zwanzig Schritt entfernten
Bahnübergang zu. Die Barrieren deſſelben
ſchloß und öffnete Thiel vor und nach jedem
Zuge gewiſſenhaft, obgleich der Weg nur ſelten
von Jemand paſſiert wurde.

Er hatte ſeine Arbeit beendet und lehnte
jetzt wartend an der ſchwarzweißen Sperrſtange.

Die Strecke ſchnitt rechts und links grad¬
lienig in den unabſehbaren, grünen Forſt hin¬
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[25/0037] darauf. Nachdem er ſchließlich noch in die Gerätſchaften Schaufel, Spaten, Schraubſtock ꝛc. einige Ordnung gebracht hatte, begab er ſich ans Putzen ſeiner Laterne, die er zugleich mit friſchem Petroleum verſorgte. Als dies geſchehen war, meldete die Glocke mit drei ſchrillen Schlägen, die ſich wiederholten, daß ein Zug in der Richtung von Breslau her aus der nächſtliegenden Station abgelaſſen ſei. Ohne die mindeſte Haſt zu zeigen, blieb Thiel noch eine gute Weile im Innern der Bude, trat endlich, Fahne und Patronentaſche in der Hand, langſam ins Freie und bewegte ſich trägen und ſchlürfenden Ganges über den ſchmalen Sandpfad, dem etwa zwanzig Schritt entfernten Bahnübergang zu. Die Barrieren deſſelben ſchloß und öffnete Thiel vor und nach jedem Zuge gewiſſenhaft, obgleich der Weg nur ſelten von Jemand paſſiert wurde. Er hatte ſeine Arbeit beendet und lehnte jetzt wartend an der ſchwarzweißen Sperrſtange. Die Strecke ſchnitt rechts und links grad¬ lienig in den unabſehbaren, grünen Forſt hin¬ ein; zu ihren beiden Seiten ſtauten die Nadel¬ maſſen gleichſam zurück, zwiſchen ſich eine Gaſſe frei laſſend, die der rötlich braune kies¬

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Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_bahnwaerter_1892/37>, abgerufen am 27.04.2024.