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Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892.

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wandle, denn er wandte sich und bewegte sich,
wie um es zu verfolgen, nach der anderen
Richtung.

"Du Minna" -- seine Stimme wurde
weinerlich, wie die eines kleinen Kindes. "Du
Minna, hörst Du? -- gieb ihn wieder -- ich
will ..." Er tastete in die Luft, wie um
jemand festzuhalten. "Weibchen -- ja -- und
da will ich sie ... und da will ich sie auch
schlagen -- braun und blau -- auch schlagen
-- und da will ich mit dem Beil -- siehst
Du? -- Küchenbeil -- mit dem Küchenbeil
will ich sie schlagen, und da wird sie verrecken."

"Und da ... ja mit dem Beil -- Küchen¬
beil ja -- schwarzes Blut!" Schaum stand
vor seinem Munde, seine gläsernen Pupillen
bewegten sich unaufhörlich.

Ein sanfter Abendhauch strich leis und nach¬
haltig über den Forst, und rosaflammiges Wolken¬
gelock hing über dem westlichen Himmel.

Etwa hundert Schritt hatte er so das un¬
sichtbare Etwas verfolgt, als er anscheinend
mutlos stehen blieb, und mit entsetzlicher Angst
in den Mienen streckte der Mann seine Arme

wandle, denn er wandte ſich und bewegte ſich,
wie um es zu verfolgen, nach der anderen
Richtung.

„Du Minna“ — ſeine Stimme wurde
weinerlich, wie die eines kleinen Kindes. „Du
Minna, hörſt Du? — gieb ihn wieder — ich
will ...“ Er taſtete in die Luft, wie um
jemand feſtzuhalten. „Weibchen — ja — und
da will ich ſie ... und da will ich ſie auch
ſchlagen — braun und blau — auch ſchlagen
— und da will ich mit dem Beil — ſiehſt
Du? — Küchenbeil — mit dem Küchenbeil
will ich ſie ſchlagen, und da wird ſie verrecken.“

„Und da ... ja mit dem Beil — Küchen¬
beil ja — ſchwarzes Blut!“ Schaum ſtand
vor ſeinem Munde, ſeine gläſernen Pupillen
bewegten ſich unaufhörlich.

Ein ſanfter Abendhauch ſtrich leis und nach¬
haltig über den Forſt, und roſaflammiges Wolken¬
gelock hing über dem weſtlichen Himmel.

Etwa hundert Schritt hatte er ſo das un¬
ſichtbare Etwas verfolgt, als er anſcheinend
mutlos ſtehen blieb, und mit entſetzlicher Angſt
in den Mienen ſtreckte der Mann ſeine Arme

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[53/0065] wandle, denn er wandte ſich und bewegte ſich, wie um es zu verfolgen, nach der anderen Richtung. „Du Minna“ — ſeine Stimme wurde weinerlich, wie die eines kleinen Kindes. „Du Minna, hörſt Du? — gieb ihn wieder — ich will ...“ Er taſtete in die Luft, wie um jemand feſtzuhalten. „Weibchen — ja — und da will ich ſie ... und da will ich ſie auch ſchlagen — braun und blau — auch ſchlagen — und da will ich mit dem Beil — ſiehſt Du? — Küchenbeil — mit dem Küchenbeil will ich ſie ſchlagen, und da wird ſie verrecken.“ „Und da ... ja mit dem Beil — Küchen¬ beil ja — ſchwarzes Blut!“ Schaum ſtand vor ſeinem Munde, ſeine gläſernen Pupillen bewegten ſich unaufhörlich. Ein ſanfter Abendhauch ſtrich leis und nach¬ haltig über den Forſt, und roſaflammiges Wolken¬ gelock hing über dem weſtlichen Himmel. Etwa hundert Schritt hatte er ſo das un¬ ſichtbare Etwas verfolgt, als er anſcheinend mutlos ſtehen blieb, und mit entſetzlicher Angſt in den Mienen ſtreckte der Mann ſeine Arme

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Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_bahnwaerter_1892/65>, abgerufen am 09.05.2024.