Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892.Treppe hinauf, in die obere Wohnung, deren Man rief mehrmals den Namen der Frau "Mord, Mord!" Lene lag in in ihrem Blut, das Gesicht un¬ "Er hat seine Frau ermordet, er hat seine Kopflos lief man umher, die Nachbarn Der Wärter war verschwunden; die Nach¬ Er hielt das braune Pudelmützchen im Arm Treppe hinauf, in die obere Wohnung, deren Man rief mehrmals den Namen der Frau „Mord, Mord!“ Lene lag in in ihrem Blut, das Geſicht un¬ „Er hat ſeine Frau ermordet, er hat ſeine Kopflos lief man umher, die Nachbarn Der Wärter war verſchwunden; die Nach¬ Er hielt das braune Pudelmützchen im Arm <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0074" n="62"/> Treppe hinauf, in die obere Wohnung, deren<lb/> Thür ebenfalls weit geöffnet war.</p><lb/> <p>Man rief mehrmals den Namen der Frau<lb/> ohne eine Antwort zu erhalten, endlich ſtrich<lb/> man ein Schwefelholz an der Wand, und der<lb/> aufzuckende Lichtſchein enthüllte eine grauen¬<lb/> volle Verwüſtung.</p><lb/> <p>„Mord, Mord!“</p><lb/> <p>Lene lag in in ihrem Blut, das Geſicht un¬<lb/> kenntlich mit zerſchlagener Hirnſchale.</p><lb/> <p>„Er hat ſeine Frau ermordet, er hat ſeine<lb/> Frau ermordet!“</p><lb/> <p>Kopflos lief man umher, die Nachbarn<lb/> kamen, einer ſtieß an die Wiege. „Heiliger<lb/> Himmel!“ und er fuhr zurück, bleich mit ent¬<lb/> ſetzensſtarrem Blick. Da lag das Kind mit<lb/> durchſchnittenem Halſe.</p><lb/> <p>Der Wärter war verſchwunden; die Nach¬<lb/> forſchungen, welche man noch in derſelben Nacht<lb/> anſtellte, blieben erfolglos. Den Morgen darauf<lb/> fand ihn der dienſtthuende Wärter zwiſchen den<lb/> Bahngeleiſen und an der Stelle ſitzend, wo<lb/> Tobiäschen überfahren worden war.</p><lb/> <p>Er hielt das braune Pudelmützchen im Arm<lb/> und liebkoſte es ununterbrochen wie etwas, das<lb/> Leben hat.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [62/0074]
Treppe hinauf, in die obere Wohnung, deren
Thür ebenfalls weit geöffnet war.
Man rief mehrmals den Namen der Frau
ohne eine Antwort zu erhalten, endlich ſtrich
man ein Schwefelholz an der Wand, und der
aufzuckende Lichtſchein enthüllte eine grauen¬
volle Verwüſtung.
„Mord, Mord!“
Lene lag in in ihrem Blut, das Geſicht un¬
kenntlich mit zerſchlagener Hirnſchale.
„Er hat ſeine Frau ermordet, er hat ſeine
Frau ermordet!“
Kopflos lief man umher, die Nachbarn
kamen, einer ſtieß an die Wiege. „Heiliger
Himmel!“ und er fuhr zurück, bleich mit ent¬
ſetzensſtarrem Blick. Da lag das Kind mit
durchſchnittenem Halſe.
Der Wärter war verſchwunden; die Nach¬
forſchungen, welche man noch in derſelben Nacht
anſtellte, blieben erfolglos. Den Morgen darauf
fand ihn der dienſtthuende Wärter zwiſchen den
Bahngeleiſen und an der Stelle ſitzend, wo
Tobiäschen überfahren worden war.
Er hielt das braune Pudelmützchen im Arm
und liebkoſte es ununterbrochen wie etwas, das
Leben hat.
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