Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892.Als er zu sich kam, zitterte er. Fast gelähmt Nun, unter dem festen Gleichmaß seiner Als er zu ſich kam, zitterte er. Faſt gelähmt Nun, unter dem feſten Gleichmaß ſeiner <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0092" n="78"/> <p>Als er zu ſich kam, zitterte er. Faſt gelähmt<lb/> vor Entſetzen, hielt er den Stamm einer jungen<lb/> Linde umklammert. Nur mit Vorſicht und ſtets<lb/> in Angſt vor der Wiederkehr des Unbekannten,<lb/> Fürchterlichen ging er dann weiter. Aber er<lb/> wurde doch wieder frei und ſicher, ſo daß er<lb/> am Ende über ſeine Angſt lächeln konnte.</p><lb/> <p>Nun, unter dem feſten Gleichmaß ſeiner<lb/> Schritte, angeſichts der erſten Häuſer, kam die<lb/> Erinnerung ſeiner Soldatenzeit. Wie oft, das<lb/> Herz mit dem tauben Hochgefühl befriedigter<lb/> Eitelkeit zum Berſten gefüllt, hatte er als Lieu¬<lb/> tenant, an der Seite der Truppe, unter klingendem<lb/> Spiele Einzug gehalten. Er dachte es kaum,<lb/> und ſchon hatte in ſeinem Kopfe die markige,<lb/> feurige Marſchmuſik eingeſetzt, durch die er ſo<lb/> oft fanatiſiert worden war. Sie klang in ſeinem<lb/> Ohr und bewirkte, daß er die Füße in Takt<lb/> ſetzte und Kopf und Bruſt ungewöhnlich ſtolz<lb/> trug. Sie legte das ſieghafte Lächeln um ſeine<lb/> Lippen und den lebendigen Glanz in ſeine Augen.<lb/> So marſchierend lauſchte er zugleich in ſich<lb/> hinein, verwundert, daß er ſo jeden Ton, jeden<lb/> Accord, jedes Inſtrument ſcharf unterſchied, bis<lb/> auf das Nachſchüttern des Zuſammenſchlags von<lb/> Pauke und Becken. Er wußte nicht, ſollte ihn<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [78/0092]
Als er zu ſich kam, zitterte er. Faſt gelähmt
vor Entſetzen, hielt er den Stamm einer jungen
Linde umklammert. Nur mit Vorſicht und ſtets
in Angſt vor der Wiederkehr des Unbekannten,
Fürchterlichen ging er dann weiter. Aber er
wurde doch wieder frei und ſicher, ſo daß er
am Ende über ſeine Angſt lächeln konnte.
Nun, unter dem feſten Gleichmaß ſeiner
Schritte, angeſichts der erſten Häuſer, kam die
Erinnerung ſeiner Soldatenzeit. Wie oft, das
Herz mit dem tauben Hochgefühl befriedigter
Eitelkeit zum Berſten gefüllt, hatte er als Lieu¬
tenant, an der Seite der Truppe, unter klingendem
Spiele Einzug gehalten. Er dachte es kaum,
und ſchon hatte in ſeinem Kopfe die markige,
feurige Marſchmuſik eingeſetzt, durch die er ſo
oft fanatiſiert worden war. Sie klang in ſeinem
Ohr und bewirkte, daß er die Füße in Takt
ſetzte und Kopf und Bruſt ungewöhnlich ſtolz
trug. Sie legte das ſieghafte Lächeln um ſeine
Lippen und den lebendigen Glanz in ſeine Augen.
So marſchierend lauſchte er zugleich in ſich
hinein, verwundert, daß er ſo jeden Ton, jeden
Accord, jedes Inſtrument ſcharf unterſchied, bis
auf das Nachſchüttern des Zuſammenſchlags von
Pauke und Becken. Er wußte nicht, ſollte ihn
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