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Hauptmann, Gerhart: Vor Sonnenaufgang. Berlin, 1889.

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Hoffmann (durch die Thüre rechts eintretend, er hat eine Anzahl
Briefe in der Hand).
So! da bin ich wieder. -- Eduard!
daß die Briefe noch vor 8 auf der Post sind (er händigt
dem Diener die Briefe ein, der Diener ab).

So, Kinder! jetzt können wir speisen. -- Unerlaubte
Hitze hier! September und solche Hitze!

(er hebt den Cham-
pagner aus dem Eiskübel.)
Veuve Cliquot: Eduard kennt meine
stille Liebe;
(zu Loth gewendet:)
habt ja furchtbar eifrig
disputirt.
(Tritt an den fertig gedeckten, mit Delicatessen überladenen
Abendtisch, reibt sich die Hände.)
Na! das sieht ja recht gut aus!
(mit einem verschmitzten Blick zu Loth hinüber:)
meinst Du nicht auch?
-- Uebrigens, Schwägerin! wir bekommen Besuch: Kahl-
Wilhelm. Er war auf den Hof.

Helene (macht eine ungezogene Geberde).
Hoffmann. Aber Beste! Du thust fast, als ob
ich ihn...was kann denn ich dafür? hab' ich ihn
etwa gerufen? (Man hört schwere Schritte draußen im Hausflur.)
Ach! das Unheil schreitet schnelle.

(Kahl tritt ein ohne vorher angeklopft zu haben. Er ist ein vierundzwanzig-
jähriger, plumper Bauernbursch, dem man es ansieht, daß er, so weit möglich,
gern den feinen, noch mehr aber den reichen Mann herausstecken möchte. Seine
Gesichtszüge sind grob, der Gesichtsausdruck vorwiegend dumm-pfiffig Er ist
bekleidet mit einem grünen Jaquet, bunter Sammtweste, dunklen Beinkleidern
und Glanzlack-Schaftstiefeln. Als Kopfbedeckung dient ihm ein grüner Jägerhut
mit Spielhahnfeder. Das Jaquet hat Hirschhornknöpfe, an der Uhrkette Hirsch-
zähne etc., stottert.)
Kahl. Gun'n Abend mi'nander! (Er erblickt Loth, wird
sehr verlegen und macht stillstehend eine ziemlich klägliche Figur.)
Hoffmann (tritt zu ihm und reicht ihm die Hand aufmunternd).
Guten Abend, Herr Kahl!
Helene (unfreundlich). Guten Abend.
Kahl (geht mit schweren Schritten quer durch das ganze Zimmer auf
Helene zu und giebt ihr die Hand).
'n Abend och, Lene.
Hoffmann (zu Loth). Ich stelle Dir hiermit Herrn
Kahl vor, unseren Nachbarssohn.
Kahl (grinst und dreht den Hut. Verlegenheitsstille).
Hoffmann. Zu Tisch Kinder! fehlt noch Jemand?
Ach, die Schwiegermama. Miele! bitten Sie Frau
Krause zu Tisch.

(Miele ab durch die Mittelthür.)
Hoffmann (durch die Thüre rechts eintretend, er hat eine Anzahl
Briefe in der Hand).
So! da bin ich wieder. — Eduard!
daß die Briefe noch vor 8 auf der Poſt ſind (er händigt
dem Diener die Briefe ein, der Diener ab).

So, Kinder! jetzt können wir ſpeiſen. — Unerlaubte
Hitze hier! September und ſolche Hitze!

(er hebt den Cham-
pagner aus dem Eiskübel.)
Veuve Cliquot: Eduard kennt meine
ſtille Liebe;
(zu Loth gewendet:)
habt ja furchtbar eifrig
disputirt.
(Tritt an den fertig gedeckten, mit Delicateſſen überladenen
Abendtiſch, reibt ſich die Hände.)
Na! das ſieht ja recht gut aus!
(mit einem verſchmitzten Blick zu Loth hinüber:)
meinſt Du nicht auch?
— Uebrigens, Schwägerin! wir bekommen Beſuch: Kahl-
Wilhelm. Er war auf den Hof.

Helene (macht eine ungezogene Geberde).
Hoffmann. Aber Beſte! Du thuſt faſt, als ob
ich ihn...was kann denn ich dafür? hab' ich ihn
etwa gerufen? (Man hört ſchwere Schritte draußen im Hausflur.)
Ach! das Unheil ſchreitet ſchnelle.

(Kahl tritt ein ohne vorher angeklopft zu haben. Er iſt ein vierundzwanzig-
jähriger, plumper Bauernburſch, dem man es anſieht, daß er, ſo weit möglich,
gern den feinen, noch mehr aber den reichen Mann herausſtecken möchte. Seine
Geſichtszüge ſind grob, der Geſichtsausdruck vorwiegend dumm-pfiffig Er iſt
bekleidet mit einem grünen Jaquet, bunter Sammtweſte, dunklen Beinkleidern
und Glanzlack-Schaftſtiefeln. Als Kopfbedeckung dient ihm ein grüner Jägerhut
mit Spielhahnfeder. Das Jaquet hat Hirſchhornknöpfe, an der Uhrkette Hirſch-
zähne etc., ſtottert.)
Kahl. Gun'n Abend mi'nander! (Er erblickt Loth, wird
ſehr verlegen und macht ſtillſtehend eine ziemlich klägliche Figur.)
Hoffmann (tritt zu ihm und reicht ihm die Hand aufmunternd).
Guten Abend, Herr Kahl!
Helene (unfreundlich). Guten Abend.
Kahl (geht mit ſchweren Schritten quer durch das ganze Zimmer auf
Helene zu und giebt ihr die Hand).
'n Abend och, Lene.
Hoffmann (zu Loth). Ich ſtelle Dir hiermit Herrn
Kahl vor, unſeren Nachbarsſohn.
Kahl (grinſt und dreht den Hut. Verlegenheitsſtille).
Hoffmann. Zu Tiſch Kinder! fehlt noch Jemand?
Ach, die Schwiegermama. Miele! bitten Sie Frau
Krauſe zu Tiſch.

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[24/0030] Hoffmann (durch die Thüre rechts eintretend, er hat eine Anzahl Briefe in der Hand). So! da bin ich wieder. — Eduard! daß die Briefe noch vor 8 auf der Poſt ſind (er händigt dem Diener die Briefe ein, der Diener ab). So, Kinder! jetzt können wir ſpeiſen. — Unerlaubte Hitze hier! September und ſolche Hitze! (er hebt den Cham- pagner aus dem Eiskübel.) Veuve Cliquot: Eduard kennt meine ſtille Liebe; (zu Loth gewendet:) habt ja furchtbar eifrig disputirt. (Tritt an den fertig gedeckten, mit Delicateſſen überladenen Abendtiſch, reibt ſich die Hände.) Na! das ſieht ja recht gut aus! (mit einem verſchmitzten Blick zu Loth hinüber:) meinſt Du nicht auch? — Uebrigens, Schwägerin! wir bekommen Beſuch: Kahl- Wilhelm. Er war auf den Hof. Helene (macht eine ungezogene Geberde). Hoffmann. Aber Beſte! Du thuſt faſt, als ob ich ihn...was kann denn ich dafür? hab' ich ihn etwa gerufen? (Man hört ſchwere Schritte draußen im Hausflur.) Ach! das Unheil ſchreitet ſchnelle. (Kahl tritt ein ohne vorher angeklopft zu haben. Er iſt ein vierundzwanzig- jähriger, plumper Bauernburſch, dem man es anſieht, daß er, ſo weit möglich, gern den feinen, noch mehr aber den reichen Mann herausſtecken möchte. Seine Geſichtszüge ſind grob, der Geſichtsausdruck vorwiegend dumm-pfiffig Er iſt bekleidet mit einem grünen Jaquet, bunter Sammtweſte, dunklen Beinkleidern und Glanzlack-Schaftſtiefeln. Als Kopfbedeckung dient ihm ein grüner Jägerhut mit Spielhahnfeder. Das Jaquet hat Hirſchhornknöpfe, an der Uhrkette Hirſch- zähne etc., ſtottert.) Kahl. Gun'n Abend mi'nander! (Er erblickt Loth, wird ſehr verlegen und macht ſtillſtehend eine ziemlich klägliche Figur.) Hoffmann (tritt zu ihm und reicht ihm die Hand aufmunternd). Guten Abend, Herr Kahl! Helene (unfreundlich). Guten Abend. Kahl (geht mit ſchweren Schritten quer durch das ganze Zimmer auf Helene zu und giebt ihr die Hand). 'n Abend och, Lene. Hoffmann (zu Loth). Ich ſtelle Dir hiermit Herrn Kahl vor, unſeren Nachbarsſohn. Kahl (grinſt und dreht den Hut. Verlegenheitsſtille). Hoffmann. Zu Tiſch Kinder! fehlt noch Jemand? Ach, die Schwiegermama. Miele! bitten Sie Frau Krauſe zu Tiſch. (Miele ab durch die Mittelthür.)

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Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Vor Sonnenaufgang. Berlin, 1889, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_sonnenaufgang_1889/30>, abgerufen am 21.11.2024.